11. Dezember 2009

Auf dem Titicaca-See

217. Tag – 20.09.2006

Andrea geht es wieder besser – taffes Mädel! Heute stand eine lange Busreise nach Puno an. Noch vor dem Frühstück riefen wir bei StaTravel an. Der Flug nach Kapstadt ist gebucht und die Unterlagen per Email zugesandt. Super! Wir müssen natürlich gleich nachschauen im Internet. Mist! Die haben den Flug nur bis Johannesburg gebucht. E-Mail zurückgeschrieben mit der Bitte um Korrektur! Wir bleiben erstaunlich ruhig.

Mit dem Kleinbus geht es zunächst zur Busstation in Cusco. In einem modernen Reisebus starteten wir um 8:30 Uhr die etwa 400 km lange Fahrt. Die Landschaft änderte sich während der Fahrt wenig. Für die Höhe typische Grasvegetation, umgeben von den Bergen der Anden. Ziemlich eintönig. Einen Zwischenstopp machten wir auf einem Pass in Höhe von 4.335 m Höhe. Die obligatorischen Souvenirverkäufer inkl. Lamas und Alpakas waren auch vor Ort. Um 15 Uhr erblickten wir zum ersten Mal Puno. Ein Häusermeer, dicht an dicht, das man kaum von der kargen Landschaft unterscheiden kann. Umso intensiver strahlte der Titicaca-See in dunkelblau. Sehr beeindruckend!

Unser Hotel, das Wary Nayra, fällt unter die Kategorie “durchschnittlich“, obwohl es einen Pool und eine Sauna hat. Die Männerumkleide roch nach Urin. Die Sauna sparten wir uns. Vorm Abendessen machten wir noch einen Spaziergang an den See. Der Titicaca-See ist der größte See Südamerikas und etwa 15mal so groß wie der Bodensee. Zudem ist er das höchstgelegene schiffbare Gewässer der Erde. Er liegt auf einer Höhe von 3.810 m über dem Meeresspiegel, ist 194 km lang und 65 km breit und hat eine maximale Tiefe von 365 m. Mehr als 25 Flüsse fließen in den Titicaca-See. Den einzigen Abfluss bildet der Río Desaguadero, der etwa 10% des überschüssigen Wassers befördert. Das restliche Wasser verdunstet.

Am Abend war geselliges Beisammensein geboten. Wir trafen uns in einem (bei den Touristen) angesagten Restaurant. Spezialität des Hauses: ‚Guinea pigs‘, Meerschweinchen. Gebratenes Meerschwein ist ein traditionelles Gericht der peruanischen Küche. Beim ‚Cuy chactado‘ wird das Guinea Pig ausgenommen und als Ganzes gebraten. Für europäische Augen wirkt die Anrichtung auf dem Teller sehr befremdlich, um nicht zu sagen abstoßend. Einige Mutige aus unserer Gruppe probierten es. Lothar begnügte sich mit einem Schenkel. Schmeckt wie Huhn. Nach dem Essen sorgte eine Musikcombo zusammen mit einer Tanztruppe für Unterhaltung. Volkslieder und traditionelle Tänze wurden dargeboten. Wir hörten zum ersten Mal während der Tour die Panflöte, das Musikinstrument schlechthin von Peru. ‚El Cóndor Pasa‘, ein altes peruanische Volkslied fanden wir besonders schön. Die Melodie übernahmen übrigens ‚Simon and Garfunkel‘ für einen ihrer bekanntesten Songs.


218. Tag – 21.09.2006

Mit der Fahrradrikscha geht es früh morgens zum Hafen. Dort stiegen wir in eines der rund zwei Dutzend Motorboote im Hafen um. Das wir wohl das lahmste erwischt hatten, merkten wir erst später. Dabei war der Namen des Boots so vielversprechend: Andrea. Wir waren offensichtlich die Ersten heute Morgen. Nicht die kleinste Welle verzerrte das perfekte Spiegelbild der Berghügel im See. Faszinierend. Kaum hatten wir das Hafenbecken hinter uns gelassen, durchfuhren wie eine mehrere hundert Meter breite grüne Algenschicht, Rechts und links immer wieder kleine Schilfinseln. Nach ca. 20 Minuten hatten wir unser Ziel, die „Islas Flotantes“, die schwimmenden Inseln der Urus, erreicht.
Das Volk der ‚Uru‘ (spanisch Uro) begann schwimmende Inseln zu bauen, um sich vor den kriegerischen Inka zu schützen bzw. sich vor ihnen zu verbergen. Es gelang, die Inka konnten die Urus nie besiegen. Immer wenn ein Angriff drohte, zogen sie sich mit den Inseln auf das Innere des Sees zurück. Die Inseln bestehen aus kreuzweise aufgebrachten, ca. 2 Meter dicken Lagen aus Totora-Schilf. Das gleiche Material verwenden sie auch zum Bau ihrer beeindruckenden Schiffe.

