29. Dezember 2008

Atemberaubend: Bryce Canyon und Grand Canyon

169. Tag – 03.08.2006

Nach einem wirklich schlechtem „Frühstück“, an dem die kostenlose Zeitung noch das Beste war, diskutierten wir die weitere Route. Der Adapter-Loop hatte uns einen Tag gekostet und langsam wurde die Zeit knapp. Der Abgabetermin für den Mietwagen in San Fransisco und unser Abflugtermin nach Mexiko rückten immer näher. Sollen wir vielleicht unseren USA-Aufenthalt verlängern? Das würde zwar einen ganzen Rattenschwanz an organisatorischen Änderungen nach sich ziehen, aber das würden wir schon irgendwie hinkriegen. Echt blöd, dass wir den Flug nach Mexiko wegen der Visabestimmungen schon von Deutschland aus buchen mussten. Auf jeden Fall müssen wir bald eine Entscheidung treffen: den Grand-Canyon-Nationalpark wollten wir auf jeden Fall besuchen. Sollten wir die Route über den Arches-Nationalpark und das Monument Valley wählen? Oder lieber die kürzere Alternative über den Bryce Canyon? Am liebsten hätten wir alle drei Nationalparks besucht. Wir entschlossen uns Schritt für Schritt vorzugehen. Nächste Station würde Salt Lake City sein. Dort gibt es am Flughafen eine Filiale unseres Autovermieters „National“. Wir würden erstmal fragen, ob eine Verlängerung überhaupt möglich ist und dann weitersehen.

Also ging es nach Salt Lake City, der Hauptstadt Utahs, welche als Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2002 weltweit bekannt. Die Stadt wurde 1847 von Mitgliedern der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (HLT-Kirche) – bei uns besser bekannt als Mormonen – gegründet. Schon bald nach der Gründung der Religion durch Joseph Smith im Bundesstaat New York im Jahr 1830 begannen die Spannungen zwischen Mormonen mit anderen Bevölkerungsgruppen. Besonders die praktizierte Polygamie stieß auf Unverständnis und führte zu Misstrauen. Nach dem Lynchmord am Kirchengründer führte der Nachfolger Brigham Young den Großteil der Kirchengemeinde in Richtung unbesiedelten Westen, um den Verfolgungen zu entgehen. An der Stelle des heutigen Salt Lake City am Großen Salzsee hatte Brigham Young der Überlieferung eine Vision, die ihm sagte, dass hier der richtige Platz für eine Stadt wäre.

Wir erreichten Salt Lake City nach ca. einer Stunde und fanden sofort einen Parkplatz in der Nähe des Tempelbezirks im Zentrum der Stadt. Den ganzen Tag parken für 3$ - ein echtes Schnäppchen. Direkt vor der Touristeninformation wurden wir vom Wahrzeichen Utahs, dem Bienenkorb, begrüßt (Symbol für die Fleißigkeit seiner Einwohner). Drinnen war man sehr hilfreich und freundlich. Salt Lake City ist wie viele Städte in den USA rasterförmig angelegt, so dass die Orientierung sehr leicht ist. Das Zentrum bildet der Tempelbezirk, den wir zunächst besichtigen wollten. Dort stehen neben historischen Gebäuden wie dem Salt-Lake-Tempel und dem Salt-Lake-Tabernakel moderne Gebäude aus Beton und Stahl.

Den Tempel selbst kann man als Besucher nur von außen bewundern, da nur erwachsenen Kirchenmitgliedern der Zutritt erlaubt ist. Mit dem Bau wurde 1853 kurz nach der Gründung der Stadt begonnen. Der Tempel wurde im neugotischen Stil aus Granit erbaut und hat beeindruckende sechs Türme. Die Bauzeit betrug 40 Jahre. Verfolgungen der Mormonen, auch durch den Staat, führten immer wieder zu Verzögerungen. Na ja, die Kölner haben für die Fertigstellung ihres Doms stolze 600 Jahre gebraucht.

Das historische Tabernakel, ein bereits im 19. Jahrhundert errichtetes Versammlungsgebäude mit Platz für 5.000 Menschen, wurde gerade renoviert. Kein Besuch mögliche. Es ist Heimstätte des berühmten Mormon-Tabernacle-Chors und hier befindet sich eine der größten Orgeln der Welt. Wir besuchten stattdessen das Kongress-Zentrum, das im Jahr 2000 eingeweiht wurde und 21.000(!) Sitzplätze hat. Genug Platz für die zahlreichen Gläubigen bei den halbjährlich stattfindenden Generalkonferenzen der Kirche. Das Kongress-Zentrum ist wirklich gewaltig. Wir hörten kurz bei einem Orgelkonzert zu.

Wir brauchten jetzt erstmal eine Pause und was zu Essen. Alles was wir bisher von der Stadt gesehen hatten war sehr sauber und ordentlich, die Leute irgendwie alle zu adrett gekleidet. Auf jeden Fall war das Straßenbild ganz anders als in Großstädten, die wir bisher gesehen hatten. Wahrscheinlich ist es der noch immer starke Einfluss der Mormonen-Kirche. Immerhin sind etwa 50% der Bevölkerung von Salt Lake City Mormonen, im Bundesstaat Utah sind es sogar 75%. Nach dem Essen gingen wir zum Besucherzentrum des Tempelbezirks. Wir wurden wieder nett empfangen. Man fragte nach unserer Nationalität und bald darauf kam eine nette junge Frau, die uns in perfektem Deutsch ansprach. Sie erklärte uns, dass im Besucherzentrum „Schwestern“ verschiedenster Nationalitäten arbeiten, die den Besuchern kostenlose Touren durch den Tempelbezirk anbieten. Die Schwestern sind junge Mormoninnen aus der ganzen Welt, die hier in Salt Lake City so eine Art freiwilliges soziales Jahr leisten. Die jungen Männer ziehen meist in die Welt hinaus, um Menschen zum Glauben der Mormonen zu bekehren. Das sind die Typen im weißem Hemd und Krawatte, die einen in der Fußgängerzone ansprechen, wenn man nicht aufpasst. Unsere Begleiterin war in Bad Nauheim aufgewachsen, lebte jetzt aber schon einige Jahre in Salt Lake City. Sie führte uns zunächst durch das Besucherzentrum. Es gibt verschiedene Ausstellungen, die sich mit dem Christentum und dem Glauben der Mormonen beschäftigen. Highlight ist eine 3,30 m hohe Jesusstatue aus weißem Marmor, die vor einem nachtblauen Sternenhimmel steht. Es war ganz interessant, dies alles Mal zu hören. Trotzdem waren wir nicht zu bekehren.

Nach der Führung hatten wir erstmal genug von Religion. Im Lonely Planet hatten wir gelesen, dass es in der Bibliothek öffentliche Internetanschlüsse gibt. Höhepunkt auf dem Weg dorthin waren die ampellosen Fußgängerüberwege. Bevor man den Zebrastreifen betritt, nimmt man sich eines der bereitgestellten orangefarbenen Fähnchen. Dann läuft man Fähnchen schwenkend auf die andere Straßenseite und legt es da wieder ab. Mussten wir natürlich gleich ausprobieren. Sieht total doof aus, aber wenn es der Sicherheit dient. In der Bibliothek gab es tatsächlich Internet, sogar kostenlos.

Dann wurde es spannend. Wir machten uns auf den Weg zur Autovermietung am Flughafen. Leider waren die Neuigkeiten nicht so toll. Wir konnten den Wagen nicht ohne teure „Strafzahlung“ verlängern. Damit legten wir das Thema Verlängerung der USA-Reise zu den Akten. Das Auto geben wir am 14.8. zurück und zwei Tage später fliegen wir nach Mexiko-City. Etwas frustriert verließen Salt Lake City in Richtung Süden. Schließlich fanden wir in Nephi ein nettes Motel, das Safari Motel. Nephi ist eine kleine, für uns typisch amerikanische Stadt: breite Straßen, rasterförmig angelegt, einstöckige Häuser. Zu einer typisch amerikanischen Stadt, gehört ein typisch amerikanisches Essen. Wir gönnten uns zur Abwechslung einen Burger bei Wendy’s, wirklich viel besser als McDonalds oder Burger King! Beim Abendessen diskutierten wir noch mal unsere weitere Route. Morgen würden wir zum Bryce-Canyon-Nationalpark weiterfahren. Vor allem Lothar bedauerte, dass wir jetzt nicht das Monument Valley sehen würden, den Schauplatz vieler berühmter Hollywood-Western. Doch dies wird bestimmt nicht unser letzter USA-Besuch sein. Das Land und seine Menschen sind sehr interessant und abwechslungsreich.


