Jangtse-Kreuzfahrt, Drei-Schluchten-Staudamm
85. Tag – 25.03.2006
Noch in der Nacht war das Schiff aufgebrochen. Wir nutzten nach dem Aufstehen erstmal die Chance, uns von unserem Riverguide Dennis in die Grundlagen des Tai Chi einweisen zu lassen. Tai Chi, auch Schattenboxen genannt, ist eine jahrhundertealte chinesische Kampfkunst und ist in seiner einfachen Form quasi Volkssport in China. Die Übungen sehen zwar leicht aus, man braucht aber jahrelange Übung, um sie perfekt auszuführen, wie wir auch bald feststellten.
So gegen 9 Uhr stoppte das Schiff für einen Landausflug nach Fengdu, der Stadt der Geister. Dieser Ausflug gehört wohl zum Standardprogramm einer jeden Jangtse-Kreuzfahrt, denn neben unserem hatten noch sechs weitere Schiffe angelegt! Wie die Lemminge verließen Hunderte Passagiere die Schiffe und gingen zu den bereits wartenden Bussen. Auf der kurzen Fahrt zum Eingang der Stadt der Geister erzählte uns die Reiseleiterin einiges über die mehr als 2.000 Jahre alte Geschichte und die Bedeutung von Fengdu, das für viele Chinesen als Sitz des Königs der Unterwelt gilt.
Auf dem Weg zum Tempel des Höllenkönigs muss man drei Prüfungen ablegen, um für das nächste Leben gut vorbereitet zu sein. Als erstes geht es über eine Brücke, die über einen imaginären Blutfluss voller Geister führt. Schafft man es die Brücke in drei Schritten zu überqueren, hat man bestanden. Außerdem steht schon die erste Entscheidung an: geht man über die linke Brücke wählt man Glück und Zufriedenheit, geht man über die rechte Brücke wählt man Reichtum. Liebespaare, die gemeinsam den Fluss überqueren werden auch im nächsten Leben vereint sein – ist das nicht romantisch? Wir sind natürlich gemeinsam über die linke Brücke gegangen. Die zweite Prüfung ist das Höllentor: geht eine Frau mit dem linken Fuß über die Schwelle, wird sie im nächsten Leben als Mann wiedergeboren; bei Männern läuft es genau umgekehrt. Man sollte sich also konzentrieren. Auf dem Weg zur dritten Prüfung, taten wir noch was für ein längeres Leben: es gab eine Treppe, die man ohne Luft zu holen hoch rennen sollte, um damit sein Leben zu verlängern. Die dritte Prüfung ist eine Balanceübung vor dem Palast des Höllenkönigs. Einbeinig muss man drei Atemzüge auf einem wackeligen Stein durchhalten; wer eher runterfällt hat etwas Böses zu verbergen. Und dann hat man den Höllenkönig, eine 6 m hohe und grimmig guckende Bronzestatue, erreicht. Er hütet das Buch, in dem Geburts- und Todestag eines jeden Menschen vermerkt sind. Im Nebenraum kann man die Königin der Unterwelt besuchen. Die guckt nicht ganz so grimmig und die Chinesen glauben, dass sie einem zu mehr äußerer Schönheit verhelfen kann: wenn Frauen sie vier Mal anschauen, werden sie schöner. Na ja, bei den meisten funktioniert das wohl auch erst im nächsten Leben.
Trotz des Regens und der vielen Menschen war es interessant die Tempelanlagen mit den teilweise sehr blutrünstigen Darstellungen zu besichtigen. Die jahrhundertealte Stadt der Geister wird nach Vollendung des Drei-Schluchten-Staudamms als Insel erhalten bleiben; die unterhalb liegende gleichnamige 50.000-Einwohner-Stadt wird jedoch vollständig unter Wasser liegen.
