11. Dezember 2009

La Paz – Hauptstadt in den Bergen

220. Tag – 23.09.2006

Seit langem konnten wir heute mal wieder ausschlafen. Unsere Gruppe hatte gestern entschieden, dass wir die für heute geplante Tagestour auf morgen verschieben. Gut so. Nach dem Frühstück gingen wir gleich ins Internet-Café und buchten den Flug von Buenos Aires nach Rio bei der ‚Aerolineas Argentina‘. Das war jetzt der letzte, noch fehlende Flug in Südamerika. Wir hatten uns entschieden, dass wir die Iguazú-Wasserfälle nicht besuchen und „nur“ zwei normale Städtetouren machen. Die Flüge von Rio nach Kapstadt waren mittlerweile von unserem Reisebüro auch richtig ausgestellt worden und lagen als E-Ticket bereit. Die Buchung übers Internet bei der Aerolineas war sehr einfach. Zu einfach! Wir wunderten uns schon, warum wir nicht nach unserer Kreditkarte gefragt wurden. Als wir dann die E-Mails prüfen, war auch eine von der argentinischen Airline dabei. Wir sollen die Flugtickets binnen 24 Stunden bezahlen. Aber wo und vor allen wie? Señor Murphy wollte uns wieder ärgern. Gut, wenn man in der Not gute Freunde hat. Andrea ruft ihren Bruder Dominik über Skype an und bittet ihn bei der deutschen Hotline der Aerolineas um Rat zu fragen. Die Antwort kam prompt: Wir können den fälligen Betrag im Büro in La Paz bezahlen. Die haben aber heute, am Samstag, nur bis 14:30 Uhr geöffnet. Andrea regt sich, was sonst nicht ihre Art ist, tierisch über diesen Schwachsinn auf: Warum kann man im Internet buchen, wenn man dann doch persönlich im Büro bezahlen muss?!

Nachdem Andrea sich wieder beruhigt hatte, machten wir uns auf den Weg. Entlang der Hauptverkehrsstraße „El Prado“ finden wir schließlich das Büro. Jetzt konnte nichts mehr schief gehen, dachten wir. Wir hatten aber die Rechnung ohne die Büroangestellter der Aerolineas gemacht. Diese machten heute ein bisschen früher Schluss. Das Büro war geschlossen. Sch… Wir rufen Dominik an, er soll nochmals mit der Hotline sprechen. Nach ein paar Minuten kam der erlösende Anruf. Wir können die blöden Tickets auch am Flughafen in Buenos Aires bezahlen. Warum nicht gleich so. Inzwischen war es 13 Uhr, wir hatten noch nichts von La Paz geschehen und Lothar war ziemlich ungehalten, weil so hungrig. Wir lösten das letzte Problem kurzfristig und konnten endlich mit der Sightseeing-Tour beginnen.

Die Plaza Murillo, der Hauptplatz von La Paz inmitten der kolonialen Altstadt, war unser erstes Ziel. Benannt wurde der Platz nach dem Unabhängigkeitskämpfer Pedro Domingo Murrillo, der hier 1810 öffentlich hingerichtet wurde. An der Plaza Murillo befinden sich der Regierungspalast und das Parlamentsgebäude. An der Südwestseite der Plaza liegt die eindrucksvolle Kathedrale der Stadt, mit deren Bau 1835 begonnen wurde, der aber bis heute unvollendet ist. Im Inneren fand gerade eine Messe statt. Tausende von Tauben belagerten übrigens den Platz, furchtbar. Und die Leute füttern sie auch noch.

Wir gingen weiter zur Basilika San Francisco in der Nähe unseres Hotels, im Zentrum von La Paz. Der Bau der Kirche wurde 1549 begonnen, aber erst im 18. Jahrhundert beendet. Die unterschiedlichen Baustiele geben ein Zeugnis davon. Auf dem gleichnamigen Platz davor herrschte reges Treiben. Genauso wie auf dem gegenüberliegenden Plaza de los Héroes. Ein überdimensionierter Kopf ziert den Platz. Wem hier ein Denkmal gesetzt worden ist, wissen wir nicht. Es war jedenfalls viel los. Anscheinend trifft sich hier die Jugend.

Ganz in der Nähe beginnt sich die Calle Sagárnaga den Berg hinaufzuwinden. Sie ist bekannt für die Souvenirs, Textilien und Touristenartikel. Teilweise war gar kein Durchkommen mehr. Auch rechts und links dieser Straße wurde etwas verkauft. Eigentlich überall. Jeder freie Fleck des Bürgersteigs wird in Beschlag genommen. Decke ausbreiten, Ware verteilen und warten bis jemand kommt. Meist sitzen hier die Aymara-Frauen mit ihrer typischen Kopfbedeckung, dem ‚El Bombín‘ (Bowler bzw. Melone), und warten auf Kundschaft. Die Aymara sind ein indigenes Volk (Indios) Südamerikas. Sie leben im Andenraum auf dem Altiplano in Bolivien und im Süden Perus. Sie stellen 30-40% der Gesamtbevölkerung Boliviens, ihre Sprache ist in Peru und Bolivien Amtssprache.