170. Tag – 04.08.2006

Relativ spät machten wir uns auf den Weg. Auf der Interstate 15 ging es weiter in Richtung Süden. Etwa eine Stunde später machten wir einen ersten Stopp beim Cove Fort. Dort fand gerade das jährliche Fest der historischen Gesellschaft statt. Die Gastgeber vom Greis bis zum Kleinkind trugen Kleidung aus dem 19. Jahrhundert und es wurde damalige Handwerkskunst vorgeführt. Wegen seiner historischen Bedeutung wurde das Fort im Auftrag der Mormonen-Kirche in den 90ern restauriert und dient heute als eine Art Freilichtmuseum. Die Funktion und Einrichtung jedes Raums des kleinen Forts wurde von einem Mitglied der historischen Gesellschaft erläutert. Cove Fort war im 19. Jahrhundert eine wichtige Zwischenstation auf dem Weg von Salt Lake City nach Cedar City. Es diente den Postkutschen als Raststation und zum Pferdewechsel sowie als Telegrafenstation. Auch Kurierreiter und vorbeiziehende Reisende konnten sich hier vom beschwerlichen Weg erholen. Nach etwa 20 Jahren verlor das Fort durch den Bau der Eisenbahn und die moderneren Telegrafen an Bedeutung. Nach der Besichtigung des Forts und des Geländes wurden wir noch zu Hotdogs und Getränken eingeladen.
Nach gut zwei Stunden machten wir uns wieder auf den Weg und erreichten am frühen Nachmittag unser Ziel, den Bryce-Canyon-Nationalpark. Telefonisch hatten wir schon erfahren, dass es im Park selber kein freies Zimmer mehr gab. So quartierten wir uns in einem nettem Motel, dem Bryce Canyon Pines, ein. Das Motel liegt etwa 10 min vom Park entfernt und wirbt mit seinem gutem Restaurant, das wollten wir heute Abend mal ausprobieren.

So gegen 15 Uhr fuhren wir zu einer ersten Besichtigung des Bryce-Canyon-Nationalparks. Der Eintritt für unser Auto betrug wieder 20$. Unser erster Weg führte zum Visitorcenter. Dort bekamen wir Infos über das Rangerprogramms des Parks und konnten einen interessantes Video über die Geologie, Tier- und Pflanzenwelt des Parks sehen. Im Video hieß es auch, dass der Bryce Canyon eigentlich gar kein Canyon ist. Wir mussten an unseren Guide Matt im australischen Outback denken, der uns schon damals erklärt hatte, dass die Amis es mit dem Unterschied zwischen Canyon und Gorge nicht so genau nehmen. Im Deutschen gibt es keinen Unterschied: für uns ist es einfach eine Schlucht! Der Film gab uns schon einen kleinen Vorgeschmack darauf, was uns erwartete. Von den vielen Führungen und Vorträgen, die von den Park-Rangern angeboten werden, entschieden wir uns für den „Sunsetwalk“, einer geführten Wanderung kurz vor Sonnenuntergang. Bis dahin hatten wir noch reichlich Zeit und starteten mit unserer eigenen Besichtigung des Parks.
Frühe Funde zeigen, dass die Gegend des Parks bereits vor 10.000 Jahren von Indianern besiedelt wurde. Von Weißen erkundet wurde das Gebiet erst um 1870 und kurz danach von Mormonen besiedelt. Einer von ihnen war Ebenezer Bryce, der seine Hütte neben dem heutigen Bryce Canyon baute. Mister Bryce verließ die Gegend bald wieder in Richtung Arizona, der Name und seine sehr unromantische Beschreibung des Ortes „ein höllischer Platz, um eine Kuh zu verlieren“ blieb. Angelockt durch Berichte einer wissenschaftlichen Expedition über die Naturwunder des Gebietes sowie unterstützt durch den Ausbau der Eisenbahn kamen Anfang des 20. Jahrhunderts immer mehr Touristen. Zum Schutz dieses Naturwunders wurde das Gebiet schließlich 1928 zum Nationalpark erklärt.

Der beste Weg die Schönheit des Bryce-Canyon-Nationalpark zu entdecken ist die Fahrt auf der 30 km langen Panoramastraße, die am Rand des Bryce Canyons entlang führt. Die Empfangsdame unseres Motels hatte uns empfohlen, erst bis zum Ende der Straße am Yovimpa Point zu fahren und dann auf dem Rückweg an den verschiedenen Aussichtspunkten zu halten. Für die Blicke, die sich uns bei verschiedenen Stopps boten, gibt es nur einen Ausdruck: WOW! Der Panoramablick auf die sich öffnenden, stufenförmigen Wände des Bryce Canyons sowie die Berge in der Ferne ist wirklich unvergesslich. Die Felsen leuchten in den verschiedensten Gelb-, Braun-, Rottönen. Dazwischen das Grün der Zedernwälder. Wie aus einem Märchenland entsprungen wirken die „Hoodoos“. Diese in Jahrtausenden durch Erosion entstandenen Steinsäulen wirken wie eine stumme, steinerne Armee. Eine Legende der Paiute-Indianer besagt, dass es sich um böse Menschen handelt, die vom großen Kojoten als Strafe versteinert wurden. Gut vorstellbar. Die bizarren Formationen haben sogar teilweise Namen. Besonders bekannt sind „Thor’s Hammer“, die wirklich ein bisschen so aussieht, als hätte der nordische Gott sein Kriegsgerät hier mal abgestellt, und die „Natural Bridge“, nur durch Wind und Regen aus dem Gestein geformt. Der zwischendurch einsetzende Regen störte nicht viel. Wir hatten nur die Befürchtung, dass unser „Sunset“-Walk mit dem Park-Ranger ausfallen würde. Die Sache mit dem „Sunset“-Walk war schließlich ein Reinfall. Wir warteten und warteten am Sunset Point. Niemand erschien. Im Visitorcenter erfuhren wir, dass wir scheinbar an der falschen Stelle gewartet hatten: dumm gelaufen.

Wir fuhren erstmal zurück ins Motel und erledigten mal wieder ein paar praktische Dinge, wie Wäsche waschen usw. Hier schauten wir uns dann den Sonnenuntergang über den in der Ferne liegenden Bergen an, auch nicht schlecht. Das Essen im so gelobten Restaurant fanden wir nicht so toll, aber was soll’s. Anschließend brachen wir nochmal in den Park auf, um einen Vortrag zu hören. Die Veranstaltung mit Dark-Ranger Andy lief unter dem Namen „Enzeklopedia Galactica“ und war sehr informativ und unterhaltsam. Schon den Einstieg fanden wir echt Klasse. Unterlegt mit der Filmmusik von „Star Wars“ und dem gleichen Aufbau begann ein kurzer Film über die Entstehung des Universums. Andy erzählte viel über die Entstehung des Sonnensystems und unserer Planeten, erklärte die Geschichten zu Sternbildern sowie das Problem der Umweltverschmutzung durch elektrisches Licht. Anschließend war Sterne gucken angesagt. Wir sahen durch die aufgebauten Teleskope die Mondlandschaft, die Jupitermonde und eine Doppelsternsystem. Faszinierend. Zum Abschluss fuhren wir nochmal zum Sunrise Point. Die Hoodoos sahen bei Mondlicht noch geheimnisvoller aus. Wir waren erst spät zurück im Motel und fielen todmüde ins Bett.