Am Nachmittag regnete es immer noch und war sehr nebelig, daher konnte man nicht viel von der Landschaft sehen an der wir vorbeifuhren. Also die idealen Voraussetzungen für ein schönes Mittagsschläfchen. Gut ausgeruht besuchten wir wieder einen Kurs von unserem Riverguide Dennis, diesmal über die chinesischen Schriftzeichen. Es ist faszinierend, wie durch minimale Änderungen eines Zeichens, z. B. ein Häkchen, sich die Bedeutung verändert. Abends gab es dann das Kapitäns-Begrüßungs-Dinner: der Chef empfing jeden Gast per Handschlag und ließ sich (bereitwillig) fotografieren. Wir haben übrigens soviel gegessen, dass Herr Han schon Angst hatte, das Essen würde nicht reichen. Was bei uns ein Kompliment für den Koch wäre (alles aufgegessen, weil es so gut geschmeckt hat), wäre in China ein ’Gesichtsverlust’ (Gastgeber ist so knauserig; nicht genug zu essen, um satt zu werden). Das ‚Gesicht zu verlieren’ ist übrigens das Schlimmste, was einem Chinesen passieren kann. Nach dem Essen gab es einen ‚Kulturabend’ bzw. das was üblicherweise auf Kreuzfahrtschiffen darunter verstanden wird: eine Kombination von verschiedenen Showelementen, hauptsächlich traditionellen Tänzen in schönen Kostümen, von der Crew dargeboten.
86. Tag – 26.03.2006
Bei herrlichem Sonnenschein ging es mit einem kleineren Boot entlang des Shennong-Flusses, einem Seitenfluss des Jangtse. An diesem Fluss lebt die Minderheit der Tujia. Die Schluchten wurden immer enger. Einige der kleinen Höhlen hoch über dem Wasserspiegel wurden früher als Begräbnisstätten benutzt und in einer konnten wir sogar einen der hängenden Särge erkennen. Schließlich stiegen wir in ein so genanntes ‚Pea Pod Boat’ (auf Deutsch: Erbsenschoten-Boot) um. Die Besatzung bestand aus sechs Männern, zwei Kapitänen und vier Ruderern. Bis vor 15 Jahren waren diese traditionell gekleidet, d. h. nackt. Aus Rücksicht auf die Touristen aus aller Welt haben sie diese Tradition jedoch aussterben lassen. Der Seitenarm des Flusses wurde immer schmaler und der Wasserstand wurde immer niedriger. An manchen Stellen war das Wasser dann zum Rudern zu flach, so dass das Boot von den Männern gezogen werden musste.
Nach unserer Rückkehr brach das Schiff zur letzten und längsten Schlucht, der Xiling-Schlucht auf. Die Xiling-Schlucht ist ca. 80 km lang und besteht eigentlich aus mehreren kleinen Schluchten. Etwa in der Mitte entsteht der Drei-Schluchten-Damm, den unser Schiff heute Nacht passieren sollte. Am Abend gab es das Kapitäns-Abschieds-Dinner. Auf der anschließenden Party war die Musikauswahl sehr breit gestreut, es gab sogar Deutschsprachiges: Heintje und Rammstein! Die Mischung macht’s.
Gegen etwa 21 h begann die Durchfahrt durch die Schleuse des Dammes – für alle Technikbegeisterten das Highlight der Reise. Derzeit besteht die Schleuse aus vier Schleusenkammern. Wenn der Damm fertig ist, werden die Schiffe den Höhenunterschied von 113 m mit Hilfe von fünf Schleusenkammern überwinden. Unser Schiff fuhr zuerst in die Schleusenkammer ein. Zuerst glaubte wohl keiner, dass unser Schiff da überhaupt reinpasst. Aber am Ende war sogar noch ein Schiff neben und zwei hinter uns. Soviel zum Augenmass. Dann wurde das Wasser aus der Schleuse gelassen und die Schiffe sanken gemächlich nach unten. Wir beobachteten das Ganze fasziniert. Nach der ersten Schleuse hatten wir aber genug und gingen schlafen.