Als wir mit unserer „Andrea“ anlegten, wurden wir mit Musik begrüßt. Es war schon ein komisches Gefühl, von dem einen schwankenden Untergrund zum anderen überzutreten. Aber man gewöhnt sich schnell daran. Am Anfang erklärte man uns einiges über das tägliche Leben auf den Inseln. Eine Kostprobe frisch geschnittenen Schilfes bekamen wir auch. Schmeckt nach Papier. Die Bewohner leben vorwiegend vom Tourismus und vom Fischfang. Ob wirklich alle Urus noch auf den ca. 40 schwimmenden Inseln leben, möchten wir mal in Frage stellen. Es wirkt schon alles ziemlich touristisch. Zumindest die dort lebenden Urus haben es sich gemütlich gemacht. Wir sahen einige Solarkollektoren auf den Schilfdächern für elektrisches Licht und für den Fernseher. Ob sie auch einen Internet-Anschluss haben, wissen wir nicht. Jedenfalls müsste das WLAN ziemlich leistungsstark sein.

Einen kleinen Ausflug mit einem Schilfboot machten wir auch. Eine Katze und ein kleines Mädchen waren unsere treuen Begleiter. Beide überhaupt nicht scheu und sehr fotogen. Von unterwegs konnten wir auch mehrere Inseln in der Entstehungsphase sehen. Die Inseln müssen nach ca. 2 Jahren neu gebaut werden, da das Schilf von unten wegfault. Nach rund einer Stunde war die Inselbesichtigung auch schon wieder zu Ende, die nächste wartete schon.
Herrlicher Sonnenschein konnte unsere Langeweile auch nicht so recht mildern. Uns kam es vor wie eine halbe Ewigkeit, bis wir nach gut 2,5 h die Insel Taquile betreten konnten. Ein normales Boot hätte für die Strecke wahrscheinlich nur eine Stunde gebraucht, nicht jedoch unsere betagte ‚Andrea‘. Die meisten aus unserer Truppe machten ein Nickerchen, trotz der lauten Motorengeräusche. Der Kapitän und der Guide spielten mit Karten für Erwachsene, d. h. entsprechende Bilder zierten die Karten. Von der Anlegestelle begann eine ca. einstündige Wanderung bis zum zentralen Platz der Insel. Wir waren alle froh, uns endlich bewegen zu können.

Auf der zu Peru gehörenden Insel Taquile leben heute etwa 1.600 Quechua. Das Volk auf der 5,5 km langen und 1,6 km breiten Insel wurde erst spät entdeckt, weil sie sich bei Ankunft von Fremden versteckten. Machen sie heute übrigens nicht mehr. Berühmt sind die Inselbewohner heute wegen ihrer strickenden Männer. Die Insel wird deshalb auch liebevoll „Insel der strickenden Männer“ genannt. Am Marktplatz angekommen, erblickten wir sie auch schon in der Ecke sitzend und die Stricknadel schwingend, ob nun nur der Touristen wegen oder aus Tradition heraus verschließt sich unserer Kenntnis. Ansonsten gab es noch andere Männer und Frauen in Trachten zu beobachten. Auf eine tiefergehende Erläuterung seitens unseres Guides warteten wir vergebens. Eines wusstet er doch zu berichten: Die Farbe der Zipfelmütze bei den Männer hat eine Bedeutung: weiß = Junggeselle, rot = verheiratet. Danach führte er uns noch in einen Handarbeitsladen. Hier konnte (und sollte) man selbstgestrickte und gewebte Sachen käuflich erwerben.
Wir speisten bei einer vorher zugeteilten Familie. Anscheinend ist jeden Tag eine andere Familie an der Reihe. Das Essen war einfach, aber gut. Der Blick auf den blauen Titicaca-See war das Beste daran. Für den Rückweg wählten wir den kürzeren, steileren Weg. Und schon saßen wir auch wieder im Boot. Drei Stunden über den See, ganz laaaaangsam. Oh, mein Gott! Wir hatten das Gefühl, dass wir wegen eines mittelmäßigen Essens 5,5 h unterwegs waren. Unsere Reiseleiterin Joanna bekam ganz schön was zu hören von allen aus der Gruppe.