171. Tag – 05.08.2006

Der Wecker klingelte um 5:30 Uhr. Andrea wollte unbedingt den Sonnenaufgang über dem Bryce Canyon sehen. Diesmal ging Lothar mit. Wir waren rechtzeitig da, aber nicht alleine. Etwa 50 andere Verrückte warteten schon. Es war beeindruckend, wie sich die Farben der Hoodoos und Berge mit der aufsteigenden Sonne veränderten. Für eine kurze Wanderung zwischen den Hoodoos fuhren wir zum Inspiration Point. Aus der Nähe sind sie noch beeindruckender und die Spuren von Wind und Wetter deutlicher zu sehen. Man kann sich fast verlieren im Wald aus Felsformationen. Hinter jeder Biegung gab es was Neues zu entdecken. Doch wir mussten weiter, der Zeitplan drückte. Noch kurz im Motel unsere Sachen abgeholt und schon waren wir wieder unterwegs. Unser heutiges Ziel: der Grand-Canyon-Nationalpark.
Zunächst fuhren wir auf der US89 Richtung Süden. Es gab an der Strecke nur wenige Städte. Nicht viel zu sehen. Wir waren schon gespannt auf den Grand Canyon, einen weiteren Höhepunkt unserer Reise. Seit 1978 gehört dieses weltbekannte Naturwunder zum UNESCO-Weltnaturerbe. Nach etwa 3 Stunden erreichten wir die Abfahrt zum Nordrand des Grand Canyon. Wir wollen aber heute noch auf die andere Seite des Canyons: Da das South Rim, also der Südrand, höher liegt, soll man von dort einen schöneren Blick haben. Ist aber gar nicht so einfach. Die in Millionen von Jahren vom Colorado River geschaffene Schlucht ist etwa 450 km lang, bis zu 1.500 m tief und zwischen 6 und 30 km breit. Es gibt es keine Brücke über den Grand Canyon, da hilft nur umfahren und den Colorado östlich oder westlich des Canyons zu überqueren. Also ging es weiter in östliche Richtung entlang des Paria Plateaus, dessen steile Wände wir in der Ferne sehen konnten, ansonsten menschenleere Wüstenlandschaft.

Einen kurzen Stopp legten wir an der Navajo-Brücke über den Marble Canyon ein, der ebenfalls vom Colorado River durchflossen wird. Von der Brücke hatten wir einen tollen Blick auf die steil abfallenden Wände dieses kleinen Canyons und den unter uns fließenden Colorado. Nach ein paar Fotos fuhren wir weiter. In Cameron an der Abfahrt Richtung Grand-Canyon-Nationalpark hielten wir noch mal um unsere Übernachtung zu klären. Wir bekamen noch ein Zimmer direkt im Park in der Bright Angel Lodge. Von hier aus ging es dann auf der AZ64 in Richtung Westen durch ein Navajo-Indianerreservat. Unterwegs gab es viele Stände mit Kunsthandwerk, u. a. sehr schöne Traumfänger sowie Schmuck und Gürtel aus Türkisen. Andrea musste schwer mit sich kämpfen, nicht an jedem Stand was mitzunehmen. Lothar half ihr dabei. Die Wohnwagendörfer stimmten uns eher nachdenklich. Viele Indianer in den USA leben heute noch in den Reservaten und haben mit Problemen wie Armut, unzureichenden Bildungsmöglichkeiten und hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen.

Schließlich erreichten wir den Eingang des Nationalparks und wollten die üblichen 25$ für unser Auto zahlen. Zu unserer Überraschung wurden wir gefragt, ob wir schon in anderen Nationalparks waren und die Tickets noch hätten. Der nette Ranger klärte uns auf: Ein Jahrespass für alle Nationalparks in den USA kostet 80$. Da wir bisher schon 65$ für Eintritte in die Nationalparks ausgegeben hatten, mussten wir nur noch die Differenz zum Jahrespass zahlen. Fanden wir super nett.

Wir fuhren erstmal zum Desert View Point, dem östlichsten der Aussichtspunkte. Von dem dort gelegenen Watchtower, einem historischen Gebäude im Baustil der Pueblo-Indianer, konnten wir einen ersten Blick auf den Grand Canyon werfen. Wirklich überwältigend. In der Ferne konnten wir die Wüste erkennen und den sich dahin schlängelnden Colorado. An den steil abfallenden Felswänden waren sehr gut die verschiedenen Gesteinsschichten zu erkennen, ein Blick auf Millionen Jahre Erdgeschichte. Weiter ging die Fahrt entlang des „Desert Drive“ zu Lipan Point, Moran Point und Grandview Point. Eine Aussicht schöner als die andere. Mit Worten schwer zu beschreiben. Den Sonnenuntergang genossen wir dann am Mather Point, wir fanden sogar ein Plätzchen nur für uns allein. Es war ein tolles Erlebnis: das Farbenspiel der untergehenden Sonne vor dieser überwältigenden Kulisse.

Unsere Unterkunft war zwar sehr einfach, aber ganz nett und lag quasi am Rand des Canyons. Wir wollten gleich zum Essen, da wir inzwischen ziemlich hungrig waren. Die Leute standen schon vor der Tür, so voll war es. Nach 45 Minuten (!) Wartezeit – in denen wir uns ärgerten, dass wir heute nicht unterwegs eingekauft hatten – bekamen wir dann einen Tisch. Das Essen war prima (oder war das nur der Hunger?) und wir lernten wieder was dazu. Alkohol darf hier nur von amerikanischen Kellnern ausgeschenkt werden, nicht von den zahlreichen ausländischen Saisonarbeitskräften. Hatten wir ja Glück, dass unser Kellner aus Texas stammte und damit qualifiziert war. Nach einem kleinen Abendspaziergang am Canyonrand fielen wir müde in unsere Betten.


172. Tag – 06.08.2006

Wir entschlossen uns, den ganzen Tag im Grand-Canyon-Nationalpark zu verbringen und erst morgen weiterzufahren. Zu entdecken und erleben gibt es ja hier reichlich. Zuerst klärten wir die Unterkunft ab. Wir mussten zwar in die etwas teuere Maswik Lodge umziehen, aber dafür konnten wir den Tag wie geplant in Ruhe genießen. Nach einem kräftigen Frühstück – ohne Wartezeit – fuhren wir zum Visiotorcenter, das wieder mal sehr informativ und hilfreich war. Wir wollten heute eine Wanderung unternehmen und ließen uns ein paar Routen empfehlen. Draußen gab es noch eindringliche Warnungen vor den Gefahren, die mit einer Wanderung im Grand Canyon verbunden sind. Man sollte immer genug Wasser und Essen dabei haben, die Hitze nicht unterschätzen, seine eigenen Kräfte nicht überschätzen und nicht alleine losziehen. Von dem Versuch, zum Colorado am Grund des Canyons und zurück an einem Tag zu wandern, wird ebenfalls dringend abgeraten. Jährlich gibt es einige Todesfälle, die auf Leichtsinn und nicht Beachtung dieser Regeln zurückzuführen sind.
Wir hatten uns zu einer Wanderung auf dem South-Kaibab-Trail entschieden. Den ganzen Trail würden wir heute allerdings nicht schaffen: Dieser Trail führt bis zum Colorado River und ist etwa 11km lang. Klingt nicht viel, aber man muss ja auch wieder zurück. Da der Trail so gut wie keinen Schatten bietet und es unterwegs kein Wasser gibt, wäre das auch zu gefährlich. Wir wollten zunächst bis zum sogenannten „Ooh-AAh-Point“ (etwa 1,5km) gehen und dort entscheiden, ob wir noch weiterlaufen wollen. Mit dem Shuttle-Bus fuhren wir vom Visitorcenter zum Ausgangspunkt der Wanderung am Yaki Point. Da es hinab ging, war das laufen sehr leicht und angenehm. Aber irgendwie auch ein komisches Gefühl, dass es abwärts ging. Normalerweise hat man bei Wanderungen erst die Anstrengung auf den Berg hinauf zu kommen und es dann beim Abstieg leichter. Wir genossen die tolle Aussicht auf den Grand Canyon.
Unterwegs begegneten wir einem Typ mit zahlreichen Packmulis, der einzige Weg die am Colorado liegende Phantom Ranch sowie zwei Campingplätze zu versorgen. Schließlich erreichten wir eine Schutzhütte und stellten überrascht fest, dass wir an unserem Ziel vorbei gelaufen waren! Wir waren bereits an der Cedar Ridge. Außer uns war kein Mensch weit und breit zu sehen. Wir genossen die Stille und die Aussicht, machten ausgiebig Pause. Dann kam ein Parkranger, der uns fragte, was wir noch vorhätten. Er riet uns dringend davon ab weiterzugehen, hatten wir auch gar nicht vor. Nach etwa einer Stunde machten wir uns auf den Rückweg. Der war dann schon etwas beschwerlicher, da es jetzt bergauf bzw. Canyon-aufwärts ging. So gegen 14:30 Uhr waren wir zurück am Yaki Point. Mit dem Bus ging es wieder zurück zum Visitorcenter.