Wir gingen weiter der Calle Sagárnaga bis zum Ende entlang und kamen zum ‚Mercado de Hechería‘, dem bekannten Hexenmarkt. Dort werden neben getrockneten Lamaembryos und allerlei Heilkräutern auch die unterschiedlichsten Glücksbringer angeboten. Die verwendeten Lamaembryos sollen alle Tod-Geburten sein und bringen angeblich, vergraben im Fundament, beim Hausbau Glück. Wir begnügten uns mit normalen Souvenirs und gingen zurück zum Hotel. Die Straßen hier im Zentrum sind ziemlich steil. Kein Wunder, denn La Paz liegt in einem engen Talkessel. Ansonsten wirkt hier alles etwas schmuddelig. Die Obst- und Gemüsereste bleiben einfach auf der Straße liegen. Was noch jedem auffällt, der schon mal La Paz besuchte, ist der Kabelsalat bei den Strom- und Telefonmasten. Da blickt doch keiner mehr doch, oder? Wie haben einen Mast gesehen, von dem mind. 50 Kabel strahlenförmig in alle Richtungen gingen.
Heute war der letzte Tag der GAP-Tour ‚Highlands & Amazon‘. Wie schnell doch 2 Wochen vergehen. Bevor wir zum gemeinsamen Abendessen aufbrachen, gab es noch eine Feedback-Runde in der Hotellobby. Uns hat es sehr gut gefallen, was hauptsächlich an unseren Weggefährten und dem tollen, abwechslungsreichen Programm lag. Nicht so zufrieden waren wir mit Joanna, was wir ihr sagten. Organisatorisch gibt es bei ihr bestimmt noch Ausbaupotential. Fairerweise müssen wir ihr junges Aller zu Gute halten. Es lag wahrscheinlich auch an unseren „falschen“ Erwartungen. Wir erwarteten eine Reiseleiterin und bekamen eine Reisebegleiterin. Anyway, wir ziehen auf jeden Fall ein positives Resümee. Das Restaurant war fußläufig zu erreichen. Sicher ist sicher. Wir verlebten einen schönen Abend. Mit dem Camcorder hielten wir Joanna‘s Abrechnungsorgie für die Nachwelt fest.


221. Tag – 24.09.2006

Um 8:30 Uhr war Treffpunkt für die Tagestour nach Tiahuanaco und zum Moon Valley. Der Führer war uns sofort unsympathisch (mein Gott, was für ein Satz!). Nach ca. einer Stunde hatten wir das 70 km entfernte Tiahuanaco in knapp 4.000 Meter Höhe erreicht. Die Ruinen von Tiahuanaco (Aymara-Schreibweise Tiwanaku) zählen zu den wichtigsten archäologischen Stätten Boliviens und gehören seit dem Jahr 2000 zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Tiwanaku beschreibt sowohl einen Ort als auch eine ganze Kultur, die in der Zeit von 1.500 v. Chr. bis etwa 1.200 n. Chr. bestand. Ursprünglich lag die Stadt direkt am südlichen Ende des Titicaca-Sees. Durch Verdunstung verlor der See seine ehemalige Ausdehnung, wodurch der Ort heute etwa 20 Kilometer vom Ufer entfernt liegt. Man weiß bisher sehr wenig über diese Kultur. Hier soll jedenfalls das religiöse und administrative Zentrum mit etwas 50.0000 Einwohnern gestanden haben. Bisher sind von der Stadt erst ca. 1% freigelegt worden.

Bekannt ist Tiwanaku vor allem für seine außergewöhnlich präzisen Steinmetzarbeiten, wofür bis zu 130 Tonnen schwere Diorit- und Andesitblöcke aus einem etwa 20 km entfernten Steinbruch herangeschafft wurden. Wie das geschah, bleibt ein großes Rätsel. Untergegangen sein dürfte die Tiwanaku-Kultur wegen mehrerer schweren Dürreperioden. Als die Inka das Gebiet erreichten, fanden sie Tiahuanaco bereits verlassen vor. In der spanischen Kolonialzeit wurde das historische Areal geplündert und bis ins 20. Jahrhundert hinein als Quelle für Baumaterial benutzt. Das von Tiwanaku überhaupt noch etwas zu sehen ist, ist Arthur Posnansky zu verdanken, dessen Lebenswerk die Ausgrabung und Erforschung der Stadt war.

Als erstes besuchten wir die zwei zur Anlage gehörenden Museen. Leider im Schnelldurchgang und ohne Erläuterungen. Unser Fremdenführer wartete draußen. In den Museen sind mehrere Figuren in unterschiedlichen Größen, Schmuck, Grabbeigaben sowie Ton- und Keramikgefäße ausgestellt. Eine Nachbildung eines Bootes von Thor Heyerdahl gibt es auch zu sehen. In welchen Zusammenhang dies zur Ausgrabungsstätte steht, wissen wir nicht.

Zum Rundgang im Außengelände gesellte sich unser Fremdenführer auch wieder hinzu und gab sogar ein paar Erläuterungen. Tiwanaku bestand aus vier Bereichen. Im ersten Bereich steht die Akapana-Pyramide, eine vierzehn Meter hohe Stufenpyramide. In unmittelbarer Nachbarschaft liegt das Kalasasaya, das ein Viertel der Gesamtfläche bedeckt. Es ist ein Platz mit einer fast viereckigen Grundfläche, welcher von einer Reihe grob behauener Monolithpfeiler in unregelmäßigen Abständen gesäumt wird. Ein versenkter Innenhof nimmt etwa wiederum ein Drittel des Kalasasaya-Komplexes ein, in den man durch das berühmte Sonnentor, die wohl bekannteste Sehenswürdigkeit der Anlage, gelangt. Das Sonnentor ist etwa 3 m hoch und 3,75 m breit und wurde aus einem einzigen Andesitblock herausgehauen. Vermutlich durch ein Erdbeben ist das Tor umgestürzt und in zwei Teile zerbrochen. 1908 wurde es wieder aufgerichtet. Die Steinmauern sind mit hervorstehenden Relieffiguren geschmückt.
Im dritten Bereich steht das ebenfalls aus großen Steinblöcken erbaute, sogenannte Pumator - Puma Punku. Neben den Hauptbauten - Akapana, Kalasasaya und Puma Punkur - sind noch riesige Steinstatuen in Tiahuanaco zu bestaunen. «Bischof» und «Mönch» heißen die zwei höchsten dieser Steinstatuen. Sie sind die größten vorkolumbischen Statuen überhaupt in ganz Amerika. Die Mönch-Statue ‚El Fraile‘ hat eine Höhe von 7,85 Meter und ist ein beliebtes Fotomotiv.

