La Paz – Hauptstadt in den Bergen
220. Tag – 23.09.2006
Seit langem konnten wir heute mal wieder ausschlafen. Unsere Gruppe hatte gestern entschieden, dass wir die für heute geplante Tagestour auf morgen verschieben. Gut so. Nach dem Frühstück gingen wir gleich ins Internet-Café und buchten den Flug von Buenos Aires nach Rio bei der ‚Aerolineas Argentina‘. Das war jetzt der letzte, noch fehlende Flug in Südamerika. Wir hatten uns entschieden, dass wir die Iguazú-Wasserfälle nicht besuchen und „nur“ zwei normale Städtetouren machen. Die Flüge von Rio nach Kapstadt waren mittlerweile von unserem Reisebüro auch richtig ausgestellt worden und lagen als E-Ticket bereit. Die Buchung übers Internet bei der Aerolineas war sehr einfach. Zu einfach! Wir wunderten uns schon, warum wir nicht nach unserer Kreditkarte gefragt wurden. Als wir dann die E-Mails prüfen, war auch eine von der argentinischen Airline dabei. Wir sollen die Flugtickets binnen 24 Stunden bezahlen. Aber wo und vor allen wie? Señor Murphy wollte uns wieder ärgern. Gut, wenn man in der Not gute Freunde hat. Andrea ruft ihren Bruder Dominik über Skype an und bittet ihn bei der deutschen Hotline der Aerolineas um Rat zu fragen. Die Antwort kam prompt: Wir können den fälligen Betrag im Büro in La Paz bezahlen. Die haben aber heute, am Samstag, nur bis 14:30 Uhr geöffnet. Andrea regt sich, was sonst nicht ihre Art ist, tierisch über diesen Schwachsinn auf: Warum kann man im Internet buchen, wenn man dann doch persönlich im Büro bezahlen muss?!
Nachdem Andrea sich wieder beruhigt hatte, machten wir uns auf den Weg. Entlang der Hauptverkehrsstraße „El Prado“ finden wir schließlich das Büro. Jetzt konnte nichts mehr schief gehen, dachten wir. Wir hatten aber die Rechnung ohne die Büroangestellter der Aerolineas gemacht. Diese machten heute ein bisschen früher Schluss. Das Büro war geschlossen. Sch… Wir rufen Dominik an, er soll nochmals mit der Hotline sprechen. Nach ein paar Minuten kam der erlösende Anruf. Wir können die blöden Tickets auch am Flughafen in Buenos Aires bezahlen. Warum nicht gleich so. Inzwischen war es 13 Uhr, wir hatten noch nichts von La Paz geschehen und Lothar war ziemlich ungehalten, weil so hungrig. Wir lösten das letzte Problem kurzfristig und konnten endlich mit der Sightseeing-Tour beginnen.
Die Plaza Murillo, der Hauptplatz von La Paz inmitten der kolonialen Altstadt, war unser erstes Ziel. Benannt wurde der Platz nach dem Unabhängigkeitskämpfer Pedro Domingo Murrillo, der hier 1810 öffentlich hingerichtet wurde. An der Plaza Murillo befinden sich der Regierungspalast und das Parlamentsgebäude. An der Südwestseite der Plaza liegt die eindrucksvolle Kathedrale der Stadt, mit deren Bau 1835 begonnen wurde, der aber bis heute unvollendet ist. Im Inneren fand gerade eine Messe statt. Tausende von Tauben belagerten übrigens den Platz, furchtbar. Und die Leute füttern sie auch noch.
Wir gingen weiter zur Basilika San Francisco in der Nähe unseres Hotels, im Zentrum von La Paz. Der Bau der Kirche wurde 1549 begonnen, aber erst im 18. Jahrhundert beendet. Die unterschiedlichen Baustiele geben ein Zeugnis davon. Auf dem gleichnamigen Platz davor herrschte reges Treiben. Genauso wie auf dem gegenüberliegenden Plaza de los Héroes. Ein überdimensionierter Kopf ziert den Platz. Wem hier ein Denkmal gesetzt worden ist, wissen wir nicht. Es war jedenfalls viel los. Anscheinend trifft sich hier die Jugend.