Trotz der anstrengenden Wanderung wollten wir den Park noch weiter entdecken. Wir hatten den westlichen Teil des Parks noch nicht gesehen. Dorthin führt die Hermit Straße, die von März bis November für Privatautos gesperrt ist. Daher nutzten wir den kostenlosen Bus des Parks. Wir fuhren erstmal bis zum Pima Point, wo man einen guten Blick auf den Colorado hat. Weiter ging es zu Hermit’s Rest, dem Endpunkt der Straße. Dort blieben wir nicht lange und nahmen den nächsten Bus zurück Richtung Canyon Village. Am Mohave Point ließen wir uns absetzen und wanderten entlang des Canyon-Randes bis zum Hopi Point. Mit Worten ist die Aussicht auf den Grand Canyon einfach nicht zu beschreiben. Unterwegs sahen wir sogar einen Condor. Lothar blieb fast das Herz stehen, wenn Andrea unbedingt direkt am Canyon-Rand stehen musste, um eine bessere Sicht zu haben und dann noch zusätzlich irgendwelche Gleichgewichtsübungen machte. Mit Drohungen wie „Das erzähl ich alles deiner Mutter“, versuchte er ohne Erfolg sie davon abzuhalten. Gegen 19 Uhr waren wir dann wieder zurück in unserer Unterkunft.

Das Abendessen war heute nicht so gut, dafür mussten wir nur 20 Minuten warten. In den Unterkünften und Restaurants merkten wir schon, dass im Moment Hochsaison war. Auf dem Rückweg zur Lodge hatten wir noch ein ganz besonderes Erlebnis. Wir sahen mitten im Dorf einen riesigen Elch, der in aller Gemütlichkeit Gras vor einem Hotel fraß. Das war heute mal wieder einer toller, erlebnisreicher Tag.

Noch mehr Fotos gibt´s in unserem Webalbum.

5. Dezember 2008

Natur pur: Yellowstone und Grand-Teton-Nationalpark

165. Tag – 30.07.2006

Wir brachen schon kurz vor 8 Uhr in Richtung Yellowstone Nationalpark auf. Der Yellowstone Nationalpark ist berühmt für seine thermischen Quellen und die zahlreichen Wildtiere, wie Bisons, Grizzlybären und Wölfe. Er wurde bereits im Jahr 1872 gegründet und ist der älteste Nationalpark der Welt. Mit seinen fast 9.000 km2 Fläche ist er einer der größten Nationalparks der USA. Die meisten Sehenswürdigkeiten des Parks sind mit dem Auto gut erreichbar, zumindest vom Frühjahr bis zum Herbst. Für die Drive-in gewöhnten Amerikaner also keine Umstellung. Es gibt eine gut ausgebaute Infrastruktur für Besucher mit Tankstellen, Hotels, Restaurants etc. Aber auch Liebhaber der unberührten Natur, Wanderfreunde und Hardcore-Camper kommen hier auf ihre Kosten.

Nach etwa einer Stunde Fahrt erreichten wir den Eingang des Nationalparks. Für einen 7-Tage-Pass, der auch für den südlich vom Yellowstone Nationalpark gelegenen Grand-Teton-Nationalpark gilt, bezahlten wir 25$, eigentlich ganz günstig. Bald erreichten wir den Yellowstone Lake, der größte Bergsee Amerikas. Dort hatten wir auch unsere erste Begegnung mit einem Bison: der nahm gerade ein Sand- und Sonnenbad direkt am Straßenrand in ca. 5m Entfernung von uns. Wir beobachteten ihn eine ganze Weile aus dem sicheren Auto heraus bevor wir weiterfuhren. Bisons sind imposante, aber auch gefährliche Tiere. Jedes Jahr werden zahlreiche Besucher durch Bisons verletzt, da sie sich nicht an die Parkregeln – Mindestabstand von 25m zu allen Tieren und zu Bären sogar 100m – halten. Wir hielten beim Fishing Bridge Visitorcenter und bekamen Informationen zum Park und zu Wanderungen. Die Orte und Hauptattraktionen des Parks sind durch ein Straßennetz in der Form einer Acht miteinander verbunden. Die obere Schleife wird als „Upper Loop“, die untere als „Lower Loop“ bezeichnet, beide zusammen bilden den „Grand Loop“ mit einer Gesamtlänge von etwa 230 km. Klingt erstmal nicht viel, aber es gibt unterwegs soviel zu sehen, dass man sich mindestens zwei Tage Zeit nehmen sollte. Als Wanderung wurde uns für heute eine Tour zum Mount Washburn empfohlen, von dem man eine schöne Aussicht haben soll. Das traf sich gut, da unsere Unterkunft, die Canyon Lodge, auf dem Weg lag. Kurz vor einer kleinen Brücke über den Yellowstone River wurde unsere Fahrt abrupt gestoppt. Eine Gruppe von Bisons kam uns mit einem Affenzahn entgegen. Wir hielten die Luft an. Gott sei Dank hielten sich die Tiere an das Rechtsfahrgebot. Sie wollten sich wohl keine nassen Hufe holen und benutzten lieber die Brücke.

Im Canyon Village schauten wir erstmal bei unserer Unterkunft, einem kleinem Bungalow, vorbei. Alles in Ordnung. Wir fuhren weiter entlang der Grand Loop Road und des North Rim Drive. Dabei kamen wir an zahlreichen Aussichtspunkten vorbei, von denen man einen tollen Blick auf den nicht ganz so berühmten Grand Canyon des Yellowstone Nationalparks hat, der in Gelb- und Brauntönen strahlt. Der Canyon entstand am Ende der letzten Vergletscherung vor etwa 14.000 Jahren, die Farben entstehen durch die Erosion der im Gestein enthaltenen Eisenbestandteile (es rostet sozusagen). Heute fließt der Yellowstone River durch den Canyon. Besonders an den Wasserfällen, den Upper Falls (etwa 33m hoch) und den Lower Falls (94m – doppelt so hoch wie die Niagara-Fälle!) spürt man die Kraft des Wassers. Der Blick der sich uns bot, war wirklich fantastisch. Fotos können das nur schwer wiedergeben.

Jetzt wollten wir aber zu unserer Wanderung aufbrechen. Der Ausgangspunkt des Mount-Washburn-Trails liegt am Dunraven Pass. Auf dem Weg dorthin gerieten wir erstmal in einen Stau. Ja, so was gibt es auch im Nationalpark. Ursache: Ein paar Hirsche konnten von der Straße aus gut beobachtet werden und keiner der Besucher wollte sich das entgehen lassen. Wie war das nochmal mit dem Mindestabstand? Die Wanderung zum Mount Washburn entlang der alten Chittende Road war sehr schön. Gemütlich erreichten wir den Gipfel auf den etwa 3.100 m Höhe. Im Visitorcenter hatte man uns nicht zuviel versprochen. Wir hatten einen tollen Blick auf die umliegenden Bergketten der Rocky Mountains und den Park zu unseren Füßen. Auf dem Gipfel gab es eine Bergstation mit einer kleinen Ausstellung über die geologische Entstehung des Nationalparks. Der Yellowstone Nationalpark liegt zum großen Teil im Kessel, auch Caldera genannt, des Yellowstone-Vulkans. Die Magmakammer des Vulkans liegt in etwa 8 km Tiefe, ist unglaubliche 60 km lang und 40 km breit. Wegen seiner Größe gehört der Yellowstone-Vulkan zu den sogenannten Supervulkanen. Der Vulkan ist immer noch aktiv, ein Zeichen dafür sind die zahlreichen heißen Quellen, für die der Yellowstone NP bekannt ist. In der Ferne konnten wir auch noch Spuren des verheerenden Waldbrandes von 1988 entdecken, die fast 36% des Parks verwüsteten.

Nach etwa 3,5 Stunden waren wir zurück an unserem Auto. Da es inzwischen später Nachmittag war, machten wir uns auf dem Rückweg zum Canyon Village. Abends gingen wir ins Zentrum des „Dorfes“ zum Essen. Dort gab es eine Art Mensa zur Verpflegung der Gäste. Wir unterhielten uns während des Essens nett mit einem amerikanischen Vater-Sohn-Gespann, die schon öfters im Yellowstone NP waren. Sie wollten morgen zu einem mehrtägigen Camping-Trip ins so genannte Backcountry des Parks aufbrechen. Sie erzählten uns, dass sie besonders ihre Ausflüge im Winter genossen hatten: nicht so viele Touristen, dafür mehr Tiere, die man in Ruhe beobachten kann.

