29. Juli 2007

Jangtse-Kreuzfahrt, Drei-Schluchten-Staudamm

85. Tag – 25.03.2006

Noch in der Nacht war das Schiff aufgebrochen. Wir nutzten nach dem Aufstehen erstmal die Chance, uns von unserem Riverguide Dennis in die Grundlagen des Tai Chi einweisen zu lassen. Tai Chi, auch Schattenboxen genannt, ist eine jahrhundertealte chinesische Kampfkunst und ist in seiner einfachen Form quasi Volkssport in China. Die Übungen sehen zwar leicht aus, man braucht aber jahrelange Übung, um sie perfekt auszuführen, wie wir auch bald feststellten.

So gegen 9 Uhr stoppte das Schiff für einen Landausflug nach Fengdu, der Stadt der Geister. Dieser Ausflug gehört wohl zum Standardprogramm einer jeden Jangtse-Kreuzfahrt, denn neben unserem hatten noch sechs weitere Schiffe angelegt! Wie die Lemminge verließen Hunderte Passagiere die Schiffe und gingen zu den bereits wartenden Bussen. Auf der kurzen Fahrt zum Eingang der Stadt der Geister erzählte uns die Reiseleiterin einiges über die mehr als 2.000 Jahre alte Geschichte und die Bedeutung von Fengdu, das für viele Chinesen als Sitz des Königs der Unterwelt gilt.
Auf dem Weg zum Tempel des Höllenkönigs muss man drei Prüfungen ablegen, um für das nächste Leben gut vorbereitet zu sein. Als erstes geht es über eine Brücke, die über einen imaginären Blutfluss voller Geister führt. Schafft man es die Brücke in drei Schritten zu überqueren, hat man bestanden. Außerdem steht schon die erste Entscheidung an: geht man über die linke Brücke wählt man Glück und Zufriedenheit, geht man über die rechte Brücke wählt man Reichtum. Liebespaare, die gemeinsam den Fluss überqueren werden auch im nächsten Leben vereint sein – ist das nicht romantisch? Wir sind natürlich gemeinsam über die linke Brücke gegangen. Die zweite Prüfung ist das Höllentor: geht eine Frau mit dem linken Fuß über die Schwelle, wird sie im nächsten Leben als Mann wiedergeboren; bei Männern läuft es genau umgekehrt. Man sollte sich also konzentrieren. Auf dem Weg zur dritten Prüfung, taten wir noch was für ein längeres Leben: es gab eine Treppe, die man ohne Luft zu holen hoch rennen sollte, um damit sein Leben zu verlängern. Die dritte Prüfung ist eine Balanceübung vor dem Palast des Höllenkönigs. Einbeinig muss man drei Atemzüge auf einem wackeligen Stein durchhalten; wer eher runterfällt hat etwas Böses zu verbergen. Und dann hat man den Höllenkönig, eine 6 m hohe und grimmig guckende Bronzestatue, erreicht. Er hütet das Buch, in dem Geburts- und Todestag eines jeden Menschen vermerkt sind. Im Nebenraum kann man die Königin der Unterwelt besuchen. Die guckt nicht ganz so grimmig und die Chinesen glauben, dass sie einem zu mehr äußerer Schönheit verhelfen kann: wenn Frauen sie vier Mal anschauen, werden sie schöner. Na ja, bei den meisten funktioniert das wohl auch erst im nächsten Leben.

Trotz des Regens und der vielen Menschen war es interessant die Tempelanlagen mit den teilweise sehr blutrünstigen Darstellungen zu besichtigen. Die jahrhundertealte Stadt der Geister wird nach Vollendung des Drei-Schluchten-Staudamms als Insel erhalten bleiben; die unterhalb liegende gleichnamige 50.000-Einwohner-Stadt wird jedoch vollständig unter Wasser liegen.