Ganz in der Nähe beginnt sich die Calle Sagárnaga den Berg hinaufzuwinden. Sie ist bekannt für die Souvenirs, Textilien und Touristenartikel. Teilweise war gar kein Durchkommen mehr. Auch rechts und links dieser Straße wurde etwas verkauft. Eigentlich überall. Jeder freie Fleck des Bürgersteigs wird in Beschlag genommen. Decke ausbreiten, Ware verteilen und warten bis jemand kommt. Meist sitzen hier die Aymara-Frauen mit ihrer typischen Kopfbedeckung, dem ‚El Bombín‘ (Bowler bzw. Melone), und warten auf Kundschaft. Die Aymara sind ein indigenes Volk (Indios) Südamerikas. Sie leben im Andenraum auf dem Altiplano in Bolivien und im Süden Perus. Sie stellen 30-40% der Gesamtbevölkerung Boliviens, ihre Sprache ist in Peru und Bolivien Amtssprache.
Wir gingen weiter der Calle Sagárnaga bis zum Ende entlang und kamen zum ‚Mercado de Hechería‘, dem bekannten Hexenmarkt. Dort werden neben getrockneten Lamaembryos und allerlei Heilkräutern auch die unterschiedlichsten Glücksbringer angeboten. Die verwendeten Lamaembryos sollen alle Tod-Geburten sein und bringen angeblich, vergraben im Fundament, beim Hausbau Glück. Wir begnügten uns mit normalen Souvenirs und gingen zurück zum Hotel. Die Straßen hier im Zentrum sind ziemlich steil. Kein Wunder, denn La Paz liegt in einem engen Talkessel. Ansonsten wirkt hier alles etwas schmuddelig. Die Obst- und Gemüsereste bleiben einfach auf der Straße liegen. Was noch jedem auffällt, der schon mal La Paz besuchte, ist der Kabelsalat bei den Strom- und Telefonmasten. Da blickt doch keiner mehr doch, oder? Wie haben einen Mast gesehen, von dem mind. 50 Kabel strahlenförmig in alle Richtungen gingen.
Heute war der letzte Tag der GAP-Tour ‚Highlands & Amazon‘. Wie schnell doch 2 Wochen vergehen. Bevor wir zum gemeinsamen Abendessen aufbrachen, gab es noch eine Feedback-Runde in der Hotellobby. Uns hat es sehr gut gefallen, was hauptsächlich an unseren Weggefährten und dem tollen, abwechslungsreichen Programm lag. Nicht so zufrieden waren wir mit Joanna, was wir ihr sagten. Organisatorisch gibt es bei ihr bestimmt noch Ausbaupotential. Fairerweise müssen wir ihr junges Aller zu Gute halten. Es lag wahrscheinlich auch an unseren „falschen“ Erwartungen. Wir erwarteten eine Reiseleiterin und bekamen eine Reisebegleiterin. Anyway, wir ziehen auf jeden Fall ein positives Resümee. Das Restaurant war fußläufig zu erreichen. Sicher ist sicher. Wir verlebten einen schönen Abend. Mit dem Camcorder hielten wir Joanna‘s Abrechnungsorgie für die Nachwelt fest.
221. Tag – 24.09.2006
Um 8:30 Uhr war Treffpunkt für die Tagestour nach Tiahuanaco und zum Moon Valley. Der Führer war uns sofort unsympathisch (mein Gott, was für ein Satz!). Nach ca. einer Stunde hatten wir das 70 km entfernte Tiahuanaco in knapp 4.000 Meter Höhe erreicht. Die Ruinen von Tiahuanaco (Aymara-Schreibweise Tiwanaku) zählen zu den wichtigsten archäologischen Stätten Boliviens und gehören seit dem Jahr 2000 zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Tiwanaku beschreibt sowohl einen Ort als auch eine ganze Kultur, die in der Zeit von 1.500 v. Chr. bis etwa 1.200 n. Chr. bestand. Ursprünglich lag die Stadt direkt am südlichen Ende des Titicaca-Sees. Durch Verdunstung verlor der See seine ehemalige Ausdehnung, wodurch der Ort heute etwa 20 Kilometer vom Ufer entfernt liegt. Man weiß bisher sehr wenig über diese Kultur. Hier soll jedenfalls das religiöse und administrative Zentrum mit etwas 50.0000 Einwohnern gestanden haben. Bisher sind von der Stadt erst ca. 1% freigelegt worden.