Fast 3,5 Stunden waren wir inkl. zwischenzeitlichen Mittagessens in Tiwanaku. Genug Kultur für heute. Als wir alle wieder im Bus waren, überraschte uns der Tourguide mit der Aussage, dass wir jetzt wieder nach La Paz zurück fahren. Und was ist mit dem ‚Moon Valley‘, dessen Besuch in jedem Reiseführer wärmstens empfohlen wird? Der Kerl ließ doch tatsächlich im Bus abstimmen, wer dort hin will. Alle heben den Arm und er gibt sich geschlagen. Unverschämtheit! Der Typ hatte wirklich Glück, das wir gestern Abend schon unsere Feedback-Runde gehabt hatten. Kurz vor La Paz hielten wir nochmal auf dem Bergkamm und bewunderten die Stadt. So eine „Berg-Großstadt“ gibt es nirgends sonst auf der Welt. Um das ‚Moon Valley‘ zu erreichen, mussten wir quer durch die Stadt ans andere Ende fahren. Deswegen wollte wohl auch unser Guide nicht dorthin, um früher Feierabend machen zu können.
Das ‚Moon Valley‘ (span. Valle de la Luna) liegt ca. 10 km südöstlich von La Paz und verdankt seinen Namen seiner anscheinenden Ähnlichkeit mit der Oberfläche des Himmelskörpers. Das ‚Moon Valley‘ wurde im Lauf von Millionen Jahren durch Erosion und Klimagegensätze gebildet. Starke Regenfälle und Temperaturschwankungen führten zur Abtragung des Lehmbodens und liesen die bizarren Gebilde entstehen. Ein Felsen ragt hervor, der im Volksmund ‚Muela del Diablo‘ (Backenzahn des Teufels) genannt wird. Wir machten eine ca. 40 minütige Wanderung durch die Felslandschaft, die uns ein wenig an den Bryce Canyon erinnerte.

Nach Rückkehr ins Hotel gehen wir nochmal schnell ein paar Souvenirs und Getränke einkaufen. Auf dem Hotelzimmer übernimmt Lothar das Schreiben der Postkarten und Andrea betätigt sich in ihrer Spezialdisziplin, dem Kofferpacken. Morgen müssen wir ganz früh ausstehen. Am Abend dann noch ein letztes gemeinsames Essen mit unseren liebgewonnen Reisegleitern. Wir waren wirklich ein tolle Truppe und der Abschied fiel uns allen sehr schwer.

Noch mehr Fotos gibt´s in unserem Webalbum.

Auf dem Titicaca-See

217. Tag – 20.09.2006

Andrea geht es wieder besser – taffes Mädel! Heute stand eine lange Busreise nach Puno an. Noch vor dem Frühstück riefen wir bei StaTravel an. Der Flug nach Kapstadt ist gebucht und die Unterlagen per Email zugesandt. Super! Wir müssen natürlich gleich nachschauen im Internet. Mist! Die haben den Flug nur bis Johannesburg gebucht. E-Mail zurückgeschrieben mit der Bitte um Korrektur! Wir bleiben erstaunlich ruhig.

Mit dem Kleinbus geht es zunächst zur Busstation in Cusco. In einem modernen Reisebus starteten wir um 8:30 Uhr die etwa 400 km lange Fahrt. Die Landschaft änderte sich während der Fahrt wenig. Für die Höhe typische Grasvegetation, umgeben von den Bergen der Anden. Ziemlich eintönig. Einen Zwischenstopp machten wir auf einem Pass in Höhe von 4.335 m Höhe. Die obligatorischen Souvenirverkäufer inkl. Lamas und Alpakas waren auch vor Ort. Um 15 Uhr erblickten wir zum ersten Mal Puno. Ein Häusermeer, dicht an dicht, das man kaum von der kargen Landschaft unterscheiden kann. Umso intensiver strahlte der Titicaca-See in dunkelblau. Sehr beeindruckend!

Unser Hotel, das Wary Nayra, fällt unter die Kategorie “durchschnittlich“, obwohl es einen Pool und eine Sauna hat. Die Männerumkleide roch nach Urin. Die Sauna sparten wir uns. Vorm Abendessen machten wir noch einen Spaziergang an den See. Der Titicaca-See ist der größte See Südamerikas und etwa 15mal so groß wie der Bodensee. Zudem ist er das höchstgelegene schiffbare Gewässer der Erde. Er liegt auf einer Höhe von 3.810 m über dem Meeresspiegel, ist 194 km lang und 65 km breit und hat eine maximale Tiefe von 365 m. Mehr als 25 Flüsse fließen in den Titicaca-See. Den einzigen Abfluss bildet der Río Desaguadero, der etwa 10% des überschüssigen Wassers befördert. Das restliche Wasser verdunstet.

Am Abend war geselliges Beisammensein geboten. Wir trafen uns in einem (bei den Touristen) angesagten Restaurant. Spezialität des Hauses: ‚Guinea pigs‘, Meerschweinchen. Gebratenes Meerschwein ist ein traditionelles Gericht der peruanischen Küche. Beim ‚Cuy chactado‘ wird das Guinea Pig ausgenommen und als Ganzes gebraten. Für europäische Augen wirkt die Anrichtung auf dem Teller sehr befremdlich, um nicht zu sagen abstoßend. Einige Mutige aus unserer Gruppe probierten es. Lothar begnügte sich mit einem Schenkel. Schmeckt wie Huhn. Nach dem Essen sorgte eine Musikcombo zusammen mit einer Tanztruppe für Unterhaltung. Volkslieder und traditionelle Tänze wurden dargeboten. Wir hörten zum ersten Mal während der Tour die Panflöte, das Musikinstrument schlechthin von Peru. ‚El Cóndor Pasa‘, ein altes peruanische Volkslied fanden wir besonders schön. Die Melodie übernahmen übrigens ‚Simon and Garfunkel‘ für einen ihrer bekanntesten Songs.