Am Nachmittag regnete es immer noch und war sehr nebelig, daher konnte man nicht viel von der Landschaft sehen an der wir vorbeifuhren. Also die idealen Voraussetzungen für ein schönes Mittagsschläfchen. Gut ausgeruht besuchten wir wieder einen Kurs von unserem Riverguide Dennis, diesmal über die chinesischen Schriftzeichen. Es ist faszinierend, wie durch minimale Änderungen eines Zeichens, z. B. ein Häkchen, sich die Bedeutung verändert. Abends gab es dann das Kapitäns-Begrüßungs-Dinner: der Chef empfing jeden Gast per Handschlag und ließ sich (bereitwillig) fotografieren. Wir haben übrigens soviel gegessen, d
ass Herr Han schon Angst hatte, das Essen würde nicht reichen. Was bei uns ein Kompliment für den Koch wäre (alles aufgegessen, weil es so gut geschmeckt hat), wäre in China ein ’Gesichtsverlust’ (Gastgeber ist so knauserig; nicht genug zu essen, um satt zu werden). Das ‚Gesicht zu verlieren’ ist übrigens das Schlimmste, was einem Chinesen passieren kann. Nach dem Essen gab es einen ‚Kulturabend’ bzw. das was üblicherweise auf Kreuzfahrtschiffen darunter verstanden wird: eine Kombination von verschiedenen Showelementen, hauptsächlich traditionellen Tänzen in schönen Kostümen, von der Crew dargeboten.

86. Tag – 26.03.2006


Heute sollte das Schiff die berühmten drei Schluchten des Jangtse durchfahren. Das Wetter hatte sich gebessert. Vielleicht lag es an dem Schlangenschnaps, den wir gestern Abend getrunken hatten – das behauptete zumindest Herr Han. Immer wieder konnten wir am Ufer riesige Schilder mit der 175-Meter-Marke sehen, bis zu der das Wasser in der Endstufe gestaut werden soll. Die meisten der Häuser unterhalb der Marke waren bereits verlassen. Der Jangtse ist mit seinen 6.380 km der längste Fluss Asiens und hat eine grosse kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung für das Land.
Gegen 10:15h durchfuhren wir die Qutang-Schlucht, die erste der drei berühmten Schluchten des Jangtse. Die Qutang-Schlucht ist die kleinste (nur etwa 8 km lang), aber wohl die beeindruckendste. Die Durchfahrt dauerte ca. 20 Minuten und führte vorbei an bis zu 1.200 m hohen, steil aufragenden Felswänden und bizarren Felsformationen. Nach weiteren 40 Minuten kamen wir zur Wuxia-Schlucht (Hexenschlucht). Wieder schienen hohe, diesmal nicht ganz so steile Berge den Weg zu versperren. Nach der Durchfahrt ankerte das Schiff, da am Nachmittag ein weiterer Ausflug auf dem Programm stand.

Bei herrlichem Sonnenschein ging es mit einem kleineren Boot entlang des Shennong-Flusses, einem Seitenfluss des Jangtse. An diesem Fluss lebt die Minderheit der Tujia. Die Schluchten wurden immer enger. Einige der kleinen Höhlen hoch über dem Wasserspiegel wurden früher als Begräbnisstätten benutzt und in einer konnten wir sogar einen der hängenden Särge erkennen. Schließlich stiegen wir in ein so genanntes ‚Pea Pod Boat’ (auf Deutsch: Erbsenschoten-Boot) um. Die Besatzung bestand aus sechs Männern, zwei Kapitänen und vier Ruderern. Bis vor 15 Jahren waren diese traditionell gekleidet, d. h. nackt. Aus Rücksicht auf die Touristen aus aller Welt haben sie diese Tradition jedoch aussterben lassen. Der Seitenarm des Flusses wurde immer schmaler und der Wasserstand wurde immer niedriger. An manchen Stellen war das Wasser dann zum Rudern zu flach, so dass das Boot von den Männern gezogen werden musste.


Nach unserer Rückkehr brach das Schiff zur letzten und längsten Schlucht, der Xiling-Schlucht auf. Die Xiling-Schlucht ist ca. 80 km lang und besteht eigentlich aus mehreren kleinen Schluchten. Etwa in der Mitte entsteht der Drei-Schluchten-Damm, den unser Schiff heute Nacht passieren sollte.
Am Abend gab es das Kapitäns-Abschieds-Dinner. Auf der anschließenden Party war die Musikauswahl sehr breit gestreut, es gab sogar Deutschsprachiges: Heintje und Rammstein! Die Mischung macht’s.