166. Tag – 31.07.2006

Heute wollten wir den „Grand Loop“ fortsetzen und den Yellowstone Nationalpark weiter erkunden. Zunächst fuhren wir nördlich in Richtung Mammoth Hot Springs, eine der Hauptattraktionen des Parks. Unterwegs machten wir zahlreiche Stopps mit kleinen Wanderungen – na ja eher Spaziergängen – zu Aussichtspunkten, um die atemberaubende Landschaft zu bewundern. Besonders beeindruckend ist der Tower Fall, der fast 40m in die Tiefe stürzt.

Kurz vor Mittag erreichten wir schließlich die Mammoth Hot Springs, ein großes Gebiet mit terrassenförmigen Kalkablagerungen und thermalen Quellen (hot springs). Es gibt einen etwa 2,5km langen Rundweg über Holzstege, der an verschiedenen Terrassen im unteren Bereich vorbeiführt. Über Jahrtausende hinweg bildeten sich diese durch die Ablagerungen von kalkhaltigen Mineralien aus dem Wasser der heißen Quellen. Da es immer noch viele aktive Quellen gibt, verändern sich die Terrassen laufend.
Wir machten uns wieder auf den Weg und durchquerten den westlichen Teil des Parks, der geprägt ist durch Geysire, heiße Quellen und Schlammtöpfe. Nächster Halt war das Norris Geysir Bassin. Dort liegt der Steamboat-Geysir, der größte aktive Geysir der Welt. Die höchste gemessene Höhe der Wassersäule war 130m! Leider sind seine Ausbruchzeiten unregelmäßig und ziemlich touristenunfreundlich. Es kann zwischen vier Tagen und fünfzig Jahren dauern bis der Geysir wieder ausbricht. So lange wollten wir nicht warten und fuhren weiter. Hier gibt es auch farbige Seen, hervorgerufen durch Bakterien und Algen. Ein beeindruckender Anblick. Unterwegs sahen wir wieder verkohlte Baumstümpfe, des Brandes von 1988 und entdeckten auch ein paar Hirsche am Ufer des Firehole Rivers. Am Fountain-Paint-Pot gab es einen etwa 1km langen Rundweg, um einen näheren Blick auf blubbernde Schlammtöpfe, Geysire, heiße Quelle und Fumarolen zu werfen. Auf einer Nebenstrecke, dem Firehole Lake Drive, kamen wir an ebenfalls an einigen aktiven Geysiren vorbei sowie am Firehole Lake, dessen Wassertemperatur bei etwa 70°C liegt.

Kurz vor drei erreichten wir schließlich den Old-Faithful-Geysir, dem bekanntesten Geysir der Welt. Er erhielt seinen Namen, da er gewissenhaft (=faithful) in schöner Regelmäßigkeit (ca. alle 90 Minuten) ausbricht. Das macht ihn zur Haupttouristenattraktion in Yellowstone. Wir kamen gerade rechtzeitig zum nächsten Ausbruch. Es waren schon sehr viele Besucher da und der riesige Parkplatz gut besetzt. Der Geysir hatte ein paar Ladehemmungen: der Ausbruch kam etwa 10min später als vorhergesagt. Insgesamt dauerte das Schauspiel an die 20min, für etwa 3 min war die Wassersäule beeindruckende 30 m hoch.

Nach einer Kaffeepause brachen wir in Richtung Grand-Teton-Nationalpark auf. Der Yellowstone Nationalpark geht im Süden quasi nahtlos in den Grand-Teton-NP über. Die Grand-Teton-Bergkette, die ihn von Norden nach Süden durchzieht, prägt das Bild des Parks. Die Jackson-Hole-Ebene und mehrere Seen nehmen einen Großteil des Parks in Anspruch. Am späten Nachmittag erreichten wir Colter Bay Village am Jackson See, wo wir heute im übernachten würden. Am Horizont konnte man die Spitzen der Teton-Bergmassiv erkennen. Unsere Unterkunft, eine so genannte Tent Cabin, war sehr rustikal: zwei feste Holzwände aus Baumstämmen, an den die Schlafplätze befestigt waren; zwei Wände aus Zeltplanen. Falls es doch zu kalt werden sollte, gab es einen Holzfeuerofen. Im Vorraum gab es einen Platz für ein Lagerfeuer und Tisch plus Bänke. Bestimmt ein toller Platz für einen Abenteuerurlaub mit Kindern. Wir hatten zwar elektrisches Licht, aber es gab keine Steckdosen. Also fragten wir bei der Verwaltung nach, ob man dort unsere Akkus über Nacht aufladen könnte. Wir hätten sonst keine Filme und Fotos mehr machen können. Kein Problem.

167. Tag – 01.08.2006

Wir hatten in unserem „halben Zelt“ überraschend gut geschlafen. Ausgeruht und voller Tatendrang nahmen wir bereits um halb Acht unser frugales Frühstück zu uns. Cornflakes mit Banane und Kaffee, den Lothar bei der Zeltplatzrezeption besorgt hatte. Das Wetter sah heute Morgen nicht besonders einladend aus: kalt, bewölkt und Nieselregen. Eigentlich hatten wir für den Vormittag eine Wanderung zum „Grand View Point“ zwischen Two-Ocean- und des Emma-Matilda-See geplant. Aber bei Regen und schlechter Sicht? Im Visitorcenter empfahl man uns erstmal, zum Jackson-See zu gehen. Morgens würden sich dort gut Tiere beobachten lassen. Unter den Wolken sahen der See und die Berge irgendwie mystisch aus. Den Tieren war das Wetter wohl auch zu schlecht, wir haben keine gesehen. Nach einer Stunde riss die Wolkendecke auf. Also auf zum „Grand View Point“. Wir holten unsere aufgeladenen Akkus bei der Zeltdorfverwaltung ab und machten uns auf.

Der Ausgangspunkt der Wanderung lag etwas versteckt am Ende eines Waldweges. Nach einer etwa einstündigen Wanderung durch eine idyllische Landschaft erreichten wir schließlich unser Ziel. Der „Grand View Point“ machte seinem Namen alle Ehre: wir hatten eine grandiose Sicht auf die zwei Seen und die umliegenden Berge. Der Gipfel des Grand Teton Gipfel versteckte sich leider hinter Wolken. Dafür hatten diesen Augenblick ganz für uns. Nichts war zu hören außer dem Rauschen des Windes und ein paar Vögel.

Auf der weiteren Fahrt Süden machten wir einen Abstecher zum Signal Mountain. Auch hier hatten wir einen tollen Panaromablick auf das umliegende Tal, den Jackson-See und die abrupt dahinter aufsteigende Teton-Bergkette im Westen sowie den sich durchs Tal schlängelnden Snake River und die dahinter liegenden Berge im Osten. Weiter ging’s zum Jenny-See, eine sehr schöne Fahrt zwischen Jackson-See und den aufragenden Bergen. In der Jenny Lake Lodge bekamen wir wider Erwarten ein sehr gutes Mittagessen. Wir machten einen Verdauungsspaziergang zum See. Von hier aus starten die Boote zum Ausgangspunkt des Weges zu den Hidden Falls, die wohl bekannteste Wanderung im Grand-Teton-Nationalpark. Aber darauf verzichteten wir, lieber wollten wir noch zum Snake-River-Aussichtspunkt. Zu Single-Zeiten hatte Lothar jahrelang ein koloriertes Poster des berühmten Fotos von Ansel Adams „Die Tetons und der Snake River“ hängen – wahrscheinlich hat das draufschauen auch sein Fernweh geweckt. Andrea jedenfalls fand das Poster ziemlich kitschig und es musste abgehängt werden. Aber eigentlich hatte das Poster nicht zu viel versprochen: die Farben waren in der Mittagssonne zwar etwas anders und die Grand-Teton-Bergkette im Hintergrund wirkte nicht ganz so dramatisch wie auf dem Poster, aber es war ein wunderschöner und wildromantischer Anblick.

