21. Oktober 2008

Delhi und das Taj Mahal in Agra

121. Tag – 30.04.2006

Neues Land, neues Glück!? Was würde uns in Indien erwarten? In Thailand ist ja einiges schief gelaufen. Indien war auf Lothars speziellen Wunsch auf unserer Reiseroute gelandet. Sein Großvater hatte insgesamt 12 Jahre in Bombay gearbeitet und war dort während des Ersten Weltkrieges in englische Kriegsgefangenschaft geraten. Bei unseren Vorbereitungen waren wir auch auf den Werbeslogan des indischen Tourismusverbandes aufmerksam geworden: „Incredible India!“ – „Unglaubliches Indien!“. Das man das auch zweideutig sehen kann, merkten wir recht schnell. Eine Sache machte uns bereits jetzt – wenige Minuten nach der Ladung – Kopfzerbrechen: Die Hitze! Diesen Aspekt hatten wir wohl total falsch eingeschätzt. Was würde aus unseren Plänen die Wüstenpaläste von Rajasthan zu besuchen?

Die Fahrt zu unserer Unterkunft, dem New Delhi Bed & Breakfast, war kurz. Es war bereits nach Mitternacht, als uns unsere Gastgeberin Renu empfing. Sie vermietet zwei Zimmer ihrer Wohnung an Gäste. Wir bekamen das blaue Zimmer. Echt schön. Es war übrigens ein ganz besonderer Tag: Die Eintracht stand nach 18 Jahren mal wieder im Pokalendspiel. Damals, wer erinnert sich nicht: Freistoß Détári…

Lothar konnte sein Glück gar nicht fassen, als er unter einen der rund 70zig Kanäle, der Satellitenschüssel sehr dank, einen Sender erwischte, der das Endspiel live übertrug. Es sah zwar so aus, als würde die Partie bei starken Schneestübern in Sibirien stattfinden, aber das Wichtigste bekam man doch mit. Renu servierte uns zum Sportgroßereignis auch noch stilgerecht Popcorn und indisches Bier. Die Rahmenbedingungen waren perfekt, nur…wie könnte es auch anders sein: die Eintracht nicht. Endstand 1: 0 für die Bayern. Gott sei Dank, oder besser gesagt Andrea sei Dank, haben wir es nicht ernsthaft in Erwägung gezogen, unsere Weltreise für eine Fahrt nach Berlin zu unterbrechen.

Gegen 9:00 Uhr sind wir aufgestanden und haben gefrühstückt. So gut, wie seit langen nicht mehr. Wir waren aber noch so gezeichnet von den Strapazen der Anreise und der Finalniederlage, das wir uns kurzer Hand nochmal für ein paar Stunden auf´s Ohr legten. Ausgeruht wollten wir am Nachmittag Delhi erkunden und mieteten für 4 Stunden ein Auto samt Fahrer. Renu organisierte das für uns und empfahl uns eine geeignete Kombination von Sehenswürdigkeiten.

Delhi vs. Neu-Delhi, was ist der Unterschied? Das haben sich wohl schon viele Touristen gefragt. Der englische König und Kaiser von Britisch-Indien, Georg V, entschied 1911 das die Hauptstadt von Kalkutta nach Delhi verlegt werden sollte. Ein Regierungsviertel bzw. eine ganze Stadt wurde neu geplant. 1931 wurde dann offiziell Neu-Delhi Hauptstadt von Indien und hat mittlerweile rund 300 000 Einwohner. Beide Städte bilden jedoch eine Einheit, mit zusammen ca. 12 Mio. Einwohnern. Man kann heute (damals schon) eigentlich nicht erkennen, wann die eine Stadt aufhört und die andere anfängt. Delhi ist nach Mumbai die zweitgrößte Stadt Indiens. Indien ist mit 1,2 Mrd. Menschen nach China das bevölkerungsreichste Land der Erde. In ein paar Jahrzehnten wird es sogar die Nr. 1 sein. Die Folgen werden drastisch sein, das kann man schon heute sagen. Eine staatliche Familienpolitik, wie in China, gibt es in Indien (noch) nicht. Von der Fläche ist Indien übrigens ca. 10mal so groß wie Deutschland.