Bekannt ist Tiwanaku vor allem für seine außergewöhnlich präzisen Steinmetzarbeiten, wofür bis zu 130 Tonnen schwere Diorit- und Andesitblöcke aus einem etwa 20 km entfernten Steinbruch herangeschafft wurden. Wie das geschah, bleibt ein großes Rätsel. Untergegangen sein dürfte die Tiwanaku-Kultur wegen mehrerer schweren Dürreperioden. Als die Inka das Gebiet erreichten, fanden sie Tiahuanaco bereits verlassen vor. In der spanischen Kolonialzeit wurde das historische Areal geplündert und bis ins 20. Jahrhundert hinein als Quelle für Baumaterial benutzt. Das von Tiwanaku überhaupt noch etwas zu sehen ist, ist Arthur Posnansky zu verdanken, dessen Lebenswerk die Ausgrabung und Erforschung der Stadt war.
Als erstes besuchten wir die zwei zur Anlage gehörenden Museen. Leider im Schnelldurchgang und ohne Erläuterungen. Unser Fremdenführer wartete draußen. In den Museen sind mehrere Figuren in unterschiedlichen Größen, Schmuck, Grabbeigaben sowie Ton- und Keramikgefäße ausgestellt. Eine Nachbildung eines Bootes von Thor Heyerdahl gibt es auch zu sehen. In welchen Zusammenhang dies zur Ausgrabungsstätte steht, wissen wir nicht.
Zum Rundgang im Außengelände gesellte sich unser Fremdenführer auch wieder hinzu und gab sogar ein paar Erläuterungen. Tiwanaku bestand aus vier Bereichen. Im ersten Bereich steht die Akapana-Pyramide, eine vierzehn Meter hohe Stufenpyramide. In unmittelbarer Nachbarschaft liegt das Kalasasaya, das ein Viertel der Gesamtfläche bedeckt. Es ist ein Platz mit einer fast viereckigen Grundfläche, welcher von einer Reihe grob behauener Monolithpfeiler in unregelmäßigen Abständen gesäumt wird. Ein versenkter Innenhof nimmt etwa wiederum ein Drittel des Kalasasaya-Komplexes ein, in den man durch das berühmte Sonnentor, die wohl bekannteste Sehenswürdigkeit der Anlage, gelangt. Das Sonnentor ist etwa 3 m hoch und 3,75 m breit und wurde aus einem einzigen Andesitblock herausgehauen. Vermutlich durch ein Erdbeben ist das Tor umgestürzt und in zwei Teile zerbrochen. 1908 wurde es wieder aufgerichtet. Die Steinmauern sind mit hervorstehenden Relieffiguren geschmückt.
Im dritten Bereich steht das ebenfalls aus großen Steinblöcken erbaute, sogenannte Pumator - Puma Punku. Neben den Hauptbauten - Akapana, Kalasasaya und Puma Punkur - sind noch riesige Steinstatuen in Tiahuanaco zu bestaunen. «Bischof» und «Mönch» heißen die zwei höchsten dieser Steinstatuen. Sie sind die größten vorkolumbischen Statuen überhaupt in ganz Amerika. Die Mönch-Statue ‚El Fraile‘ hat eine Höhe von 7,85 Meter und ist ein beliebtes Fotomotiv.