Gegen etwa 21 h begann die Durchfahrt durch die Schleuse des Dammes – für alle Technikbegeisterten das Highlight der Reise. Derzeit besteht die Schleuse aus vier Schleusenkammern. Wenn der Damm fertig ist, werden die Schiffe den Höhenunterschied von 113 m mit Hilfe von fünf Schleusenkammern überwinden. Unser Schiff fuhr zuerst in die Schleusenkammer ein. Zuerst glaubte wohl keiner, dass unser Schiff da überhaupt reinpasst. Aber am Ende war sogar noch ein Schiff neben und zwei hinter uns. Soviel zum Augenmass. Dann wurde das Wasser aus der Schleuse gelassen und die Schiffe sanken gemächlich nach unten. Wir beobachteten das Ganze fasziniert. Nach der ersten Schleuse hatten wir aber genug und gingen schlafen.

87. Tag – 27.03.2006


Heute hieß es bereits früh aufstehen. Das Schiff legte an und um 8 h ging die Fahrt mit dem Bus zum Drei-Schluchten-Staudamm. Leider konnte Christina aus unserer Gruppe nicht mitkommen, sie hatte sich den Magen verdorben (bisher sind wir zum Glück verschont geblieben – toi, toi, toi). Den Staudamm kann man nur mit Genehmigung besuchen, überall standen militärische Wachtposten. Zuerst hielten wir an einem Aussichtspunkt unterhalb der Staumauer. Der Bau befindet sich in der letzten Phase, soll aber nicht wie geplant 2009 sondern erst 2012 endgültig fertig werden, da es Probleme mit dem Schiffshebewerk gibt. Nach Fertigstellung wird es zwei Wasserkraftwerke mit insgesamt 26 Turbinen geben, deren Leistung der von 16 Atomkraftwerken entsprechen soll. Die erzeugte Energie wird nach den Planungen 10% des chinesischen Energiebedarfes decken und trotz des enormen Stromverlustes beim Transport Regionen bis 1.000 km Entfernung mit Strom versorgen.


Seit Beginn dieses Prestigeprojektes werden kontroverse Diskussionen geführt. Die Kosten für dieses gigantische Bauwerk sind enorm: etwa 25 Milliarden US-Dollar. Etwa 1,3 Millionen Menschen werden umgesiedelt, verlieren ihre Heimat und teilweise ihre Lebensgrundlage. Die Umweltfolgen sind nicht absehbar. Auf der anderen Seite stehen die Ziele, die durch den Bau erreicht werden sollen: Stromversorgung, Schutz vor Hochwasser, die Verbesserung der Schifffahrt und die Wasserversorgung von Nordchina.

Auf einer weiteren Aussichtsplattform konnten wir die Staumauer von oben sehen. Einfach gigantisch. An einem Modell wurde noch mal alles erklärt. Nach unserer Rückkehr auf die ‚President No. 6’ schifften wir aus. Da wir den Flieger nach Shanghai erreichen mussten und die Schiffsfahrt bis Yichang einfach zu lange dauert ging es mit dem Bus weiter.
Die Strecke war auch so sehr schön – unterhalb der Straße konnten wir den Jangtse majestätisch dahinfließen sehen mit all den Kreuzfahrtschiffen. Gerade als wir Yichang erreicht hatten, gab unser Bus den Geist auf. Gott sei Dank nicht mitten auf der Strecke! Herr Han wurde schon etwas nervös, ob wir unseren Flug erreichen würden. Aber nach etwa 1 h ging es mit einem Ersatzbus weiter und wir hatten noch genug Zeit für das Mittagessen. Das Restaurant lag in der Nähe der Gezhouba-Talsperre, die ein Geschenk des Volkes zu Mao’s 80. Geburtstag war. Mit dem Flugzeug ging es schließlich nach Shanghai und dann ca. 2 h mit dem Bus weiter nach Suzhou. Was uns auffiel: alle Taxis scheinen von Volkswagen zu sein, nicht weiter verwunderlich, da es hier ein VW-Werk gibt. Nach dem tollen Abendessen unternahmen wir noch einen Abendspaziergang durch die Stadt – und Lothar bekam in einem Friseurladen einen Kurzhaarschnitt inklusive einer Kopf- und Oberkörpermassage (!) verpasst. Da wir kein Chinesisch und die Chinesen kein Englisch oder Deutsch sprachen, hatten alle viel Spaß.