218. Tag – 21.09.2006

Mit der Fahrradrikscha geht es früh morgens zum Hafen. Dort stiegen wir in eines der rund zwei Dutzend Motorboote im Hafen um. Das wir wohl das lahmste erwischt hatten, merkten wir erst später. Dabei war der Namen des Boots so vielversprechend: Andrea. Wir waren offensichtlich die Ersten heute Morgen. Nicht die kleinste Welle verzerrte das perfekte Spiegelbild der Berghügel im See. Faszinierend. Kaum hatten wir das Hafenbecken hinter uns gelassen, durchfuhren wie eine mehrere hundert Meter breite grüne Algenschicht, Rechts und links immer wieder kleine Schilfinseln. Nach ca. 20 Minuten hatten wir unser Ziel, die „Islas Flotantes“, die schwimmenden Inseln der Urus, erreicht.
Das Volk der ‚Uru‘ (spanisch Uro) begann schwimmende Inseln zu bauen, um sich vor den kriegerischen Inka zu schützen bzw. sich vor ihnen zu verbergen. Es gelang, die Inka konnten die Urus nie besiegen. Immer wenn ein Angriff drohte, zogen sie sich mit den Inseln auf das Innere des Sees zurück. Die Inseln bestehen aus kreuzweise aufgebrachten, ca. 2 Meter dicken Lagen aus Totora-Schilf. Das gleiche Material verwenden sie auch zum Bau ihrer beeindruckenden Schiffe.

Als wir mit unserer „Andrea“ anlegten, wurden wir mit Musik begrüßt. Es war schon ein komisches Gefühl, von dem einen schwankenden Untergrund zum anderen überzutreten. Aber man gewöhnt sich schnell daran. Am Anfang erklärte man uns einiges über das tägliche Leben auf den Inseln. Eine Kostprobe frisch geschnittenen Schilfes bekamen wir auch. Schmeckt nach Papier. Die Bewohner leben vorwiegend vom Tourismus und vom Fischfang. Ob wirklich alle Urus noch auf den ca. 40 schwimmenden Inseln leben, möchten wir mal in Frage stellen. Es wirkt schon alles ziemlich touristisch. Zumindest die dort lebenden Urus haben es sich gemütlich gemacht. Wir sahen einige Solarkollektoren auf den Schilfdächern für elektrisches Licht und für den Fernseher. Ob sie auch einen Internet-Anschluss haben, wissen wir nicht. Jedenfalls müsste das WLAN ziemlich leistungsstark sein.

Einen kleinen Ausflug mit einem Schilfboot machten wir auch. Eine Katze und ein kleines Mädchen waren unsere treuen Begleiter. Beide überhaupt nicht scheu und sehr fotogen. Von unterwegs konnten wir auch mehrere Inseln in der Entstehungsphase sehen. Die Inseln müssen nach ca. 2 Jahren neu gebaut werden, da das Schilf von unten wegfault. Nach rund einer Stunde war die Inselbesichtigung auch schon wieder zu Ende, die nächste wartete schon.
Herrlicher Sonnenschein konnte unsere Langeweile auch nicht so recht mildern. Uns kam es vor wie eine halbe Ewigkeit, bis wir nach gut 2,5 h die Insel Taquile betreten konnten. Ein normales Boot hätte für die Strecke wahrscheinlich nur eine Stunde gebraucht, nicht jedoch unsere betagte ‚Andrea‘. Die meisten aus unserer Truppe machten ein Nickerchen, trotz der lauten Motorengeräusche. Der Kapitän und der Guide spielten mit Karten für Erwachsene, d. h. entsprechende Bilder zierten die Karten. Von der Anlegestelle begann eine ca. einstündige Wanderung bis zum zentralen Platz der Insel. Wir waren alle froh, uns endlich bewegen zu können.

Auf der zu Peru gehörenden Insel Taquile leben heute etwa 1.600 Quechua. Das Volk auf der 5,5 km langen und 1,6 km breiten Insel wurde erst spät entdeckt, weil sie sich bei Ankunft von Fremden versteckten. Machen sie heute übrigens nicht mehr. Berühmt sind die Inselbewohner heute wegen ihrer strickenden Männer. Die Insel wird deshalb auch liebevoll „Insel der strickenden Männer“ genannt. Am Marktplatz angekommen, erblickten wir sie auch schon in der Ecke sitzend und die Stricknadel schwingend, ob nun nur der Touristen wegen oder aus Tradition heraus verschließt sich unserer Kenntnis. Ansonsten gab es noch andere Männer und Frauen in Trachten zu beobachten. Auf eine tiefergehende Erläuterung seitens unseres Guides warteten wir vergebens. Eines wusstet er doch zu berichten: Die Farbe der Zipfelmütze bei den Männer hat eine Bedeutung: weiß = Junggeselle, rot = verheiratet. Danach führte er uns noch in einen Handarbeitsladen. Hier konnte (und sollte) man selbstgestrickte und gewebte Sachen käuflich erwerben.
Wir speisten bei einer vorher zugeteilten Familie. Anscheinend ist jeden Tag eine andere Familie an der Reihe. Das Essen war einfach, aber gut. Der Blick auf den blauen Titicaca-See war das Beste daran. Für den Rückweg wählten wir den kürzeren, steileren Weg. Und schon saßen wir auch wieder im Boot. Drei Stunden über den See, ganz laaaaangsam. Oh, mein Gott! Wir hatten das Gefühl, dass wir wegen eines mittelmäßigen Essens 5,5 h unterwegs waren. Unsere Reiseleiterin Joanna bekam ganz schön was zu hören von allen aus der Gruppe.