Zunächst ging es auf unserer kleinen Sightseeing-Tour zum Lotustempel der Bahai-Religionsgemeinschaft, von den Bahai „Haus der Andacht“ genannt. Die Bahai-Religion entstand im 19. Jahrhundert und hat heute weltweit etwa 7,7 Millionen Anhänger. Die Bahai glauben an Nächstenliebe und das friedliche Zusammenleben aller Menschen. Der Tempel, der Anhängern aller Religionen für Gebet und Meditation offen steht, hat die Form einer sich öffnenden Lotusblüte, daher der Name: Lotustempel. Uns erinnerte er sehr stark an die Oper in Sydney. Vor dem Betreten des Tempels, mussten alle die Schuhe ausziehen. Der Innenraum besteht aus einer einzigen großen Halle, trotz der vielen Menschen herrschte eine ruhige, friedliche Atmosphäre. Wir besuchten auch das kleine Museum des Tempels. Es wurde die Entstehungsgeschichte der Religion, die wichtigsten Akteure, die Prinzipien des Bahai-Glaubens und die heutige Verbreitung gezeigt. Ganz interessant. So lernten wir, dass es in Hofheim am Taunus das erste europäische „Haus der Andacht“ errichtet wurde. Draußen erwartete uns dann die Hitze wieder, über 40 Grad. Da half nur viel trinken und schnell ins Auto mit Klimaanlage.

Wir fuhren zum Humayun-Mausoleum, dass in der Mitte des 16. Jahrhunderts für den zweiten Herrscher des Großmogulreiches errichtet wurde. Die Grabanlage besteht aus mehreren Bauten, die in einer großzügigen Parkanlage liegen. Es gilt als das erste Mogulgrab in Indien und in vielen seiner architektonischen Elemente als Vorbild für das berühmte Taj Mahal. Seit 1993 gehört diese schöne Anlage zum UNESCO-Weltkulturerbe. Wir schauten uns die einzelnen Gebäude an – neben dem Hauptgrab gibt es auch ein Grabmal für Haji Begum, die Witwe von Humayun und Auftraggeberin für sein Mausoleum. Im Park trafen wir auf hunderte Eichhörnchen, die uns an Scrat aus dem Trickfilm „Ice Age“, den wir vor ein paar Tagen in Thailand gesehen hatten, erinnerten.

Auf dem Weg zurück nach Vasant Kunj, dem Stadtteil von Delhi in dem unsere Unterkunft liegt, vielen uns die vielen Kühe auf, die einfach so auf den Straßen rumlaufen und teilweise den Verkehr zum Erliegen bringen. Kühe sind in Indien bekanntermaßen heilig und keiner wird auf den Gedanken kommen sie zu vertreiben. Wir dachten uns, was wohl mit demjenigen geschieht, der ein Kuh bei diesen chaotischen Verkehrsaufkommen aus Versehen umfährt. Gott – welcher auch immer – steh´ ihm bei. An den Ampeln kamen immer wieder Bettler an unser Auto und klopften an die Scheibe. Wohl auch weil sie sahen, dass wir Ausländer sind. Die Armut, die man entlang der Straßen sieht, ist schon erschreckend.

Abends fuhren wir mit einer Motorradrikscha zum Priya-Komplex, einem Einkaufszentrum mit vielen Restaurants und Shops in der Nähe unserer Unterkunft. Renu hatte uns das fürs
Abendessen empfohlen. Wir landeten schließlich in einem chinesischen Fastfood-Restaurants mit ganz gutem Essen. Besonders bemerkenswert war die Fleischwarenabteilung in einem Supermarkt, in dem wir noch ein paar Kleinigkeiten besorgten. Die Fleisch- und Wursterzeugnisse waren sauber und gekühlt hinter einer Theke aufgebart, wie wir es von Deutschland her kannten. Allerdings irritierte uns sehr, dass aufgrund es mangelnden Platzes die zwei Metzger mit Straßenklamotten auf der Theke saßen und von dort das Fleisch zubereiteten. Der hölzerne Hackklotz an dem das Blut vergangenen Tage (und Monate) noch zu sehen war, durften natürlich nicht fehlen. Incredible India!.

Als wir zurückkamen, war gegenüber in einem riesigen Zelt gerade eine Hochzeit zu Gange. Lothar war neugierig und wollte direkt mal ins Zelt rein, Andrea war das zu peinlich. Wir wurden schließlich von ein paar Servicekräften entdeckt und eingeladen, mal am Rande zuzuschauen. Etwa 200 Gäste (nichts Außergewöhnliches für indische Verhältnisse) schienen recht viel Spaß zu haben. Wir sahen noch den Einzug des Hochzeitspaares und gingen dann. Renu erklärte uns, dass aufgrund der günstigen Sternenkonstellation heute viele Hochzeiten in Delhi stattfinden würden.