Noch mehr Bilder gibt´s in unserem Webalbum
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7. Juli 2007

Von Peking über Luoyang und Xi'an nach Chongqing

81. Tag – 21.03.2006

Nach erstaunlich guten Schlaf (der Schlangenschnaps hat bestimmt auch dazu beigetragen) im Nachtzug kamen wir gegen 8:30h in Luoyang an. Zunächst ging es zum Frühstück in unser Hotel, das Luoyang Peony Hotel. Dann brachen wir auf zum weltberühmten Shaolin-Kloster, ca. 2 h Busfahrt von Luoyang entfernt. Das Kloster liegt an einem steilen Berg des Songshan-Gebirges. Unser Bus hatte viel Mühe, die steilen Serpentinen zu bewältigen.

Das Kloster hat eine lange, wechselvolle Geschichte. Es wurde im 5. Jahrhundert von einem Mönch namens Ba Tuo gegründet. Der indische Mönch Bodhidharma, der 527 ins Kloster kam, entwickelte die Idee der ‚Meditation in Bewegung’. Daraus entstand über lange Jahre die berühmte Shaolin-Kampfkunst Kung Fu. Das Kloster erlangte allmählich hohes Ansehen und die Unterstützung der chinesischen Kaiser. Seine Blütezeit hatte es vom 14. bis zum 17. Jahrhundert. Es wurde mehrmals zerstört, aber von den Mönchen immer wieder aufgebaut. Zuletzt wurde es während der chinesischen Kulturrevolution 1966 zerstört und die Mönche vertrieben. Das es von der chinesischen Regierung wieder aufgebaut wurde, verdankt es dem Film ‚Shaolin Temple’ (1982). Der Film machte das Kloster bekannt und als Touristenziel interessant.
Für die vielen in- und ausländischen Touristen wurde eine Reihe von Neubauten im traditionellen chinesischen Baustil errichtet, vor allem für Souvenirgeschäfte. Vorbei an großen Übungsplätzen und einem kleinen Bambuswald ging es zum wieder aufgebauten historischen Teil des Klosters. Nachdem wir durch das Eingangstor ins Innere der Klosteranlage gelangt waren, sahen wir zunächst einen Weg, der gesäumt war von Stelen. Diese Stelen wurden von Anhängern des Kung Fu aus aller Welt gestiftet und hier aufgestellt. Die Gebäude wurden von teilweise ziemlich großen und grimmig aussehenden Kämpferfiguren aus Holz bewacht. In einem Gebäude konnten wir die Spuren sehen, die tausende kämpfende Mönche hinterlassen haben. Die Steinplatten des Fußbodens hatten richtige Dellen von den ständig auf und ab springenden Mönchen. Wir hatten übrigens Glück, dass wir überhaupt ins Kloster durften: Für den morgigen Tag hatte sich sehr hoher Besuch angekündigt, Russlands Präsident Putin. Von den Mönchen wurde an allen Ecken und Enden des Klosters geputzt. Wir gingen dann weiter zum Pagodenwald. In den aus Lehm und Ziegeln gebauten Pagoden wurden die Urnen der Mönche des Klosters beigesetzt. Je angesehener der Mönch in seinem Leben war, desto mehr Stufen (bis zu neun) hat seine Pagode.

Noch heute wird die Tradition der Shaolin-Kampfkunst gepflegt. Zum Kloster gehört eine Sportschule und es gibt in der Umgebung sehr viele Kung-Fu-Schulen mit ca. 80.000 Schülern. Im Theater sahen wir sahen eine Vorführung von verschiedenen Kampftechniken. Sehr beeindruckend und unglaublich was die Jungs alles konnten. Auf dem Weg zum Bus kamen wir dann an Hunderten von trainierenden Kindern und Jugendlichen vorbei.

Auf dem Rückweg nach Luoyang machten wir Halt in einem kleinen Dorf, um uns eine noch genutzte Höhlenwohnung anzusehen. Der Bus hielt vor der Schule des Dorfes. Nach kurzer Zeit war eine Traube von Kindern um uns herum, die uns fasziniert anschauten. Sehr viele Langnasen hatten sie wohl noch nicht zu Gesicht bekommen. Total begeistert ließen sie sich fotografieren und wollten sich die Bilder dann gleich auf den Displays der Digitalkameras anschauen. Sie konnten gar nicht genug bekommen und folgten uns bis zur Höhlenwohnung. Früher waren diese Wohnungen typisch für die Gegend. Die Wohnung war ziemlich düster und vom Rauch des Feuers rußgeschwärzt.