Den Rest des Tages erkundeten wir Puno auf eigene Faust. Auf der Straße war gerade eine Art Karnevalsumzug im Gange. Anlass war der Abschluss des Highschool-Jahres, wie wir später erfuhren. Mehrere Trachtengruppen, mit und ohne Musikbegleitung, sowie ein paar Männer verkleidet als Bären sorgen für Spaß und Unterhaltung. Ein ganz besonderes Erlebnis hatten wir am Abend. Nicole und Rich waren wieder dabei, nachdem sie gestern gesundheitsbedingt eine Auszeit genommen hatten. Rich, der alte Australier, hatte mitbekommen, das gestern die Guinea Pigs dran glauben mussten. Das wollte er natürlich auch ausprobieren und bestellte ein Exemplar. Dass seine Freundin Nicole Vegetarierin ist, störte ihn zumindest in diesem Moment nicht. Dann kam der Teller, „wunderschön“ angerichtet. Das Tier lag auf dem Rücken und schaute seinen neuen Besitzer liebevoll an. Die Beißerchen waren noch deutlich zu erkennen. Rich legte unbeirrt los und Nicole neben ihm sah fassungslos zu. Ein Bild für Götter.


219. Tag – 22.09.2006

Heute stand wieder eine lange Busfahrt bis zu unserem Tourziel La Paz auf dem Programm. Rich geht es heute Morgen hundsmiserabel. Oder sollte man besser sagen meerschweinchenschlecht? Die Rache der Guninea Pigs? Als wir am Busterminal ankamen, lassen wir ihn freiwillig ganz vorne im Bus sitzen. Wir teilen uns den Reisebus mit noch einer anderen Gruppe. Alle Plätze waren belegt. Für den Reisebegleiter wurde extra ein Stuhl in den Gang gestellt.

Der Busfahrer nahm keine Rücksicht auf uns und erst recht nicht auf Rich und fuhr wie eine gesenkte S. Er kam aber nicht weit. Rich mochte die Landschaft um den Titicaca-See so sehr, dass er mehrere unplanmäßige Stopps einforderte. Aber Spaß bei Seite, wir machten uns langsam wirklich Sorgen um ihn. Nach ca. 2 Stunden waren wir alle erlöst, als wir an der bolivianischen Grenze ankamen. Die Grenzkontrollen gestalteten sich schwierig. Der Bus durfte nicht über die Grenze (ist glauben wir generell so). Also zuerst zur peruanischen Grenzkontrolle und den ‚Ausgang‘ quittieren lassen, dann 300 m bis zum bolivianischen Grenzhäuschen gehen, in die Schlage einreihen und warten. Die Grenzbeamten machten den Eindruck, als würden sie das Ganze hobbymäßig betreiben. Zumindest waren sie sehr ‚impressed‘ von unseren ganzen Visa im Reisepass. Mit Bolivien besuchen wir das 14. Land unserer Weltreise. Das Land wurde nach Simón Bolívar benannt, der die Unabhängigkeit von der spanischen Kolonialmacht erkämpft hatte. Eingequetscht fuhren wir in einem bereitstehenden Kleinbus weiter. Nach 10 Minuten hatten wir das Ziel, die Copacabana erreicht.

Irgendwie hatten wir uns den Strand doch etwas anders vorgestellt. Ganz zu schweigen von den leicht gekleideten Strandschönheiten. Dafür gab es aber jede Menge Tretboote zum Ausleihen. Die meisten werden es schon bemerkt haben, wir befinden uns nicht an dem berühmten Strand in Rio de Janeiro, sondern in einer bolivianischen Kleinstadt am Titicaca-See. Die Stadt gab der darunter befindlichen Halbinsel auch gleich Ihren Namen. Die Copacabana-Halbinsel ragt mit ihrem südlichen Ufer zum Festland und teilt den Titicacasee in einen größeren Teil im Nordosten und einem kleinen Teil im Südwesten. Der Nordteil der Halbinsel gehört zu Peru, der Südteil, auf dem wir uns gerade befinden, zu Bolivien.

Um die Ortschaft Copacabana zu erkunden hatten wir reichlich Zeit. Der Bus würde erst in anderthalb Stunden abfahren. Wir machten uns auf, den zentralen Platz zu finden. Das dauerte angesichts der Größe nicht lange. Eine Kirche steht – wie könnte es auch anders sein – im Mittelpunkt. Die Basilika von Copacabana wurde 1820 im maurischen Stil erbaut. Darin befindet sich die ca. einen Meter hohe Figur der „Virgen de Copacabana“. Die Figur wurde 1576 von einem Indio aus dunklem Holz geschnitzt und hat eine Krone aus purem Gold. Der Marienfigur werden zahlreiche Wunder und Heilungen zugeschrieben, sie wird als Schutzheilige des Titicaca-Sees verehrt.

Wir genossen die Stille in und außerhalb de Kirche. Bevor es weitergehen sollte, wollten wir noch Geld (wir waren schließlich in einem neuen Land) abheben und suchten einen Geldautomaten. Vergebens, war auch nicht anders zu erwarten. Die mitgeführten US-Dollars wurden aber mindestens genauso gerne gesehen, wie die Bolivianos. Die lustigen Fingerpuppen, die wir auf dem Markt sahen, mussten wir unbedingt kaufen. Dann ging es weiter. Wir hatten nicht nur einen neuen Bus, sondern vor allem einen anderen Fahrer. Jetzt konnten wir wenigstes die Landschaft genießen. Nach ca. 40 Minuten wurde die Panoramafahrt unterbrochen. Wir waren an der Südspitze der Halbinsel Copacabana angekommen und mussten die 800 Meter schmale „Straße von Tiquina“ mit der Fähre überqueren. Unser Bus wurde auf ein separates Boot aufgeladen. Machte irgendwie einen nicht so sicheren Eindruck. Wir setzten mit einem kleinen Motorboot über. Der Motor machte eine Heidenlärm und stank nach Motoröl. Wir waren heilfroh, als wir endlich drüben ankamen.
Nach weiteren 2,5h erreichten wir La Paz, ihres Zeichens mit 3.600 m die höchstgelegene Hauptstadt der Welt. La Paz liegt in einem ca. 400m tiefen Talkessel. Rund 900.000 Einwohner hat die Stadt. Unser Bus hielt oben auf dem Bergkamm und wir hatten einen beeindruckenden Blick auf das endlos erscheinende Häusermeer. Man kann gar nicht genau unterscheiden, wo hören die Häuser auf und wo fängt der Berg an. Alles überragend ist der imposante Illimani (6.439 m) mit seinen drei Gipfeln, den man sehr gut erkennen konnte.