Den Rest des Tages erkundeten wir Puno auf eigene Faust. Auf der Straße war gerade eine Art Karnevalsumzug im Gange. Anlass war der Abschluss des Highschool-Jahres, wie wir später erfuhren. Mehrere Trachtengruppen, mit und ohne Musikbegleitung, sowie ein paar Männer verkleidet als Bären sorgen für Spaß und Unterhaltung. Ein ganz besonderes Erlebnis hatten wir am Abend. Nicole und Rich waren wieder dabei, nachdem sie gestern gesundheitsbedingt eine Auszeit genommen hatten. Rich, der alte Australier, hatte mitbekommen, das gestern die Guinea Pigs dran glauben mussten. Das wollte er natürlich auch ausprobieren und bestellte ein Exemplar. Dass seine Freundin Nicole Vegetarierin ist, störte ihn zumindest in diesem Moment nicht. Dann kam der Teller, „wunderschön“ angerichtet. Das Tier lag auf dem Rücken und schaute seinen neuen Besitzer liebevoll an. Die Beißerchen waren noch deutlich zu erkennen. Rich legte unbeirrt los und Nicole neben ihm sah fassungslos zu. Ein Bild für Götter.


219. Tag – 22.09.2006

Heute stand wieder eine lange Busfahrt bis zu unserem Tourziel La Paz auf dem Programm. Rich geht es heute Morgen hundsmiserabel. Oder sollte man besser sagen meerschweinchenschlecht? Die Rache der Guninea Pigs? Als wir am Busterminal ankamen, lassen wir ihn freiwillig ganz vorne im Bus sitzen. Wir teilen uns den Reisebus mit noch einer anderen Gruppe. Alle Plätze waren belegt. Für den Reisebegleiter wurde extra ein Stuhl in den Gang gestellt.

Der Busfahrer nahm keine Rücksicht auf uns und erst recht nicht auf Rich und fuhr wie eine gesenkte S. Er kam aber nicht weit. Rich mochte die Landschaft um den Titicaca-See so sehr, dass er mehrere unplanmäßige Stopps einforderte. Aber Spaß bei Seite, wir machten uns langsam wirklich Sorgen um ihn. Nach ca. 2 Stunden waren wir alle erlöst, als wir an der bolivianischen Grenze ankamen. Die Grenzkontrollen gestalteten sich schwierig. Der Bus durfte nicht über die Grenze (ist glauben wir generell so). Also zuerst zur peruanischen Grenzkontrolle und den ‚Ausgang‘ quittieren lassen, dann 300 m bis zum bolivianischen Grenzhäuschen gehen, in die Schlage einreihen und warten. Die Grenzbeamten machten den Eindruck, als würden sie das Ganze hobbymäßig betreiben. Zumindest waren sie sehr ‚impressed‘ von unseren ganzen Visa im Reisepass. Mit Bolivien besuchen wir das 14. Land unserer Weltreise. Das Land wurde nach Simón Bolívar benannt, der die Unabhängigkeit von der spanischen Kolonialmacht erkämpft hatte. Eingequetscht fuhren wir in einem bereitstehenden Kleinbus weiter. Nach 10 Minuten hatten wir das Ziel, die Copacabana erreicht.

Irgendwie hatten wir uns den Strand doch etwas anders vorgestellt. Ganz zu schweigen von den leicht gekleideten Strandschönheiten. Dafür gab es aber jede Menge Tretboote zum Ausleihen. Die meisten werden es schon bemerkt haben, wir befinden uns nicht an dem berühmten Strand in Rio de Janeiro, sondern in einer bolivianischen Kleinstadt am Titicaca-See. Die Stadt gab der darunter befindlichen Halbinsel auch gleich Ihren Namen. Die Copacabana-Halbinsel ragt mit ihrem südlichen Ufer zum Festland und teilt den Titicacasee in einen größeren Teil im Nordosten und einem kleinen Teil im Südwesten. Der Nordteil der Halbinsel gehört zu Peru, der Südteil, auf dem wir uns gerade befinden, zu Bolivien.