Fast 3,5 Stunden waren wir inkl. zwischenzeitlichen Mittagessens in Tiwanaku. Genug Kultur für heute. Als wir alle wieder im Bus waren, überraschte uns der Tourguide mit der Aussage, dass wir jetzt wieder nach La Paz zurück fahren. Und was ist mit dem ‚Moon Valley‘, dessen Besuch in jedem Reiseführer wärmstens empfohlen wird? Der Kerl ließ doch tatsächlich im Bus abstimmen, wer dort hin will. Alle heben den Arm und er gibt sich geschlagen. Unverschämtheit! Der Typ hatte wirklich Glück, das wir gestern Abend schon unsere Feedback-Runde gehabt hatten. Kurz vor La Paz hielten wir nochmal auf dem Bergkamm und bewunderten die Stadt. So eine „Berg-Großstadt“ gibt es nirgends sonst auf der Welt. Um das ‚Moon Valley‘ zu erreichen, mussten wir quer durch die Stadt ans andere Ende fahren. Deswegen wollte wohl auch unser Guide nicht dorthin, um früher Feierabend machen zu können.
Das ‚Moon Valley‘ (span. Valle de la Luna) liegt ca. 10 km südöstlich von La Paz und verdankt seinen Namen seiner anscheinenden Ähnlichkeit mit der Oberfläche des Himmelskörpers. Das ‚Moon Valley‘ wurde im Lauf von Millionen Jahren durch Erosion und Klimagegensätze gebildet. Starke Regenfälle und Temperaturschwankungen führten zur Abtragung des Lehmbodens und liesen die bizarren Gebilde entstehen. Ein Felsen ragt hervor, der im Volksmund ‚Muela del Diablo‘ (Backenzahn des Teufels) genannt wird. Wir machten eine ca. 40 minütige Wanderung durch die Felslandschaft, die uns ein wenig an den Bryce Canyon erinnerte.
Nach Rückkehr ins Hotel gehen wir nochmal schnell ein paar Souvenirs und Getränke einkaufen. Auf dem Hotelzimmer übernimmt Lothar das Schreiben der Postkarten und Andrea betätigt sich in ihrer Spezialdisziplin, dem Kofferpacken. Morgen müssen wir ganz früh ausstehen. Am Abend dann noch ein letztes gemeinsames Essen mit unseren liebgewonnen Reisegleitern. Wir waren wirklich ein tolle Truppe und der Abschied fiel uns allen sehr schwer.
Noch mehr Fotos gibt´s in unserem Webalbum.
Seit langem konnten wir heute mal wieder ausschlafen. Unsere Gruppe hatte gestern entschieden, dass wir die für heute geplante Tagestour auf morgen verschieben. Gut so. Nach dem Frühstück gingen wir gleich ins Internet-Café und buchten den Flug von Buenos Aires nach Rio bei der ‚Aerolineas Argentina‘. Das war jetzt der letzte, noch fehlende Flug in Südamerika. Wir hatten uns entschieden, dass wir die Iguazú-Wasserfälle nicht besuchen und „nur“ zwei normale Städtetouren machen. Die Flüge von Rio nach Kapstadt waren mittlerweile von unserem Reisebüro auch richtig ausgestellt worden und lagen als E-Ticket bereit. Die Buchung übers Internet bei der Aerolineas war sehr einfach. Zu einfach! Wir wunderten uns schon, warum wir nicht nach unserer Kreditkarte gefragt wurden. Als wir dann die E-Mails prüfen, war auch eine von der argentinischen Airline dabei. Wir sollen die Flugtickets binnen 24 Stunden bezahlen. Aber wo und vor allen wie? Señor Murphy wollte uns wieder ärgern. Gut, wenn man in der Not gute Freunde hat. Andrea ruft ihren Bruder Dominik über Skype an und bittet ihn bei der deutschen Hotline der Aerolineas um Rat zu fragen. Die Antwort kam prompt: Wir können den fälligen Betrag im Büro in La Paz bezahlen. Die haben aber heute, am Samstag, nur bis 14:30 Uhr geöffnet. Andrea regt sich, was sonst nicht ihre Art ist, tierisch über diesen Schwachsinn auf: Warum kann man im Internet buchen, wenn man dann doch persönlich im Büro bezahlen muss?!