Unser Hotel, das Diamante Azul, war das bisher beste Hotel während der Tour und liegt im Zentrum. Es war zwar erst 17 Uhr aber wir hatten keine große Lust auf Stadterkundung. Wir gingen nur schnell zum nächstgelegenen ATM, um ein paar Bolivianos in den Taschen zu haben. Abends hatten wir uns zum gemeinsamen Abendessen verabredet. Wir bestellten drei Taxis und fuhren nacheinander los. Von Joanna hatten wir nur den Namen mitgeteilt bekommen. „Der Taxifahrer weiß schon, wo das ist“ beruhigte sie uns. Das stimmte auch. Nur wusste Joanna anscheinend nicht, dass es mind. ein zweites Restaurant mit dem gleichen (oder ähnlichen) Namen gibt. Da standen wir nun zu dritt mit Susan warteten. Nach einer viertel Stunde wurden wir misstrauisch und riefen im Hotel an. Die konnten uns helfen und die richtige Adresse mitteilen. Mit einer halben Stunde Verspätung erreichten wir schließlich das richtige Restaurant. Typisch Joanna, dachten wir. Nach dem Essen waren wir sicher: Wir hätten das Restaurant nicht wechseln sollen.

Noch mehr Fotos gibt´s in unserem Webalbum.

10. Dezember 2009

Machu Picchu - Die verlorene Stadt der Inka

215. Tag – 18.09.2006

Um 4:30 Uhr klingelte bereits der Wecker. Wer was erleben will, muss früh aufstehen. In unserem Fall den Sonnenaufgang über Machu Picchu, der etwas Mystisches besitzen soll. Die Voraussetzung waren heute allerdings denkbar schlecht: leichter Nieselregen. Wir waren froh uns für den Bus entschieden zu haben. Über unzählige Serpentinen ging es hinauf zur verlorenen Stadt der Inka auf rund 2.400 Höhenmetern. Die Kontrollen waren ziemlich penibel (mit Reisepass) und umständlich. Schließlich hatten wir es geschafft und konnten einen ersten Blick auf die sagenumwobene Stadt werfen. Theoretisch zumindest. Zu sehen gab´s nur relativ dichten Nebel, ab und zu konnte man eine Bergspitze und Ruinen erkennen. Trotzdem spürte man, dass etwas Besonderes von diesem Ort, umgeben von hohen Bergen im dichten Regenwald, ausging. Die Stille und die Berglandschaft ringsum versprühten eine gewisse Aura.

Am Watchmanshouse warteten wir gut anderthalb Stunden auf unsere Kollegen vom Inka-Tail. Wir hatten also genug Zeit den sich langsam auflösenden Nebel zu beobachten und Wetten abzuschließen, wie viele aus der Gruppe während der Wanderung Durchfall hatten. Die richtige Antwort war 3 und Joanna die glückliche Gewinnerin. Endlich kamen sie und wir begrüßten uns herzlich. Die Tour war anscheinend ziemlich anstrengend gewesen, jedenfalls sahen alle ziemlich mitgenommen aus. Der Inka-Trail verläuft parallel zum Urubamba-Fluss und dauert 4 Tage. Man überquert drei Pässe und kommt an mehreren Inka-Ruinen vorbei, die nur über diesen Weg zu erreichen sind. Wir gönnten den Neuankömmlingen noch eine Verschnaufpause und einen ausgiebigen Toilettenbesuch. Dann begann die 2stündige Besichtigungstour, geführt von Roberto, der auch den Inka-Trail mitgelaufen war.
Roberto wusste wieder viel zu berichten. Das Bemerkenswerte an ihm ist, wie emotional – mit Händen und Füßen – er alles erklärt. Sowas hatten wir selten erlebt. Machu Picchu wurde von der UNESCO 1983 in die Liste der Weltkulturerbes aufgenommen und ist das touristische Highlight Perus. Täglich besuchen ca. 2.000 Touristen die verlorene Stadt in den Bergen. Machu Picchu ist in drei Bereiche eingeteilt: Terrassen für die Landwirtschaft (die Erde wurde aus den furchtbaren Täler hochgeschleppt), einen Tempelbezirk und einen Wohnbereich. Entdeckt wurde die Anlage erst 1911 eher zufällig von Hiram Bingham, der eine Expedition der Yale-Universität leitete. Die Siedlung war damals von dichtem Regenwald überwuchert. Eigentlich war Bingham auf der Suche nach der geheimnisvollen Inka-Stadt Vilcabamba, in die sich die Inka geflüchtet haben sollen, nachdem Pizarro 1536 Cusco einnahm. Bingham glaubte, Vilcabamba gefunden zu haben, was sich jedoch als Irrtum rausstellte. Seinen Namen hat Machu Picchu übrigens von einem der benachbarten Berge erhalten.