In Luoyang hatten wir nach dem Abendessen noch die Gelegenheit die Altstadt zu besichtigen und über einen Markt für Haustiere zu schlendern. Für deutsche Tierschützer wäre es ein echter Alptraum gewesen: alle Arten von Tieren eingepfercht in kleinen Käfigen. Ach ja und im Hotel haben wir dann noch einen Gurt (mind. 3 m lang) für unseren nicht sehr stabilen roten Koffer gekauft – zum Wucherpreis von 80 RMB also etwa 8 €, mehr als der Koffer!

82. Tag – 22.03.2006

Am Morgen besuchten wir eine weitere Attraktion in der Nähe, die beeindruckenden Longmen-Grotten. Die Grotten liegen etwa 15 km südlich von Luoyang am Yi-Fluss. Von frommen Buddhisten in Auftrag gegeben, schlugen Bildhauer von 400 bis 700 n. Chr. Höhlen und Buddhastatuen aus dem harten Felsgestein. Es gibt ca. 1.400 Höhlen mit etwa 100.000 Statuen. Die kleinsten sind nur ein paar Zentimeter groß, die größten über 15 m. Die Auftraggeber für die Höhlen und Statuen waren Kaiser, aber auch gewöhnliche Gläubige, die ihre Verehrung für Buddha zeigen wollten. Die Höhlen liegen teilweise weit oben und sind nur über steile Treppen zu erreichen. An einigen Stellen kann man noch die originale Bemalung durchschimmern sehen. Traurig machen die Spuren von Vandalismus aus vielen Jahrhunderten: manchen Statuen wurden die Köpfe abgeschlagen oder die Gesichter zerstört, z.B. von den Japanern im 2. Weltkrieg, aber auch von einigen chinesischen Kaisern, die nicht an den Buddhismus glaubten. An vielen Stellen sieht man, dass Statuen entfernt wurden und heute wahrscheinlich irgendwo als Dekoration dienen. Besonders interessant fanden wir die Erklärungen unseres Reiseführers über die unterschiedlichen Körper- und Handhaltungen der Buddhastatuen (z. B. liegend, stehend, im Lotussitz), die tiefere religiöse Bedeutung haben.
Nach der beeindruckenden Besichtigung ging es zum Bahnhof. Mit dem Zug sollte die Reise heute weiter nach Xi’an gehen. Diesmal hatten wir Tickets für die ‚Weichsitz-Klasse’. Ausnahmsweise gab es heute kein Mittagessen im Restaurant, sondern wir konnten uns im Zug mit der chinesischen Variante der Fünf-Minuten-Terrine versorgen. Herr Han hatte die Instanz-Suppen besorgt und vom Zugbegleiter gab es heißes Wasser. Die Suppe war echt lecker. Während der fünf Stunden Fahrt konnten wir leider nicht allzu viel von der schönen Landschaft sehen, die unser Reiseleiter so angepriesen hatte. Es war einfach zu diesig. Ab und zu sahen wir ein paar Ortschaften. Keine der neuen, modernen Riesenstädte, sondern kleine Dörfer mit armseligen Ziegelbauten und marode aussehende Fabrikanlagen mit qualmenden Schornsteinen. Was uns bei der chinesischen Bahn auffiel: Es gab unglaublich viel Servicepersonal im Zug und an den Bahnhöfen.

Am Bahnhof in Xi’an wurden wir von unserer neuen lokalen Reiseleiterin abgeholt. Es war bereits dunkel und auf dem Weg in unser Hotel konnten wir einen Blick auf die beleuchtete Stadtmauer werfen. Wir erfuhren, dass Xi’an eine der wenigen chinesischen Städte ist, in denen die historische Stadtmauer nicht der Modernisierung zum Opfer fiel. Das schöne ’Royal Garden Hotel’ liegt sehr zentral und nach dem Abendessen machten die meisten von uns noch einen Spaziergang zum Glocken- und zum Trommelturm am Markt. Auf dem Marktplatz war trotz der Dunkelheit noch sehr viel los. Viele ließen Drachen steigen, deren Schnüre bis zu 150 m lang waren. Wir waren so begeistert, dass wir auch gleich einen kauften und natürlich auch ausprobieren mussten. Nur mit Hilfe einheimischer Experten gelang es uns jedoch, den Drachen aufsteigen zu lassen. Für das Zusammenlegen brauchten wir dann auch wieder Hilfe. Ein echt lustiger Abend.