87. Tag – 27.03.2006
Heute hieß es bereits früh aufstehen. Das Schiff legte an und um 8 h ging die Fahrt mit dem Bus zum Drei-Schluchten-Staudamm. Leider konnte Christina aus unserer Gruppe nicht mitkommen, sie hatte sich den Magen verdorben (bisher sind wir zum Glück verschont geblieben – toi, toi, toi). Den Staudamm kann man nur mit Genehmigung besuchen, überall standen militärische Wachtposten. Zuerst hielten wir an einem Aussichtspunkt unterhalb der Staumauer. Der Bau befindet sich in der letzten Phase, soll aber nicht wie geplant 2009 sondern erst 2012 endgültig fertig werden, da es Probleme mit dem Schiffshebewerk gibt. Nach Fertigstellung wird es zwei Wasserkraftwerke mit insgesamt 26 Turbinen geben, deren Leistung der von 16 Atomkraftwerken entsprechen soll. Die erzeugte Energie wird nach den Planungen 10% des chinesischen Energiebedarfes decken und trotz des enormen Stromverlustes beim Transport Regionen bis 1.000 km Entfernung mit Strom versorgen.
Seit Beginn dieses Prestigeprojektes werden kontroverse Diskussionen geführt. Die Kosten für dieses gigantische Bauwerk sind enorm: etwa 25 Milliarden US-Dollar. Etwa 1,3 Millionen Menschen werden umgesiedelt, verlieren ihre Heimat und teilweise ihre Lebensgrundlage. Die Umweltfolgen sind nicht absehbar. Auf der anderen Seite stehen die Ziele, die durch den Bau erreicht werden sollen: Stromversorgung, Schutz vor Hochwasser, die Verbesserung der Schifffahrt und die Wasserversorgung von Nordchina.
Auf einer weiteren Aussichtsplattform konnten wir die Staumauer von oben sehen. Einfach gigantisch. An einem Modell wurde noch mal alles erklärt. Nach unserer Rückkehr auf die ‚President No. 6’ schifften wir aus. Da wir den Flieger nach Shanghai erreichen mussten und die Schiffsfahrt bis Yichang einfach zu lange dauert ging es mit dem Bus weiter. Die Strecke war auch so sehr schön – unterhalb der Straße konnten wir den Jangtse majestätisch dahinfließen sehen mit all den Kreuzfahrtschiffen. Gerade als wir Yichang erreicht hatten, gab unser Bus den Geist auf. Gott sei Dank nicht mitten auf der Strecke! Herr Han wurde schon etwas nervös, ob wir unseren Flug erreichen würden. Aber nach etwa 1 h ging es mit einem Ersatzbus weiter und wir hatten noch genug Zeit für das Mittagessen. Das Restaurant lag in der Nähe der Gezhouba-Talsperre, die ein Geschenk des Volkes zu Mao’s 80. Geburtstag war. Mit dem Flugzeug ging es schließlich nach Shanghai und dann ca. 2 h mit dem Bus weiter nach Suzhou. Was uns auffiel: alle Taxis scheinen von Volkswagen zu sein, nicht weiter verwunderlich, da es hier ein VW-Werk gibt. Nach dem tollen Abendessen unternahmen wir noch einen Abendspaziergang durch die Stadt – und Lothar bekam in einem Friseurladen einen Kurzhaarschnitt inklusive einer Kopf- und Oberkörpermassage (!) verpasst. Da wir kein Chinesisch und die Chinesen kein Englisch oder Deutsch sprachen, hatten alle viel Spaß.
Noch mehr Bilder gibt´s in unserem Webalbum.
Noch in der Nacht war das Schiff aufgebrochen. Wir nutzten nach dem Aufstehen erstmal die Chance, uns von unserem Riverguide Dennis in die Grundlagen des Tai Chi einweisen zu lassen. Tai Chi, auch Schattenboxen genannt, ist eine jahrhundertealte chinesische Kampfkunst und ist in seiner einfachen Form quasi Volkssport in China. Die Übungen sehen zwar leicht aus, man braucht aber jahrelange Übung, um sie perfekt auszuführen, wie wir auch bald feststellten.