122. Tag – 01.05.2006

Für heute mieteten wir uns wieder ein Auto mit Fahrer, direkt für acht Stunden, da wir uns Einiges vorgenommen hatten. Vor allem wollten wir heute unsere Fahrt zum Taj Mahal nach Agra organisieren. Wir wussten noch nicht wie es danach mit unserer Indien-Reise weitergehen sollte. Ursprünglich wollten wir ja weiter nach Rajasthan. Aber ob das bei den gerade herrschenden Temperaturen eine so gute Idee war? Daher wollten wie in Agra erstmal schauen, wie wir mit dem Klima zurechtkommen und dann weitersehen. Übrigens hat es nichts mit Dekadenz zu tun, wenn man sich als Ausländer ein Auto mit Fahrer mietet, sondern mit schierem Überlebenswillen. Selber mit dem Auto zu fahren ist glatter Selbstmord und der Nahverkehr von Vasant Kunj aus ist quasi nicht existent.

Auf dem Weg zum Bahnhof von Neu-Delhi hielten wir zunächst im Regierungsviertel an und schauten uns die Parlamentsgebäude und das nahe gelegene India Gate an Dies erinnerte uns an den Triumphbogen in Paris. Das India-Gate wurde als Mahnmal für die gefallenen indischen Soldaten aus dem 1. Weltkrieg errichtet. Die Straßen im Regierungsviertel sind großzügig angelegt. Man merkt, dass die Stadt auf dem Reißbrett entstanden ist.

Dann ging es weiter zum Bahnhof. Unser erster Eindruck: sehr klein für einen Hauptstadtbahnhof, alles leicht chaotisch wegen der vielen Menschen und Baustellen. Wir wollten zum „International Tourist Bureau“, lt. Lonely Planet ist es dort für Ausländer am einfachsten Fahrkarten zu kaufen. Nachdem wir die Menschenschlangen im Schalterraum gesehen hatten, glaubten wir das auch unbesehen. Das Büro sollte im ersten Stock sein. Irrtümlich landeten wir aber auf den Übergängen zu den Bahnsteigen, wo uns ein „netter“ Mann ansprach und uns sagte, dass das Ticketoffice wegen Bauarbeiten umgezogen sei und man die Fahrkarten jetzt im „Delhi Tourism Office“ am Connaught Place bekäme, es gäbe einen Shuttleservice. Wir hatten zwar Zweifel, aber die Bauarbeiten sahen wirklich recht umfangreich aus und da wir das Ticketoffice nirgendwo sahen, wollten wir zumindest zur staatlichen Touristeninformation („Gouverment of India Tourism Office Delhi“), die ebenfalls am Connaught Place liegt.

Der nette Herr verfolgte uns bis zu unserem Auto und rief dem Fahrer noch was zu. Unser Fahrer brachte uns natürlich trotz eindeutiger Ansage (nämlich zur offiziellen Touristeninformation zu fahren) zum „Delhi Tourism Office“ – einer stinknormale Reiseagentur. Dort sagte man uns, die Züge seien ausgebucht und wir sollten doch mit dem Bus fahren und überhaupt, was unsere Pläne wären. Man könnte uns günstige Tourpakete anbieten. Ganz toll – nur schnell raus da. Am frechsten war die Lüge, hier sei die staatliche Touristeninformation! Uns konnte man nicht so leicht hinter´s Licht führen. Wir hatten unsere Lektion in Thailand gelernt, Wir fanden schließlich die staatliche Touristeninfo, wo man uns sagte, dass das es keinerlei Umzug gegeben hätte. Sie kannten das Spielchen schon. Wir waren wohl auf der falschen Seite des Bahnhofs gelandet. Diesmal ließen wir uns zum Haupteingang des Neu-Delhi Bahnhofs bringen und tatsächlich: riesengroße Schilder, die auf das Touristenbuchungs-Office hinwiesen. Wir kauften zwei Tickets nach Agra für den nächsten Morgen und ärgerten uns, über die verlorene Zeit.
Nachdem wir endlich unsere Fahrkarten hatten, fuhren wir zur Jama Masjid-Moschee in Old Delhi, die größte Moschee Indiens. Bereits von weitem ist das beeindruckende rot-weiße Gebäude sichtbar. Man geht eine große Treppe hinauf zum Eingangstor, von dem man einen tollen Blick auf das Rote Fort und die engen Gassen von Old Delhi hat. Drinnen mussten wir die Schuhe ausziehen. Auf dem riesigen Innenhof finden bis zu 25.000 Gläubige Platz. Da die Steinplatten des Hofes unerträglich heiß waren, sind zum Laufen Teppiche ausgelegt. Wir konnten das Minarett besteigen. Oben gab es keine richtige Plattform und wir teilten uns den knappen Platz mit einem Dutzend Indern. Aber die tolle Aussicht entschädigte vollkommen


Die Hitze machte uns weiter zu schaffen, aber wir wollten noch ein bisschen was von Delhi sehen. Leider ist das Rote Fort montags geschlossen und so besuchten wir stattdessen „Purana Qila“, auch „Old Fort“ genannt. Das in der Mitte des 16. Jahrhunderts erbaute Fort ist heute größtenteils eine Ruine. Erhalten sind die Moschee Qila-i-Kuhna und Sher Mandal, ein achteckiger Turm aus rotem Sandstein, in dem sich die Bibliothek des Humayun befunden haben soll. Dessen Grab hatten wir ja erst gestern besucht und hier war es zu dem tragischen Unfall gekommen, der zu seinem Tod führte: Er rutschte beim Treppesteigen aus, stürzte und zog sich dabei schwere Verletzungen zu, von denen er sich nicht mehr erholte.