83. Tag – 23.03.2006

Heute würden wir wieder ein Stück der jahrtausende alten chinesischer Geschichte sehen: das Mausoleum des ersten chinesischen Kaisers Qin mit der weltberühmten Terrakotta-Armee. Die riesige, etwa 36 km von Xi’an entfernte Anlage wurde 1974 zufällig entdeckt. Bauern stießen beim Ausheben eines Brunnen auf Tonscherben. Bei weiteren Untersuchungen stießen Archäologen dann auf die Grabanlage und auf eine Armee aus tausenden lebensgroßen Tonsoldaten. Zum Bau der Grabanlage wurden etwa 700.000 Arbeiter zwangsverpflichtet. Die Armee wurde erschaffen, um Grabstätte zu schützen. Aber bereits kurz nach dem Tod des Kaisers wurde die Grabanlage von Aufständischen geplündert und die tönernen Soldaten teilweise zerstört. Da sie in den historischen Quellen nicht erwähnt wurde, war die Entdeckung eine archäologische Sensation.
Zu Beginn unseres Besuches sahen wir erstmal einen kurzen Film, in dem die Entstehung der Grabanlage und die historischen Hintergründe erläutert wurden. Dann ging es mit unserer sehr lustigen und kompetenten lokalen Führerin Frau Yang in die 1. Haupthalle. Dort stehen die meisten der bisher ausgegrabenen und restaurierten Figuren (übrigens auch einige Pferdefiguren). Es ist wirklich beeindruckend, über die langen Reihen von Tonsoldaten zu blicken, die in Reih und Glied für die Ewigkeit wachen. Jeder Soldat ist individuell geformt, hat eigene Gesichtszüge, Frisur, Statur, Kleidung. Leider ist die Bemalung heute kaum noch zu sehen: Bereits kurz nach der Ausgrabung der Figuren begannen die Farben durch den Kontakt mit der Luft abzublättern. In der nächsten Halle sieht man fünf sehr gut erhaltene Figuren aus der Nähe. Besonders sehenswert ist das Museum, in dem einige der wertvollsten Fundstücke gezeigt werden, die bei den Ausgrabungen gefunden wurden. So baute man zwei Pferdegespanne wieder auf, die so lebensecht wirken, als wenn sie gleich losfahren würden. Wir konnten wirklich nur staunen, was die Menschen hier schon ca. 200 v. Ch. erschaffen hatten.
Auf dem Rückweg nach Xi’an besuchten wir eine Jademanufaktur. Wir ließen uns über die unterschiedlichen Arten von Jade aufklären und erfuhren, was man alles damit Tolles herstellen kann. Wir bekamen natürlich auch die Gelegenheit, was zu kaufen. Danach ging es zur Großen Wildganspagode von Xi’an. Die Pagode liegt in einem Park und hat sieben Stufen (der Tradition entsprechend eine ungerade Anzahl). Über eine Holztreppe im Inneren kann man alle sieben Stufen erklimmen und man hat einen tollen Blick auf die 8-Miollionen-Metropole Xi’an.

Abends erlebten wir ein kulinarisches Highlight: ein Teigtaschen-Bankett. Teigtaschen sind eine Spezialität der Gegend und besonders etwas fürs Auge, das ja bekanntlich mitisst. Die Teigtaschen werden so geformt, dass man sieht was drin ist, also zum Beispiel wie Enten, Nüsse, Fische etc. Es gab 20 (!) Gänge und schmeckte echt lecker. Den Abschluss bildete ein chinesischer Feuertopf. Nach der Rückkehr ins Hotel fragten wir einen Türsteher nach einem Internetladen. Er empfahl uns einen ganz in der Nähe. Mit Hilfe der chinesischen Zeichen für Internet (hatten wir von H. Han) fanden wir den Laden auch – eine Überraschung: etwa 100 PCs auf einer ganzen Etage verteilt, supergünstig (etwa 30 Cent/h). Leider konnten wir unsere Website nicht aufrufen – die chinesische Internetzensur lässt grüßen. Etwas frustriert machten wir uns auf den Rückweg ins Hotel und kamen an einem Nachtmarkt vorbei. Dort ließen wir uns zum Kauf von fünf Tonfiguren überreden. Etwa 30 cm große Nachbildungen der Terrakotta-Soldaten. Im Hotel kamen uns dann doch Zweifel an dem Kauf: Der Karton war echt schwer. Wir würden ihn spätestens in Hongkong mit der Post nach Deutschland schicken müssen. Doch würden die Figuren (Ton!) den Transport unbeschadet ‚überleben’? Na ja – kommt Zeit, kommt Rat.