Mit diesem wunderbaren Eindruck verabschiedeten wir uns vom Grand-Teton-Nationalpark und brachen in Richtung Süden auf, unserem nächsten großen Ziel Salt Lake City entgegen. Bis dahin würden wir es heute nicht mehr ganz schaffen, denn mittlerweile war es kurz vor 16 Uhr und Salt Lake City etwa 470km entfernt. Aber wir wollten so weit fahren wie möglich. Auch nachdem wir die Grenze des Parks passiert hatten, war die Landschaft wunderschön. Kurz nach 19 Uhr erreichten wir schließlich die Kleinstadt Afton und quartierten uns im Gardener’s Country Village ein. Das Motel und die nebendran liegende Tankstelle gehören übrigens Rulon Gardner, dem berühmtesten Sohn der Stadt. Der war 2000 Olympiasieger im Ringen und in der Tankstelle gab es eine Art „Hall of Fame“ für ihn. Als erstes wollten wir natürlich die Akkus unseres Fotoapparates aufladen. Und es erwartete uns ein riesiger Schock: der Adapter für amerikanischen Steckdosen war weg!!! Trotzt intensiver Suche tauchte er nicht auf, einzige logische Erklärung: der Adapter musste noch im Büro des Colter Bay Zeltdorfes im Grand-Teton-Nationalpark sein. Wir versuchten dort anzurufen. Doch die Leitung war tot. Erst dachten wir es lag an uns, aber die Telefone in der ganzen Stadt funktionierten nicht. Bei Straßenbauarbeiten hatte jemand die Leitungen getroffen. Na super. Der einzige Elektroladen der Stadt hatte auch gerade zugemacht. Toll. Gegen 21 Uhr gingen die Telefone wieder. Leider bekamen wir nur ein Band zu hören mit dem Hinweis, dass wir „außerhalb der Geschäftszeiten anrufen“. Es war wie verhext. Murphy’s Gesetz hat wieder zugeschlagen. Frustriert überlegten wir uns Alternativen. Viele gab es nicht. Ohne Adapter keine aufgeladene Akkus, ohne Akkus keine Fotos und Filme, ohne Fotos und Filme – was hat dann die Weltreise noch für einen Sinn? Morgen wollten wir erstmal in den Elektroladen. Und wenn die keinen Adapter hatten, würden wir weitersehen.

168. Tag – 02.08.2006

Als der einzige, recht große Elektroladen von Afton morgens öffnete, standen wir schon ungeduldig vor der Tür. Was haben die bloß gedacht? Leider konnte man uns nicht weiterhelfen. Wir sollten es doch mal am Flughafen von Salt Lake City probieren. Doch am Flughafen würden wir so ein Superteil wie unseren Weltadapater bestimmt nicht bekommen. Dieser war für alle bekannten Steckdosenarten weltweit ausgelegt. Jedenfalls riefen wir nach diesem Reinfall erstmal in Colter Bay an. Und tatsächlich, unser Adapter befand sich noch in der Steckdose. Beim Rausziehen des Ladegerätes hatte die Dame ihn einfach übersehen. Wir fragten uns zwar, wie man dieses nicht gerade kleine, schwarze Teil übersehen konnte, aber was soll’s. Wir entschlossen uns, die etwa 100km zurückzufahren und unseren Adapter abzuholen. Klingt zwar verrückt, aber wir hielten es für die beste Lösung.

Auf ging’s, die Strecke kannten wir ja schon. Einen Zwischenstopp machten wir in Jackson, einer kleinen Stadt kurz vor dem Grand-Teton-Nationalpark, um das Visitorcenter kurz zu besichtigen. Die Ausstellung über Flora und Fauna von Yellowstone und Grand-Teton-Nationalpark war uns empfohlen worden. Gestern waren wir noch vorbeigefahren, aber heute wollten wir mal reinschauen. Und wirklich, es hat sich gelohnt.

Die Berge erstrahlten heute wolkenlos bei schönstem Sonnenschein. Am Snake River-Aussichtspunkt machten wir noch mal halt. Die Aussicht war heute phänomenal, da hat sich unser Adapter-Loop doch gelohnt. Gegen 11:30 Uhr hatten wir unseren Lieblings-Adapter wieder. Was für ein Stress für ein Teil, das in Deutschland etwa zehn Euro kostet! Glücklich brachen wir wieder in Richtung Süden auf. Da wir der Versuchung nicht widerstehen konnten und wieder einige Fotostopps machten, waren wir erst gegen 16 Uhr wieder zurück in Afton. Aber wir wollten heute wenigstens noch ein Stückchen weiter vorankommen. Nach etwa einer Stunde erreichten wir Paris. Ohne Eiffelturm, aber mit einer netten, kleinen Kirche. Am Straßenrand sahen wir das Café Paris. Wir hielten, um uns einen Kaffee zu gönnen. Doch das Schicksal war gegen uns: es gab im Café Paris keinen Kaffee, nicht zu fassen!

Kurz hinter Paris kamen wir zum Bear Lake, einem großen See an der Grenze zwischen Idaho und Utah. Der See funkelte in einladenden Blau in der ansonsten recht kargen Landschaft. Inzwischen war es 18 Uhr, warum also nicht hier übernachten? Leider war hier am See nichts zu bekommen, also mussten wir weiter. Inzwischen hatten wir die Staatsgrenze zu Utah, dem Mormonenstaat, überquert. Die durch den Wasatch-Cache-Nationalforst führende Strecke war sehr schön, aber langsam wurden wir ungeduldig. Schließlich erreichten wir Logan, auch hier war keine Unterkunft zu bekommen. Na super. Also immer weiter in Richtung Salt Lake City. Die Ortschaften waren wirklich rar gesät und wir sahen uns schon im Auto schlafen. Gegen 20 Uhr kamen wir an einem Campingplatz vorbei. Sehr idyllisch gelegen und es gab noch eine freie Kabine. Aber leider hatten wir keine Schlafsäcke dabei und man konnte auch nix ausleihen. Schade. Die nette Dame an der Rezeption empfahl, bis Odgen zu fahren, dem nächsten größeren Ort. Sie ließ uns sogar kostenlos mit dem dortigen Day’s Inn Motel telefonieren. Und tatsächlich, es gab noch ein freies Zimmer! Dankbar und echt erleichtert machten wir uns wieder auf den Weg. Kurz vor 21 Uhr waren wir da. Das Zimmer war ganz nett und als Bonus hatte das Motel das größte Indoor-Schwimmbecken Utah’s und einen Whirlpool zu bieten. Doch noch ein versöhnliches Ende eines anstrengenden Tages.

Noch mehr Fotos gibt´s in unserem Webalbum.

30. November 2008

Fahrt durch den Mittleren Westen

161. Tag – 26.07.2006

Es regnete. Etwas spät dran, starten wir unsere Fahrt gen Westen. Bei der Planung der Coast-to-Coast-Tour hatten wir uns an einer Bustour aus einem Reisekatalog orientiert. Die Tatsache, dass hierbei - im Gegensatz zu uns - professionelle Busfahrer beteiligt sind, die die Strecke wahrscheinlich schon dutzende Male gefahren sind, und die Route inkl. der Unterbringungen bereits vor Fahrtantritt feststeht, haben wir gewaltig unterschätzt. Um es kurz zu machen, wir fühlten uns fast immer ein wenig gehetzt. Das ganze Dilemma ist aber hauptsächlich dadurch begründet, dass wir wegen der VISA-Bestimmungen das Flugticket aus den USA bereits vorher kaufen mussten und somit der Endtermin fix war. Anyway, wir machten das Beste draus.

Mittagessen gab es bei Clinton, einem kleinen Kaff kurz hinter der Grenze zum Bundesstaat Iowa. Kurz vorher hatten wir übrigens den Mississippi überquert. Wir genehmigten uns ein Sandwich in Homer´s Deli. Hierfür ist der Laden auch schon ausgezeichnet worden, wie die aufgehängten Urkunden verrieten. Uns hat´s auch geschmeckt, wobei wir unsere Ansprüche in Amerika auf das Notwendigste reduziert hatten.

Immer entlang des Mississippi fuhren wir bis Dubuque. Unterwegs machten wir an einer schönen Flusspromenade in Bellevue Rast. Ab Dubuque ging es auf den Federal Highway 20 (ähnlich einer Bundesstraße bei uns) und dann geradeaus. Wirklich immer nur schnurrgeradeaus. Kein Wunder, in den Gründerzeiten der USA wurden zuerst die Straßen Richtung Westen gebaut und erst dann haben sich die Menschen dort angesiedelt. Wir fuhren stundenlang an riesigen Maisfeldern vorbei. Ab und zu konnte man eine Farm sehen. Auf der Straße gab es nur wenig Verkehr. Cedar Falls, eine etwas größere Stadt auf dem Weg, kam da gerade recht. Wir fuhren zum ausgeschilderten Touri-Büro und erkundigten uns, was es hier so alles gibt, insbesondere an Unterkunftsmöglichkeiten, denn es war mittlerweile auch schon wieder 18 Uhr. Entsprach nicht so unseren Vorstellungen, es ging also weiter.