So gegen 9 Uhr stoppte das Schiff für einen Landausflug nach Fengdu, der Stadt der Geister. Dieser Ausflug gehört wohl zum Standardprogramm einer jeden Jangtse-Kreuzfahrt, denn neben unserem hatten noch sechs weitere Schiffe angelegt! Wie die Lemminge verließen Hunderte Passagiere die Schiffe und gingen zu den bereits wartenden Bussen. Auf der kurzen Fahrt zum Eingang der Stadt der Geister erzählte uns die Reiseleiterin einiges über die mehr als 2.000 Jahre alte Geschichte und die Bedeutung von Fengdu, das für viele Chinesen als Sitz des Königs der Unterwelt gilt.
Auf dem Weg zum Tempel des Höllenkönigs muss man drei Prüfungen ablegen, um für das nächste Leben gut vorbereitet zu sein. Als erstes geht es über eine Brücke, die über einen imaginären Blutfluss voller Geister führt. Schafft man es die Brücke in drei Schritten zu überqueren, hat man bestanden. Außerdem steht schon die erste Entscheidung an: geht man über die linke Brücke wählt man Glück und Zufriedenheit, geht man über die rechte Brücke wählt man Reichtum. Liebespaare, die gemeinsam den Fluss überqueren werden auch im nächsten Leben vereint sein – ist das nicht romantisch? Wir sind natürlich gemeinsam über die linke Brücke gegangen. Die zweite Prüfung ist das Höllentor: geht eine Frau mit dem linken Fuß über die Schwelle, wird sie im nächsten Leben als Mann wiedergeboren; bei Männern läuft es genau umgekehrt. Man sollte sich also konzentrieren. Auf dem Weg zur dritten Prüfung, taten wir noch was für ein längeres Leben: es gab eine Treppe, die man ohne Luft zu holen hoch rennen sollte, um damit sein Leben zu verlängern. Die dritte Prüfung ist eine Balanceübung vor dem Palast des Höllenkönigs. Einbeinig muss man drei Atemzüge auf einem wackeligen Stein durchhalten; wer eher runterfällt hat etwas Böses zu verbergen. Und dann hat man den Höllenkönig, eine 6 m hohe und grimmig guckende Bronzestatue, erreicht. Er hütet das Buch, in dem Geburts- und Todestag eines jeden Menschen vermerkt sind. Im Nebenraum kann man die Königin der Unterwelt besuchen. Die guckt nicht ganz so grimmig und die Chinesen glauben, dass sie einem zu mehr äußerer Schönheit verhelfen kann: wenn Frauen sie vier Mal anschauen, werden sie schöner. Na ja, bei den meisten funktioniert das wohl auch erst im nächsten Leben.
Trotz des Regens und der vielen Menschen war es interessant die Tempelanlagen mit den teilweise sehr blutrünstigen Darstellungen zu besichtigen. Die jahrhundertealte Stadt der Geister wird nach Vollendung des Drei-Schluchten-Staudamms als Insel erhalten bleiben; die unterhalb liegende gleichnamige 50.000-Einwohner-Stadt wird jedoch vollständig unter Wasser liegen.
Am Nachmittag regnete es immer noch und war sehr nebelig, daher konnte man nicht viel von der Landschaft sehen an der wir vorbeifuhren. Also die idealen Voraussetzungen für ein schönes Mittagsschläfchen. Gut ausgeruht besuchten wir wieder einen Kurs von unserem Riverguide Dennis, diesmal über die chinesischen Schriftzeichen. Es ist faszinierend, wie durch minimale Änderungen eines Zeichens, z. B. ein Häkchen, sich die Bedeutung verändert. Abends gab es dann das Kapitäns-Begrüßungs-Dinner: der Chef empfing jeden Gast per Handschlag und ließ sich (bereitwillig) fotografieren. Wir haben übrigens soviel gegessen, dass Herr Han schon Angst hatte, das Essen würde nicht reichen. Was bei uns ein Kompliment für den Koch wäre (alles aufgegessen, weil es so gut geschmeckt hat), wäre in China ein ’Gesichtsverlust’ (Gastgeber ist so knauserig; nicht genug zu essen, um satt zu werden). Das ‚Gesicht zu verlieren’ ist übrigens das Schlimmste, was einem Chinesen passieren kann. Nach dem Essen gab es einen ‚Kulturabend’ bzw. das was üblicherweise auf Kreuzfahrtschiffen darunter verstanden wird: eine Kombination von verschiedenen Showelementen, hauptsächlich traditionellen Tänzen in schönen Kostümen, von der Crew dargeboten.