Nachdem Andrea sich wieder beruhigt hatte, machten wir uns auf den Weg. Entlang der Hauptverkehrsstraße „El Prado“ finden wir schließlich das Büro. Jetzt konnte nichts mehr schief gehen, dachten wir. Wir hatten aber die Rechnung ohne die Büroangestellter der Aerolineas gemacht. Diese machten heute ein bisschen früher Schluss. Das Büro war geschlossen. Sch… Wir rufen Dominik an, er soll nochmals mit der Hotline sprechen. Nach ein paar Minuten kam der erlösende Anruf. Wir können die blöden Tickets auch am Flughafen in Buenos Aires bezahlen. Warum nicht gleich so. Inzwischen war es 13 Uhr, wir hatten noch nichts von La Paz geschehen und Lothar war ziemlich ungehalten, weil so hungrig. Wir lösten das letzte Problem kurzfristig und konnten endlich mit der Sightseeing-Tour beginnen.
Die Plaza Murillo, der Hauptplatz von La Paz inmitten der kolonialen Altstadt, war unser erstes Ziel. Benannt wurde der Platz nach dem Unabhängigkeitskämpfer Pedro Domingo Murrillo, der hier 1810 öffentlich hingerichtet wurde. An der Plaza Murillo befinden sich der Regierungspalast und das Parlamentsgebäude. An der Südwestseite der Plaza liegt die eindrucksvolle Kathedrale der Stadt, mit deren Bau 1835 begonnen wurde, der aber bis heute unvollendet ist. Im Inneren fand gerade eine Messe statt. Tausende von Tauben belagerten übrigens den Platz, furchtbar. Und die Leute füttern sie auch noch.
Wir gingen weiter zur Basilika San Francisco in der Nähe unseres Hotels, im Zentrum von La Paz. Der Bau der Kirche wurde 1549 begonnen, aber erst im 18. Jahrhundert beendet. Die unterschiedlichen Baustiele geben ein Zeugnis davon. Auf dem gleichnamigen Platz davor herrschte reges Treiben. Genauso wie auf dem gegenüberliegenden Plaza de los Héroes. Ein überdimensionierter Kopf ziert den Platz. Wem hier ein Denkmal gesetzt worden ist, wissen wir nicht. Es war jedenfalls viel los. Anscheinend trifft sich hier die Jugend.
Ganz in der Nähe beginnt sich die Calle Sagárnaga den Berg hinaufzuwinden. Sie ist bekannt für die Souvenirs, Textilien und Touristenartikel. Teilweise war gar kein Durchkommen mehr. Auch rechts und links dieser Straße wurde etwas verkauft. Eigentlich überall. Jeder freie Fleck des Bürgersteigs wird in Beschlag genommen. Decke ausbreiten, Ware verteilen und warten bis jemand kommt. Meist sitzen hier die Aymara-Frauen mit ihrer typischen Kopfbedeckung, dem ‚El Bombín‘ (Bowler bzw. Melone), und warten auf Kundschaft. Die Aymara sind ein indigenes Volk (Indios) Südamerikas. Sie leben im Andenraum auf dem Altiplano in Bolivien und im Süden Perus. Sie stellen 30-40% der Gesamtbevölkerung Boliviens, ihre Sprache ist in Peru und Bolivien Amtssprache.
Wir gingen weiter der Calle Sagárnaga bis zum Ende entlang und kamen zum ‚Mercado de Hechería‘, dem bekannten Hexenmarkt. Dort werden neben getrockneten Lamaembryos und allerlei Heilkräutern auch die unterschiedlichsten Glücksbringer angeboten. Die verwendeten Lamaembryos sollen alle Tod-Geburten sein und bringen angeblich, vergraben im Fundament, beim Hausbau Glück. Wir begnügten uns mit normalen Souvenirs und gingen zurück zum Hotel. Die Straßen hier im Zentrum sind ziemlich steil. Kein Wunder, denn La Paz liegt in einem engen Talkessel. Ansonsten wirkt hier alles etwas schmuddelig. Die Obst- und Gemüsereste bleiben einfach auf der Straße liegen. Was noch jedem auffällt, der schon mal La Paz besuchte, ist der Kabelsalat bei den Strom- und Telefonmasten. Da blickt doch keiner mehr doch, oder? Wie haben einen Mast gesehen, von dem mind. 50 Kabel strahlenförmig in alle Richtungen gingen.