Erbaut wurde die Stadt einer Theorie zufolge um 1450 von Pachacútec Yupanqui, einem Inka-Herrscher. Er schuf die Grundlagen für die Ausdehnung des mächtigen Inkareiches und führte den Kult um den Sonnengott Inti ein. Es gibt unterschiedliche wissenschaftliche Auffassungen darüber, ob die Stadt jemals fertiggestellt wurde. Aufgrund des gut erhaltenen Zustandes, ist man allerdings relativ sicher, dass die spanischen Eroberer die Anlage nicht entdeckt hatten. Der eigentliche Zweck der Bergsiedlung ist ebenfalls unklar. Auch wenn sich heute die Bedeutung vieler Paläste und Tempel nicht mehr bestimmen lässt, so zeugen doch sämtliche Bauten von der perfektionierten Steinmetzkunst der Inka. Mit Sand, Wasser und Meißeln bearbeiteten sie die tonnenschweren Felsblöcke so lange, bis sie ohne Zement so genau aufeinandergelegt werden konnten, dass selbst die schwersten Erdbeben der letzten 500 Jahre ihnen nichts anhaben konnten. Das Material wurde direkt vor Ort gewonnen, es befinden sich zwei Steinbrüche in der Stadt. Roberto meinte, dies wären die perfektesten Mauern Südamerikas. Kann durchaus sein.
Viele der Gebäude sind nach astronomischen Gesichtspunkten er- bzw. ausgerichtet worden. Die Sommer- und Wintersonnenwende spielte eine sehr wichtige Rolle in der Religion der Inka. Eines der bedeutendsten Denkmale ist Intihuatana, ein Sonnenstein, der eine astronomische Uhr und ein Zentrum der Zeremonien darstellte. Ein ausgefeiltes Bewässerungssystem sorgte dafür, dass auf den Terrassen eine reiche Ernte eingefahren werden konnte. Dazu trug auch die Verwendung von weißem Granit bei den Terrassenmauern bei, der die Sonnenstrahlen optimal reflektierte. Damit der Dschungel nicht wieder Oberhand gewinnt, werden Lamas, die hier frei rumspazieren und sich schon an die Touristen gewöhnt haben, als natürliche Rasenmäher eingesetzt. Was noch auffällt ist, dass kein Souvenirverkäufer hier oben sein Geschäft verrichtet. Wir hatten das Gegenteil befürchtet.

Während der Besichtigungstour kam es immer wieder zu kleinen Regenschauern. Uns ging ein Gedanke nicht mehr aus dem Kopf: wann wird endlich der Nebel vollständig verschwinden und wir können DAS Erinnerungsfoto von Machu Picchu mit dem Huayna Picchu, dem „Zuckerhut“ Perus, im Hintergrund schießen. Der Sonnengott Inti hatte ein Einsehen und am Ende der Tour herrschten optimale Sicht- bzw. Fotoverhältnisse. Glücklich und durchnässt ging es zum Mittagstisch. Wir stärkten uns landestypisch mit Kartoffeln, in frittierter Stäbchenform.

Bis zur Abfahrt des Busses hatten wir noch gut 2 Stunden Zeit zur freien Verfügung. Wir entschlossen uns zusammen mit Susan zum Sun Gate aufzusteigen. Wir mussten ziemlich stramm marschieren, denn die Zeit war sehr knapp bemessen. Die Anderen vom Inka-Trail hatten das Sun Gate bereits heute früh passiert. Von hier aus kann man zum ersten Mal Machu Picchu sehen. Am Anfang machten wir einen kurzen Abstecher zur Inka-Brücke. Die Brücke war Teil des ursprünglichen Inka-Pfades und ist heutzutage gesperrt. Kein Wunder, denn der Weg ist dort teilweise nicht mal einen Meter breit und es geht steil bergab. Unser Weg zum Sun Gate war im Gegensatz dazu human und nur manchmal steil. Einzig die vielen Touristen störten. Die nahmen aber mit zunehmender Höhe ab. Warmduscher! Nach 70 Minuten reichten wir unser Ziel. Man hatte uns nicht zu viel versprochen, die Aussicht auf Machu Picchu ist super. Einen noch besseren Blick auf Machu Picchu soll man nur noch vom Huayna Picchu (2.720m) aus haben, dafür hätte die Zeit aber niemals gereicht. Am Sun Gate trafen wir eine Familie aus Frankfurt und kamen schnell ins Gespräch. Innerhalb von Minuten kam Lothar´s hessischer Dialekt zum Ausbruch, instinktiv. Leider dauert es immer etwas länger, bis er wieder verschwunden ist. Als wir pünktlich zur Busabfahrt unten ankamen, konnte Andrea ihn wieder problemlos verstehen.

Die Serpentinen-Abfahrt war kurzweilig. Dafür sorge vor allem ein Junge der geradeaus den Berg hinunter rannte und immer wenn der Bus den Weg kreuzte laut aufheulte, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Er schaffte es tatsächlich früher unten im Tal anzukommen als der Bus. Der Busfahrer ließ ihn einsteigen, damit er ein kleines Trinkgeld einsammeln konnte. Ein extra Trinkgeld bekam auch Robert, der engagierte und redegewandete Fremdenführer, von uns. Der hatte gar nicht mit unserem Tipp gerechnet, da wir ja nicht mit ihm den Inka-Trail gewandert sind. Aber sein Einsatz musste belohnt werden.

Am Bahnhof in Aguas Calientes herrschte Chaos. Unsere Gruppe schaffte es schließlich doch noch rechtzeitig im richtigen Wagon zu sein. Wie schon bei der Hinfahrt regnete es fast während der gesamten anderthalbstündigen Zugfahrt bis Ollantaytambo. Danach ging es nochmal genauso lange mit dem Bus bis nach Cusco. Wir waren wieder im Hotel ‚Ramacpampa‘ untergekommen, leider auch wieder im selben Zimmer. Mittlerweile war es 20 Uhr und wir schon 15,5 Stunden auf den Beinen. Mit letzter Kraft schleppten wir uns zu einem Restaurant. Pizza schmeckt auch in Peru gut, war eine der Erkenntnisse des heutigen Tages. Todmüde fielen wir in unsere Betten und ließen den wunderschönen Tag Revue passieren.


216. Tag – 19.09.2006

Freizeit bzw. Zeit zur freien Verfügung war heute angesagt. Kein Tourprogrammpunkt, wir konnten machen was wir wollten. Im Gegensatz zu den Anderen hatten wir aber viel Organisatorisches zu erledigen. Leider geht es Andrea heute Morgen nicht so gut.