86. Tag – 26.03.2006
Heute sollte das Schiff die berühmten drei Schluchten des Jangtse durchfahren. Das Wetter hatte sich gebessert. Vielleicht lag es an dem Schlangenschnaps, den wir gestern Abend getrunken hatten – das behauptete zumindest Herr Han. Immer wieder konnten wir am Ufer riesige Schilder mit der 175-Meter-Marke sehen, bis zu der das Wasser in der Endstufe gestaut werden soll. Die meisten der Häuser unterhalb der Marke waren bereits verlassen. Der Jangtse ist mit seinen 6.380 km der längste Fluss Asiens und hat eine grosse kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung für das Land.
Gegen 10:15h durchfuhren wir die Qutang-Schlucht, die erste der drei berühmten Schluchten des Jangtse. Die Qutang-Schlucht ist die kleinste (nur etwa 8 km lang), aber wohl die beeindruckendste. Die Durchfahrt dauerte ca. 20 Minuten und führte vorbei an bis zu 1.200 m hohen, steil aufragenden Felswänden und bizarren Felsformationen. Nach weiteren 40 Minuten kamen wir zur Wuxia-Schlucht (Hexenschlucht). Wieder schienen hohe, diesmal nicht ganz so steile Berge den Weg zu versperren. Nach der Durchfahrt ankerte das Schiff, da am Nachmittag ein weiterer Ausflug auf dem Programm stand. Bei herrlichem Sonnenschein ging es mit einem kleineren Boot entlang des Shennong-Flusses, einem Seitenfluss des Jangtse. An diesem Fluss lebt die Minderheit der Tujia. Die Schluchten wurden immer enger. Einige der kleinen Höhlen hoch über dem Wasserspiegel wurden früher als Begräbnisstätten benutzt und in einer konnten wir sogar einen der hängenden Särge erkennen. Schließlich stiegen wir in ein so genanntes ‚Pea Pod Boat’ (auf Deutsch: Erbsenschoten-Boot) um. Die Besatzung bestand aus sechs Männern, zwei Kapitänen und vier Ruderern. Bis vor 15 Jahren waren diese traditionell gekleidet, d. h. nackt. Aus Rücksicht auf die Touristen aus aller Welt haben sie diese Tradition jedoch aussterben lassen. Der Seitenarm des Flusses wurde immer schmaler und der Wasserstand wurde immer niedriger. An manchen Stellen war das Wasser dann zum Rudern zu flach, so dass das Boot von den Männern gezogen werden musste.
Nach unserer Rückkehr brach das Schiff zur letzten und längsten Schlucht, der Xiling-Schlucht auf. Die Xiling-Schlucht ist ca. 80 km lang und besteht eigentlich aus mehreren kleinen Schluchten. Etwa in der Mitte entsteht der Drei-Schluchten-Damm, den unser Schiff heute Nacht passieren sollte. Am Abend gab es das Kapitäns-Abschieds-Dinner. Auf der anschließenden Party war die Musikauswahl sehr breit gestreut, es gab sogar Deutschsprachiges: Heintje und Rammstein! Die Mischung macht’s.
Gegen etwa 21 h begann die Durchfahrt durch die Schleuse des Dammes – für alle Technikbegeisterten das Highlight der Reise. Derzeit besteht die Schleuse aus vier Schleusenkammern. Wenn der Damm fertig ist, werden die Schiffe den Höhenunterschied von 113 m mit Hilfe von fünf Schleusenkammern überwinden. Unser Schiff fuhr zuerst in die Schleusenkammer ein. Zuerst glaubte wohl keiner, dass unser Schiff da überhaupt reinpasst. Aber am Ende war sogar noch ein Schiff neben und zwei hinter uns. Soviel zum Augenmass. Dann wurde das Wasser aus der Schleuse gelassen und die Schiffe sanken gemächlich nach unten. Wir beobachteten das Ganze fasziniert. Nach der ersten Schleuse hatten wir aber genug und gingen schlafen.