84. Tag – 24.03.2006

Am Morgen besuchten wir die große Moschee von Xi’an, die im traditionellen chinesischen Stil errichtet ist. Rund um die Moschee lebt eine der größten muslimischen Gemeinden Chinas. Die Gebetsräume der Moschee sind zwar den Muslimen vorbehalten, die Vorhöfe kann man aber besichtigen. Hinter den Mauern kann man dem Lärm der Straßen und dem geschäftigen Treiben der Stadt entfliehen. Nach der Besichtigung gingen wir durch das muslimische Viertel den mit vielen kleinen Geschäften zurück zum Bus. Lothar hatte wieder mal viel Spaß daran, um Souvenirs zu feilschen (diesmal eine Uhr mit dem Porträt von Mao).
Leider mussten wir uns von Frau Yang, unserer wirklich tollen Reiseleiterin in Xi’an verabschieden. Mit dem Flugzeug ging es dann nach Chongqing (ca. 4 Millionen Einwohner im Stadtgebiet). Chongqing ist eine der vier Stadtprovinzen von China, in deren Verwaltungsgebiet etwa 30 Mio. Menschen leben. Wir lernten unseren neuen Reiseleiter kennen, ein echtes Original. Scheinbar hat er Deutsch nach Sprichwörtern gelernt, die er pausenlos zum Besten gab. Nebenbei erfuhren wir vieles über Konkubinen, Homosexuelle und die Aidsproblematik in China. Als erstes besuchten wir den Pipa-Shan-Park, einen der höchsten Punkte der Stadt und beliebter Treffpunkt der Einwohner. Die Aussicht war durch den Smog etwas getrübt, Die Leute tanzten, spielten Brettspiele und Federball. Lothar wurde zum Mitmachen eingeladen und schlug sich ganz tapfer. Im Park besichtigten wir auch das Sommerhaus von Chiang Kai-shek, dem Gegenspieler von Mao und späteren Präsidenten von Taiwan. Na ja, ein paar alte Fotos an den Wänden, nicht besonders spektakulär.

Anschließend schauten wir uns eine Ausstellung über den Drei-Schluchten-Staudamm an und die Folgen für Mensch und Natur. Der Wasserstand wird auf etwa 175 m angehoben und es werden 1,3 Millionen Menschen umgesiedelt. In den Räumen konnte man an einem Wandgemälde sehen, wo es heute Städte gibt, die von den Wassermassen begraben sein werden. Die Durchsetzung eines solchen Projektes ist nur in China vorstellbar. Danach durften wir noch eine chinesische Teezeremonie (mit anschließender Kaufmöglichkeit) erleben, bevor es ins Zentrum der Stadt ging. Wieder mal war das Zentrum sehr modern, viele Hochhäuser und viele Lichtreklamen.


Mit Hilfe von Stefanie, der Assistentin unseres Reiseleiters, gingen wir auf die Suche nach einer neuen Speicherkarte für unseren Fotoapparat. Auf unserer Tour hier in China machten wir so viele Fotos, dass wir dauernd auf der Suche nach Möglichkeiten zum Brennen von CDs waren. Mit einer weiteren Speicherkarte wollten wir unabhängiger werden. Jedenfalls schafften wir es mit Hilfe von Stefanie eine Speicherkarte zum halben Touristenpreis zu bekommen, Wir schafften es auch fast pünktlich zum Essen in das Restaurant ‚7. Himmel’, von dem wir die toll beleuchtete Stadt sehen konnten. Nach dem Essen ging es zum Fluss und unserer Unterkunft für die nächsten Tage, dem Fluss-Kreuzfahrtschiff ‚President No. 6’. Dort wurden wir aufs Herzlichste von unserem ‚Riverguide’ Dennis begrüßt. Die Kabine war ganz nett, aber an die Dieselgerüche mussten wir uns noch gewöhnen.

Noch mehr Bilder gibt´s in unserem Webalbum.