Heute war der letzte Tag der GAP-Tour ‚Highlands & Amazon‘. Wie schnell doch 2 Wochen vergehen. Bevor wir zum gemeinsamen Abendessen aufbrachen, gab es noch eine Feedback-Runde in der Hotellobby. Uns hat es sehr gut gefallen, was hauptsächlich an unseren Weggefährten und dem tollen, abwechslungsreichen Programm lag. Nicht so zufrieden waren wir mit Joanna, was wir ihr sagten. Organisatorisch gibt es bei ihr bestimmt noch Ausbaupotential. Fairerweise müssen wir ihr junges Aller zu Gute halten. Es lag wahrscheinlich auch an unseren „falschen“ Erwartungen. Wir erwarteten eine Reiseleiterin und bekamen eine Reisebegleiterin. Anyway, wir ziehen auf jeden Fall ein positives Resümee. Das Restaurant war fußläufig zu erreichen. Sicher ist sicher. Wir verlebten einen schönen Abend. Mit dem Camcorder hielten wir Joanna‘s Abrechnungsorgie für die Nachwelt fest.
221. Tag – 24.09.2006
Um 8:30 Uhr war Treffpunkt für die Tagestour nach Tiahuanaco und zum Moon Valley. Der Führer war uns sofort unsympathisch (mein Gott, was für ein Satz!). Nach ca. einer Stunde hatten wir das 70 km entfernte Tiahuanaco in knapp 4.000 Meter Höhe erreicht. Die Ruinen von Tiahuanaco (Aymara-Schreibweise Tiwanaku) zählen zu den wichtigsten archäologischen Stätten Boliviens und gehören seit dem Jahr 2000 zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Tiwanaku beschreibt sowohl einen Ort als auch eine ganze Kultur, die in der Zeit von 1.500 v. Chr. bis etwa 1.200 n. Chr. bestand. Ursprünglich lag die Stadt direkt am südlichen Ende des Titicaca-Sees. Durch Verdunstung verlor der See seine ehemalige Ausdehnung, wodurch der Ort heute etwa 20 Kilometer vom Ufer entfernt liegt. Man weiß bisher sehr wenig über diese Kultur. Hier soll jedenfalls das religiöse und administrative Zentrum mit etwas 50.0000 Einwohnern gestanden haben. Bisher sind von der Stadt erst ca. 1% freigelegt worden.
Bekannt ist Tiwanaku vor allem für seine außergewöhnlich präzisen Steinmetzarbeiten, wofür bis zu 130 Tonnen schwere Diorit- und Andesitblöcke aus einem etwa 20 km entfernten Steinbruch herangeschafft wurden. Wie das geschah, bleibt ein großes Rätsel. Untergegangen sein dürfte die Tiwanaku-Kultur wegen mehrerer schweren Dürreperioden. Als die Inka das Gebiet erreichten, fanden sie Tiahuanaco bereits verlassen vor. In der spanischen Kolonialzeit wurde das historische Areal geplündert und bis ins 20. Jahrhundert hinein als Quelle für Baumaterial benutzt. Das von Tiwanaku überhaupt noch etwas zu sehen ist, ist Arthur Posnansky zu verdanken, dessen Lebenswerk die Ausgrabung und Erforschung der Stadt war.
Als erstes besuchten wir die zwei zur Anlage gehörenden Museen. Leider im Schnelldurchgang und ohne Erläuterungen. Unser Fremdenführer wartete draußen. In den Museen sind mehrere Figuren in unterschiedlichen Größen, Schmuck, Grabbeigaben sowie Ton- und Keramikgefäße ausgestellt. Eine Nachbildung eines Bootes von Thor Heyerdahl gibt es auch zu sehen. In welchen Zusammenhang dies zur Ausgrabungsstätte steht, wissen wir nicht.