So ´ne Geradeausfahrt kann ziemlich ermüdend sein. Lothar war erschöpft, hielt aber eisern durch. Im Radio kommt D.O.A. von den Foo Fighters. Dieses Lied geht uns seit der Magic-Bustour in Neuseeland nicht mehr aus dem Kopf. Lothar dreht den Lautstärkeregler bis fast zum Anschlag. Das Auto wird wie von Geisthand immer schneller, bis zu 75 MpH. Andrea will noch warnen – zu spät! Aus dem Nichts taucht plötzlich eine Polizeistreife mit Blaulicht auf. Wir fahren rechts ran. Was würden sie mit uns machen, welche Strafe kommt auf uns zu? Man kennt das ja aus Hollywood-Streifen: Hier, auf dem „Land“ geht alle Staatsgewalt vom Police-Offizier aus. Ruckzuck geht man für ein paar Jahre hinter Gittern, wenn´s gut läuft.

Es kam aber ganz anders. Der nette Ordnungshütter machte uns erstmal darauf aufmerksam, dass unser Tacho Meilen und nicht Kilometer pro Stunde anzeigt. Das wussten wir zwar, schwiegen aber. Weil wir Touristen und oberndrein noch aus Deutschland waren (er konnte schon mal die Vorzüge der deutschen Autobahn persönlich genießen), beließ er es bei einer Ermahnung. Wie bedankten uns artig und fuhren weiter.

Jetzt hatten wir keine Lust mehr auf eine längere Fahrt. Wir schauten auf die Karte und entschieden uns für Fort Dodge als Endstation. Das hiesige Day Inn-Motel sollte uns Unterschlupf für die Nacht gewähren. Zum Abendessen gingen wir über den Parkplatz zum Hickory House, einfaches amerikanisches Essen. Wir kamen noch mit der Kellnerin ins Gespräch, die uns gleich als Nicht-Amerikaner identifiziert hatte. Sie war auch schon mal in Deutschland, erzählte sie uns. Während einer 10tägigen Europareise hatte sie Deutschland kennen und schätzen gelernt. Gutes Essen und alles so schön sauber. Na, wenn das nichts ist…


162. Tag – 27.07.2006

Die heutige Tagesaufgabe hieß: Meilen fressen. Wie bereits erwähnt liefen bzw. fuhren wir unserem Plan-Soll immer etwas hinterher. Die Voraussetzungen waren gut, denn wir schafften es endlich einmal früh loszufahren und auf der anvisierten Strecke lagen auch keine besonderen Sehenswürdigkeiten, die uns hätten in Versuchung bringen könnten. Nach einem Pappbecher- und Pappteller-Frühstück im Motel (ökologisch sind die hier noch in den 50zigern), auf das wir ruhig hätten verzichten können, ging´s erstmal wieder auf der US 20 gerade aus bis Sioux City, von dort aus rechts abgebogen auf die Interstate 29 nach Sioux Falls und dann Richtung Norden, was man auch den Straßenschildern entnehmen konnte. Die Interstates entsprechen unseren Autobahnen, nur i.d.R. ´ne Nummer größer. Zügig erreichten wir dann Sioux Falls zum Lunch. Wir haben übrigens den Bundesstaat wieder gewechselt und befinden uns jetzt in South Dakota.

Gestärkt ging es jetzt auf der Interstate 90 wieder in westliche Richtung. Bei der Touristen-Info in Mitchel erkundigten wir uns, was South Dakota so zu bieten hat. Man sprach sogar deutsch. Die Großeltern des netten, älteren Herrn waren nach dem 1.Weltkrieg aus Deutschland ausgewandert. Wir bekamen nützliche Tipps für unser Tagesziel, den Badlands-Nationalpark. Während der Fahrt merken wir wie sich die Landschaft veränderte. Gestern sind wir hauptsächlich an Maisfeldern vorbeigefahren. Es folgte eine etwas andere Gemüseart (bei 75 Mph kann man das schlecht erkennen), nach Sioux Falls wurde es hügelig, danach endlose Getreidefelder, bei unserem heutigen Ziel Interior schließlich Prärie, wohin man nur schaut.

Interior liegt unmittelbar am Badlands-Nationalpark, den wir morgen besuchen wollten. Wir kamen an einem Aussichtspunkt vorbei und konnten die herrliche Gebirgslandschaft bewundern. Dort kamen wir auch ins Gespräch mit Matt und Gretchen. Beide waren schon mal in Deutschland, Matt sogar für ein ganzes Jahr während seiner Studienzeit. Den Sonnenuntergang genossen wir dann wieder in gewohnter Zweisamkeit vor unserer Unterkunft, dem Budget Host Motel. Heute waren wir rund 800 km gefahren, nicht schlecht. Dem Tempomat in unserem Auto gebührt an dieser Stelle besonderer Dank.


163. Tag – 28.07.2006

Die Stille der Badlands wurde je gestört. Andrea kam auf die glorreiche Idee den Handywecker um 5:30 Uhr zu stellen, um ja nicht den Sonnenaufgang zu verpassen. Nichts für Lothar, der dreht sich noch mal um. Mit Fotoapparat bewaffnet nahm Andrea das selbst in die Hand. Es hat sich gelohnt: Die Stille der Badlands und am Horizont steigt langsam die Sonne auf. Es kamen wirklich schöne Bilder heraus. Mit jedem Sonnenstrahl wurde es auch wärmer. In der Nacht kann es ganz schön kalt werden. Nach anderthalb Stunden waren wir am Frühstückstisch wieder vereint. Ein Rancher aus der Nähe wollte von uns wissen, wie groß die Bauernhöfe in Deutschland sind. Mit einem eindeutigen „wahrscheinlich nicht so groß wie hier“ konnten wir seinen Wissensdrang fürs Erste befriedigen.

Zuerst fuhren wir zum Visitor Center des Nationalparks, der sich gleich am Eingang befand. Hier gab es eine informative Ausstellung plus Film über die Badlands, die ihr Aussehen jahrhundertelangen Witterungseinflüsse zu verdanken haben. Für die Landwirtschaft bzw. Siedler war das Gebiet sehr „schlecht“ zu gebrauchen, wodurch sich der Name „Badlands“ einbürgerte. Mit dem geballten Wissen aus der Ausstellung wollten wir nun aber die Badlands in Natura sehen. Mit unserem Ponitac-Sportflitzer passierten wir den Eingang. Der ganze Nationalpark ist sehr automobilfreundlich „angelegt“. Es gibt jede Menge Stoppmöglichkeiten, um die Landschaft zu bewundern und auch mal ein Foto zu machen. Leider hatten wir keine Zeit für eine Wanderung. Der Film „Der mit dem Wolf tanzt“ mit Kevin Costner wurde übrigens größtenteils hier gedreht.
Neben der Berglandschaft hat der Badlands-Nationalpark auch eine große Präriefläche aufzuweisen. Als wir so gemächlich dahinfuhren, erblickten wir auf einmal eine Kolonie von Präriehunden. Diese niedlichen Gesellen hatten sich offensichtlich schon ganz an die Menschen gewöhnt und hielten auch für ein gutes Foto still. In erheblich größerer Entfernung konnten wir eine Herde von Büffeln beobachten, die hier ein Zuhause gefunden haben. Korrekterweise handelt es sich hierbei um amerikanische Bisons, die (fälschlicherweise) allgemein als Büffel (eng. Buffalo) bezeichnet werden. Bevor der weiße Mann das Land betreten hatte, lebten schätzungsweise ca. 60 Mio. Bisons in Nordamerika. Heute gibt es noch rund 350.000 diese Art. Einen großen Anteil daran, dass diese Tierart nicht ausgestorben ist, hat die Gründung des Yellowstone-Nationalparks im Jahre 1872. Hierdurch wurde den Tieren eine letzte Rückzugsfläche geboten.

Kurz nach dem wir den Nationalpark verlassen hatten, mussten wir auf Lothar´s Wunsch hin unbedingt zu einer Drogerie fahren. Nicht zu irgendeiner, sondern zu der weltweit berühmtesten. Gemeint ist der legendäre Wall Drug Store. Als die Familie Hustead im Jahre 1931 mitten in der Wirtschaftskrise die Drogerie kaufte, musste eine geeignete Marketingstrategie gefunden werden, um die Reisenden von der Straße zu locken. Man kam auf die geniale Idee überall auf dem Highway Schilder mit dem Hinweis auf kostenloses Eiswasser aufzustellen. Es funktionierte und der Rest ist Geschichte. Das Geschäft ist immer noch in Besitz der Familie Hustead. Aus der Drogerie wurde mittlerweile ein ganzer Straßenzug und dazugehörige Restaurants. Im Sommer kommen sage und schreibe bis zu 20.000 Besucher pro Tag. Wir speisten natürlich auch dort und schauten uns die ganzen Souvenirs an. Lothar fand´s „voll cool“, Andrea wollte nur schnell wieder weg.