Als Erstes rufen wir bei StaTravel an. Keine Neuigkeiten bzgl. der Flüge nach Südafrika. Danach Anruf bei Elefanttours. Es gibt definitiv keine Plätze mehr für die „Luxustour“ mit Übernachtung in einfachen Unterkünften. Die Agentur hat für uns jetzt die einfache Variante gebucht: Drei Wochen zelten. Buhh, Lothar ist skeptisch. Zumindest fällt die weitere Planung etwas leichter, denn wir haben jetzt einen Start- bzw. Endtermin. Spätestens am 08.10. müssen wir in Kapstadt sein.

Weiter ging’s ins nächste Internet-Café. Wäre doch gelacht, wenn wir nicht preisgünstig über den Atlantik fliegen könnten. Nach ca. einer Stunde machte sich Ernüchterung breit. Die günstigsten Flüge sind mehr als doppelt so teuer wie der Flug von Frankfurt nach New York. Angebot und Nachfrage bestimmen auch hier den Preis. Letztendlich kristallisierten sich zwei Möglichkeiten heraus: a. Wir fliegen am 27.09. von Buenos Aires und haben reichlich Zeit Südafrika auf eigene Faust zu erkunden oder b. Wir fliegen erst am 4.10. von Rio und können die Zeit bis dahin in Südamerika (wo auch immer) verbringen. Wir müssen uns entscheiden, je früher desto besser.

Nächste Station: Das Büro der LAB. Was kosten Flüge nach Buenos Aires und Rio de Janeiro und wie sieht die Verfügbarkeit aus? Erkenntnis: Kosten bewegen sich im erträglichen Rahmen und es gibt (noch) genügend freie Plätze. Zurück zum Hotel, Lothar muss erst mal was essen. Zusammen mit Mike, Yvonne und Susan geht´s zu „Moni“. Andrea hat keinen Appetit und geht zu Bett. Ihr geht es immer schlechter. Auf das Essen mussten wir ne halbe Ewigkeit warten und es hat sich noch nicht mal gelohnt. Nach Rückkehr intensive Diskussion im Hotelzimmer über die nächsten Reiseschritte. Lothar nutzt Andrea Schwächephase schamlos aus und überredet sie zwei! Städtetouren zu machen: Buenos Aires und Rio! Man(n) kann nie genug kriegen.

Warten! Stromausfall in Cusco (anscheinend etwas ganz Normales, niemand außer uns regt sich auf). Als das Licht wieder anging, machten wir uns auf den Weg zum Internet-Café. Das Wichtigste zuerst: Flug nach Kapstadt buchen. Klappt nicht! Es können keine E-Tickets bei der SAA gebucht werden. Wir schreiben eine Mail an StaTravel und bitten um Hilfe. Weiter zum LAB-Büro und ein Flugticket von LA Paz nach Buenos Aires für den 25.09. gebucht. Wir machen die Angestellte mit unseren vielen Fragen wohl etwas nervös. Sie stellt das Ticket zuerst versehentlich auf den 21.09. aus. Den Flug von Buenos Aires nach Rio de Janeiro buchen wir heute noch nicht, da wir nicht 100% sicher waren, ob wir nicht noch zusätzlich die Iguazú-Wasserfälle besichtigen sollten. Ihr wisst ja: Man(n) kann ja nie genug bekommen.

Für Andrea war der Tag gelaufen. Nur noch zurück ins Hotel und ins Bett. Sie war wirklich sehr tapfer gewesen und hatte lange durchgehalten. Hoffentlich geht es ihr morgen besser. Es ist später Nachmittag. Lothar zieht noch mal mit dem Camcorder los, um wenigstens noch ein paar Eindrücke von Cusco zu bekommen.
Wirklich schade, dass wir Cusco nicht intensiver und in Ruhe erforschen konnten. Die ganze Stadt wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt und vermittelt durch ihre prächtigen Kolonialbauten einen sehr guten Eindruck von damals. Lothar´s Erkundungstour beschränkte sich im Wesentlichen auf die Gebäude rund um den ‚Plaza de Armas‘, dem großen, zentralen Platz von Cusco. Bestimmt wird der Platz von zwei großen Gebäuden: zum einen natürlich die Kathedrale von Cusco, die von 1560 bis 1654 auf den Grundmauern des Palastes des 8. Inka-Königs Viracocha erbaut wurde, zum Anderen ‚La Compañía de Jesús‘ – die Kirche der Jesuiten, die etwas später fertiggestellt worden war. Hier wurden die Grundmauern des Palastes von Huayna Cápac, dem 11. Herrscher der Inka genutzt. Sie übertrifft die Kathedrale in Prunk und Schönheit, was damals zu einem Kirchenstreit führte. Besonders der goldverzierte große Holzaltar beeindruckt. Es wurde wieder Zeit für die Rückkehr. Es war mittlerweil dunkel geworden und der Platz erstrahlte hell beleuchtet. Eine ganze besondere Atmosphäre auf rund 3.400 Metern Höhe.

Wie verabredet traf sich die Gruppe zum gemeinsamen Abendessen. Andrea blieb im Bett. Es waren übrigens noch ein paar Andere, die sich auch nicht fit fühlten. Das Essen dauert fast genauso lange, wie die tägliche Abrechnungsorgie von Joanna. Die Rechnungen im Restaurant bekamen wir grundsätzlich nur gesamt. Joanna‘s tägliche Aufgabe war es, die Rechnung wieder auseinander zu dividieren. Na ja, das dauert halt. Und bei Joana halt doppelt so lange. Die Leihgebühr für die Luftmatratzen vermieste uns zusätzlich die Stimmung. 27 US Dollar für drei Tage. Wucher!

Noch mehr Fotos gibt´s in unserem Webalbum.