Zum Rundgang im Außengelände gesellte sich unser Fremdenführer auch wieder hinzu und gab sogar ein paar Erläuterungen. Tiwanaku bestand aus vier Bereichen. Im ersten Bereich steht die Akapana-Pyramide, eine vierzehn Meter hohe Stufenpyramide. In unmittelbarer Nachbarschaft liegt das Kalasasaya, das ein Viertel der Gesamtfläche bedeckt. Es ist ein Platz mit einer fast viereckigen Grundfläche, welcher von einer Reihe grob behauener Monolithpfeiler in unregelmäßigen Abständen gesäumt wird. Ein versenkter Innenhof nimmt etwa wiederum ein Drittel des Kalasasaya-Komplexes ein, in den man durch das berühmte Sonnentor, die wohl bekannteste Sehenswürdigkeit der Anlage, gelangt. Das Sonnentor ist etwa 3 m hoch und 3,75 m breit und wurde aus einem einzigen Andesitblock herausgehauen. Vermutlich durch ein Erdbeben ist das Tor umgestürzt und in zwei Teile zerbrochen. 1908 wurde es wieder aufgerichtet. Die Steinmauern sind mit hervorstehenden Relieffiguren geschmückt.
Im dritten Bereich steht das ebenfalls aus großen Steinblöcken erbaute, sogenannte Pumator - Puma Punku. Neben den Hauptbauten - Akapana, Kalasasaya und Puma Punkur - sind noch riesige Steinstatuen in Tiahuanaco zu bestaunen. «Bischof» und «Mönch» heißen die zwei höchsten dieser Steinstatuen. Sie sind die größten vorkolumbischen Statuen überhaupt in ganz Amerika. Die Mönch-Statue ‚El Fraile‘ hat eine Höhe von 7,85 Meter und ist ein beliebtes Fotomotiv.
Fast 3,5 Stunden waren wir inkl. zwischenzeitlichen Mittagessens in Tiwanaku. Genug Kultur für heute. Als wir alle wieder im Bus waren, überraschte uns der Tourguide mit der Aussage, dass wir jetzt wieder nach La Paz zurück fahren. Und was ist mit dem ‚Moon Valley‘, dessen Besuch in jedem Reiseführer wärmstens empfohlen wird? Der Kerl ließ doch tatsächlich im Bus abstimmen, wer dort hin will. Alle heben den Arm und er gibt sich geschlagen. Unverschämtheit! Der Typ hatte wirklich Glück, das wir gestern Abend schon unsere Feedback-Runde gehabt hatten. Kurz vor La Paz hielten wir nochmal auf dem Bergkamm und bewunderten die Stadt. So eine „Berg-Großstadt“ gibt es nirgends sonst auf der Welt. Um das ‚Moon Valley‘ zu erreichen, mussten wir quer durch die Stadt ans andere Ende fahren. Deswegen wollte wohl auch unser Guide nicht dorthin, um früher Feierabend machen zu können.
Das ‚Moon Valley‘ (span. Valle de la Luna) liegt ca. 10 km südöstlich von La Paz und verdankt seinen Namen seiner anscheinenden Ähnlichkeit mit der Oberfläche des Himmelskörpers. Das ‚Moon Valley‘ wurde im Lauf von Millionen Jahren durch Erosion und Klimagegensätze gebildet. Starke Regenfälle und Temperaturschwankungen führten zur Abtragung des Lehmbodens und liesen die bizarren Gebilde entstehen. Ein Felsen ragt hervor, der im Volksmund ‚Muela del Diablo‘ (Backenzahn des Teufels) genannt wird. Wir machten eine ca. 40 minütige Wanderung durch die Felslandschaft, die uns ein wenig an den Bryce Canyon erinnerte.
Nach Rückkehr ins Hotel gehen wir nochmal schnell ein paar Souvenirs und Getränke einkaufen. Auf dem Hotelzimmer übernimmt Lothar das Schreiben der Postkarten und Andrea betätigt sich in ihrer Spezialdisziplin, dem Kofferpacken. Morgen müssen wir ganz früh ausstehen. Am Abend dann noch ein letztes gemeinsames Essen mit unseren liebgewonnen Reisegleitern. Wir waren wirklich ein tolle Truppe und der Abschied fiel uns allen sehr schwer.
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