Nächste Station unserer Tagesetappe sollte Mount Rushmore sein. Wir fuhren zunächst die Interstate 90 entlang bis Rapid City. Von da an ging es über kleinere Bundesstraßen bis nach Keystone. Hier reiht sich ein Hotel an das andere. Anscheinend übernachten die meisten Mount Rushmore-Besucher hier, wir jedenfalls nicht. Alles sehr kommerziell und touristisch. Schließlich erreichten wir das Nationaldenkmal Mount Rushmore. Hier sind die Präsidenten George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt und Abraham Lincoln (v.l.n.r.) überdimensional in Stein bzw. in die Black Hills gemeißelt. Von 1927 bis 1941 wurde dieses Monument geschaffen. Jeder Kopf ist rund 18 m hoch. Die geplante Erweiterung bis auf Taillenhöhe wurde aus Geldmangel nie ausgeführt. Wir sahen uns zu Beginn einen Film über die Entstehung an und machten anschließend den Präsidenten-Rundgang.
Etwa 25 km entfernt wartete das nächste, allerdings noch unvollendete, Monument auf uns. Hier wird seit 1948 an dem Crazy Horse-Memorial gearbeitet. Crazy Horse war ein bedeutender Indianerführer. Zusammen mit Sitting Bull fügte er der US-Armee unter General Custer am Little Big Horn eine empfindliche Niederlage zu. Der Indianerhäuptling wird auf einem Pferd reitend dargestellt. Bisher ist nur das Gesicht fertiggestellt und die Umrisse der ausgestreckten Hand sowie des Pferdekopfes sind erkennbar. Es soll ein Denkmal für alle Ureinwohner Amerikas werden.
An dem Projekt, das ausschließlich aus privaten Spenden finanziert wird, arbeitet hauptsächlich die Familie des damaligen Schöpfers Ziolkowski. Bei diesem Personaleinsatz wird es wohl noch mindestens 100 Jahre bis zur Fertigstellung brauchen. Allein der Kopf des Pferds ist so groß wie alle vier Präsidentenköpfe am Mount Rushmore zusammen. Wir schauten uns die Indianerausstellung interessiert an und spendeten auch etwas.

Wie fuhren weiter über Custer (benannt nach dem Verlierer der Schlacht am Little Big Horn, der dort auch starb) bis nach Newcastle in Wyoming. Zu diesem 3.000-Einwohner-Städtchen gibt es nicht viel zu sagen. Wir übernachteten im Stardust Motel und aßen mal wieder sehr amerikanisch im Tommy´s Mills Café, direkt neben der Raffinerie.


164. Tag – 29.07.2006

Nach einer netten Unterhaltung mit der Motel-Chefin über ihre deutschen Großeltern und ihren Deutschlandbesuch vor 15 Jahren starteten wir so gegen 9 Uhr. Unser Ziel heute war Cody, eine kleine Stadt kurz vor dem Yellowstone Nationalpark, nach unserer Schätzung etwa 550 km entfernt. Eine ganz schöne lange Strecke. Unterwegs wollten wir trotzdem immer mal Zwischenstopps einlegen.

In der kleinen Stadt Moorcroft entschieden wir uns für einen kleinen Umweg von ca. 100 km zum Devils Tower National Monument. Schon von weitem sieht man den Monolithen fast senkrecht aus der Ebene aufragen. Ein beeindruckender Anblick, kein Wunder, dass der Devils Tower für viele Indianervölker heilig ist und sich zahlreiche Sagen um ihn ranken. 1906 wurde der Devils Tower von Präsident Roosevelt zum ersten Nationalen Monument der USA erklärt, um dieses einmalige Stück Natur für nachfolgende Generationen zu erhalten. Am Besucherzentrum machten wir eine kurze Pause und sahen uns nach Souvenirs um. Übrigens erlangte der Devils Tower auch filmische Berühmtheit: Steven Spielberg machte ihn 1977 in seinem Film Unheimliche Begegnung der dritten Art zum Landeplatz für Außerirdische. Etwas außerirdisch kamen uns auch einige der vielen Harley-Fahrer vor, die hier unterwegs waren. Später erfuhren wir, dass in ein paar Tagen in Sturgis, einem kleinem Ort in der Nähe, das berühmte jährliche Biker-Treffen stattfinden würde. Viele nutzen die Zeit vor dem Treffen für Erkundungsfahrten in der Gegend.

Wir machten uns wieder auf den Weg. Nachdem wir Moorcroft heute zum zweiten Mal durchquerten, führte die Straße bis Gilette parallel zur Eisenbahnstrecke, auf der wir ewiglange Züge sahen. Über Buffalo ging es weiter bis nach Sheridan. Dort ließen wir uns in der Touristenbüro ein paar Informationen über Cody geben. Wir erfuhren, dass dort heute ein Rodeo stattfindet. Das wollten wir uns nicht entgehen lassen und brachen nach einem kurzen Bummel durch die historische Altstadt auf. Wobei historisch relativ ist: die ältesten Gebäude stammten aus dem Jahr 1900.

Weiter ging es durch die Bighorn Mountains entlang der US 14, dem Bighorn Scenic Byway. Wir fuhren entlang idyllischer Wäldchen und Wiesen, schließlich ragten links und rechts steile Felswände auf. An den Shell Falls machten wir einen Stopp. Ein interessanter Lehrpfad führt entlang der Wasserfälle. Es werden die Entstehung der Fälle sowie die umgebende Flora und Fauna erklärt. Viel Zeit ließen wir uns aber nicht, wir wollten ja unbedingt das Rodeo miterleben. Die Strecke war weiterhin landschaftlich sehr schön, fast menschenleer. Kurz vor Cody, es fing schon an zu dämmern, sahen wir auf einmal Blaulicht vor uns. Ein Autofahrer war in eine Geschwindigkeitskontrolle geraten. Kann ja mal passieren. Das Ganze hatte offensichtlich Methode, in den nächsten 20 Minuten sahen wir vier weitere Polizeiautos. Die Gemeindekasse muss anscheinend aufgefüllt werden.

In Cody angekommen, gestaltete sich die Suche nach einer Unterkunft recht schwierig. Erst beim fünften Motel – mittlerweile war es kurz vor 20 Uhr – hatten wir Glück und bekamen ein Zimmer zum angemessenen Preis-Leistungs-Verhältnis. Wegen dem Bikertreffen in Sturgis war auch hier viel los. Übrigens wurde Cody nach dem legendären Buffalo Bill benannt, der mit bürgerlichen Namen William Frederik Cody hieß. Buffalo Bill verdankt seinen (Spitz-)Namen der erfolgreichen Jagd nach Büffeln. Berühmtheit erlangte er dadurch, dass seine Abenteuer in Groschenheften veröffentlicht wurden und durch seine eigene Wildwest-Show, die ihn bis nach Europa führte. Die Stadt pflegt sein Andenken und das Wildwestimage bis heute.

Wir schafften es gerade noch rechtzeitig zur Nationalhymne. Im Stadion waren ungefähr 1.000 Besucher. Das Cody Nite Rodeo findet im Sommer jeden Abend statt. Schließlich will man den Touristen zeigen, was der Wilde Westen so zu bieten hat. Es wurden zahlreiche Wettkämpfe aus dem Rodeosport geboten: Bullenreiten, Kälberfangen, Geschicklichkeitsreiten der Frauen, Bronco-Reiten der Männer (Broncos sind Wildpferde bzw. wildgewordene Pferde). Bei gefährlichen Situationen griffen die Rodeoclowns ein und lenkten die Tiere ab. Auf jeden Fall nix für Warmduscher. Freiwillige durften sogar mal einen Bullen reiten. Ein Kollege der Hells Angels Fraktion hatte genügend Mut, aber nicht die nötige Ausdauer. Nach ein paar Sekunden war Schluss. Für die Kinder gab es auch was: Kälbchen jagen. Wir fanden das ganze Spektakel amüsant, zumindest sollte man es einmal erlebt haben. Für eine Erkundung des Nachtlebens von Cody hatten wir nach der 650 km langen Fahrt keine Energie mehr.

Noch mehr Fotos gibt´s in unserem Webalbum.