Um die Ortschaft Copacabana zu erkunden hatten wir reichlich Zeit. Der Bus würde erst in anderthalb Stunden abfahren. Wir machten uns auf, den zentralen Platz zu finden. Das dauerte angesichts der Größe nicht lange. Eine Kirche steht – wie könnte es auch anders sein – im Mittelpunkt. Die Basilika von Copacabana wurde 1820 im maurischen Stil erbaut. Darin befindet sich die ca. einen Meter hohe Figur der „Virgen de Copacabana“. Die Figur wurde 1576 von einem Indio aus dunklem Holz geschnitzt und hat eine Krone aus purem Gold. Der Marienfigur werden zahlreiche Wunder und Heilungen zugeschrieben, sie wird als Schutzheilige des Titicaca-Sees verehrt.

Wir genossen die Stille in und außerhalb de Kirche. Bevor es weitergehen sollte, wollten wir noch Geld (wir waren schließlich in einem neuen Land) abheben und suchten einen Geldautomaten. Vergebens, war auch nicht anders zu erwarten. Die mitgeführten US-Dollars wurden aber mindestens genauso gerne gesehen, wie die Bolivianos. Die lustigen Fingerpuppen, die wir auf dem Markt sahen, mussten wir unbedingt kaufen. Dann ging es weiter. Wir hatten nicht nur einen neuen Bus, sondern vor allem einen anderen Fahrer. Jetzt konnten wir wenigstes die Landschaft genießen. Nach ca. 40 Minuten wurde die Panoramafahrt unterbrochen. Wir waren an der Südspitze der Halbinsel Copacabana angekommen und mussten die 800 Meter schmale „Straße von Tiquina“ mit der Fähre überqueren. Unser Bus wurde auf ein separates Boot aufgeladen. Machte irgendwie einen nicht so sicheren Eindruck. Wir setzten mit einem kleinen Motorboot über. Der Motor machte eine Heidenlärm und stank nach Motoröl. Wir waren heilfroh, als wir endlich drüben ankamen.
Nach weiteren 2,5h erreichten wir La Paz, ihres Zeichens mit 3.600 m die höchstgelegene Hauptstadt der Welt. La Paz liegt in einem ca. 400m tiefen Talkessel. Rund 900.000 Einwohner hat die Stadt. Unser Bus hielt oben auf dem Bergkamm und wir hatten einen beeindruckenden Blick auf das endlos erscheinende Häusermeer. Man kann gar nicht genau unterscheiden, wo hören die Häuser auf und wo fängt der Berg an. Alles überragend ist der imposante Illimani (6.439 m) mit seinen drei Gipfeln, den man sehr gut erkennen konnte.

Unser Hotel, das Diamante Azul, war das bisher beste Hotel während der Tour und liegt im Zentrum. Es war zwar erst 17 Uhr aber wir hatten keine große Lust auf Stadterkundung. Wir gingen nur schnell zum nächstgelegenen ATM, um ein paar Bolivianos in den Taschen zu haben. Abends hatten wir uns zum gemeinsamen Abendessen verabredet. Wir bestellten drei Taxis und fuhren nacheinander los. Von Joanna hatten wir nur den Namen mitgeteilt bekommen. „Der Taxifahrer weiß schon, wo das ist“ beruhigte sie uns. Das stimmte auch. Nur wusste Joanna anscheinend nicht, dass es mind. ein zweites Restaurant mit dem gleichen (oder ähnlichen) Namen gibt. Da standen wir nun zu dritt mit Susan warteten. Nach einer viertel Stunde wurden wir misstrauisch und riefen im Hotel an. Die konnten uns helfen und die richtige Adresse mitteilen. Mit einer halben Stunde Verspätung erreichten wir schließlich das richtige Restaurant. Typisch Joanna, dachten wir. Nach dem Essen waren wir sicher: Wir hätten das Restaurant nicht wechseln sollen.

Noch mehr Fotos gibt´s in unserem Webalbum.

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