87. Tag – 27.03.2006
Heute hieß es bereits früh aufstehen. Das Schiff legte an und um 8 h ging die Fahrt mit dem Bus zum Drei-Schluchten-Staudamm. Leider konnte Christina aus unserer Gruppe nicht mitkommen, sie hatte sich den Magen verdorben (bisher sind wir zum Glück verschont geblieben – toi, toi, toi). Den Staudamm kann man nur mit Genehmigung besuchen, überall standen militärische Wachtposten. Zuerst hielten wir an einem Aussichtspunkt unterhalb der Staumauer. Der Bau befindet sich in der letzten Phase, soll aber nicht wie geplant 2009 sondern erst 2012 endgültig fertig werden, da es Probleme mit dem Schiffshebewerk gibt. Nach Fertigstellung wird es zwei Wasserkraftwerke mit insgesamt 26 Turbinen geben, deren Leistung der von 16 Atomkraftwerken entsprechen soll. Die erzeugte Energie wird nach den Planungen 10% des chinesischen Energiebedarfes decken und trotz des enormen Stromverlustes beim Transport Regionen bis 1.000 km Entfernung mit Strom versorgen.
Seit Beginn dieses Prestigeprojektes werden kontroverse Diskussionen geführt. Die Kosten für dieses gigantische Bauwerk sind enorm: etwa 25 Milliarden US-Dollar. Etwa 1,3 Millionen Menschen werden umgesiedelt, verlieren ihre Heimat und teilweise ihre Lebensgrundlage. Die Umweltfolgen sind nicht absehbar. Auf der anderen Seite stehen die Ziele, die durch den Bau erreicht werden sollen: Stromversorgung, Schutz vor Hochwasser, die Verbesserung der Schifffahrt und die Wasserversorgung von Nordchina.
Auf einer weiteren Aussichtsplattform konnten wir die Staumauer von oben sehen. Einfach gigantisch. An einem Modell wurde noch mal alles erklärt. Nach unserer Rückkehr auf die ‚President No. 6’ schifften wir aus. Da wir den Flieger nach Shanghai erreichen mussten und die Schiffsfahrt bis Yichang einfach zu lange dauert ging es mit dem Bus weiter. Die Strecke war auch so sehr schön – unterhalb der Straße konnten wir den Jangtse majestätisch dahinfließen sehen mit all den Kreuzfahrtschiffen. Gerade als wir Yichang erreicht hatten, gab unser Bus den Geist auf. Gott sei Dank nicht mitten auf der Strecke! Herr Han wurde schon etwas nervös, ob wir unseren Flug erreichen würden. Aber nach etwa 1 h ging es mit einem Ersatzbus weiter und wir hatten noch genug Zeit für das Mittagessen. Das Restaurant lag in der Nähe der Gezhouba-Talsperre, die ein Geschenk des Volkes zu Mao’s 80. Geburtstag war. Mit dem Flugzeug ging es schließlich nach Shanghai und dann ca. 2 h mit dem Bus weiter nach Suzhou. Was uns auffiel: alle Taxis scheinen von Volkswagen zu sein, nicht weiter verwunderlich, da es hier ein VW-Werk gibt. Nach dem tollen Abendessen unternahmen wir noch einen Abendspaziergang durch die Stadt – und Lothar bekam in einem Friseurladen einen Kurzhaarschnitt inklusive einer Kopf- und Oberkörpermassage (!) verpasst. Da wir kein Chinesisch und die Chinesen kein Englisch oder Deutsch sprachen, hatten alle viel Spaß.
Noch mehr Bilder gibt´s in unserem Webalbum.