Zum Abschluss unserer Tour besuchten wir Safdarjung’s Grabmal, das unser Fahrer nach einigen Schwierigkeiten auch fand. Nach der Aktion heute morgen hatten wir ein bisschen die Nase voll von ihm. Das Grabmal wurde in der Mitte des 18. Jahrhunderts errichtet und ist eines der letzten Zeugnisse der typischen Architektur des Mogulreiches, das in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Absetzung des letzten Moguls durch die Briten sein Ende fand.

Wieder zurück in Vasant Kunj besorgten wir uns eine indische SIM-Karte, damit wir in Indien günstig mobil telefonieren können. Ging auch relativ problemlos und der Händler meinte, ab morgen müsste es funktionieren.

Abends bestellten wir mit Renu´s Hilfe indisches Essen bei einem Lieferservice und schauten zusammen ein Video an. Der moderne Bollywood-Film „Rang de Basanti“ war sehr interessant und sehr lang. Sehr kritisch zeigt der Film die Konflikte zwischen hinduistischen Nationalisten und Moslems im heutigen Indien und die Korruptheit indischer Behörden. Renu erzählte uns, dass der Film auf wahren Begebenheiten beruht. Wir packten dann noch schnell unsere Sachen und gingen „kurz“ schlafen. Morgen sollte es nach Agra gehen.


123. Tag – 02.05.2006

Nach etwa 3,5 Stunden schlaf klingelte der Wecker. Mit dem Taxi ging es zum Bahnhof. Das Auto schlich durch das morgendliche Delhi und machte komische Geräusche. Wir waren etwas besorgt – zur Recht: ca. 500 Meter vor dem Bahnhof gab das Auto den Geist endgültig auf. Na das fing ja gut an. Der Fahrer war etwas sauer, dass wir nicht den vollen vereinbarten Fahrpreis bezahlten, aber schließlich waren wir ja auch nicht am vereinbarten Ziel angekommen! Mit der Fahrradrikscha ging es dann zum Bahnhof, wir waren recht spät dran und mussten uns noch durch die Menschmassen einen Weg bahnen. Doch wir hatten Glück, erreichten den Zug pünktlich und fanden sogar problemlos unsere Plätze.

Unser Zug, der Shabati Express, ist für indische Verhältnisse ein echter Luxuszug. Er braucht für die Strecke nach Agra nur zwei Stunden. Diesen Luxus sollte man sich gönnen, denn der normale Zug hält circa alle 10 Minuten und braucht nach Agra eine Ewigkeit. Im Preis enthalten ist sogar ein Frühstück, das kurz nach Abfahrt serviert wird. Allerdings verging uns der Appetit gründlich, als wir aus dem Fenster schauten. Wir hatten gerade die Vororte von Delhi erreicht und konnten hunderte Inder bei der Verrichtung ihres morgendlichen Stuhlgangs beobachten. Unser Tipp an alle Touristen: Im Morgenzug bloß nicht aus dem Fenster schauen.

Agra, unser heutiges Ziel, liegt etwa 200 km von Delhi entfernt am Ufer des Flusses Yamuna. Die Stadt hat etwa 1,3 Mio. Einwohner und ist weltbekannt durch das Taj Mahal, Indiens berühmtestes Bauwerk. Es gibt viele Touristen, die von Delhi nur einen Tagesausflug machen, aber es gibt in Agra noch mehr zu entdecken und so wollten wir mindestens zwei Tage bleiben.

Mit dem Tuk-Tuk ging zum Hotel. Das Zimmer war für den Preis ganz in Ordnung. Leider ging es Lothar sehr schlecht, Erbrechen und Durchfall, eine üble Kombination. Da half nur ausruhen und viel (Cola) trinken. Unsere Entdeckungstour musste daher erstmal warten.


124. Tag – 03.05.2006

Wir schliefen erstmal lange aus. Inzwischen hatte auch Andrea der Durchfall erwischt. Gut das wir ein Hotelzimmer mit adäquater Sanitäreinrichtung genommen hatten!

Am Nachmittag unternahmen wir aber trotzdem eine kleine Sightseeingtour. Mit Mietwagen und Fahrer ging es zunächst zum Itmad-ud-Daulah, dem sogenannten „Baby Taj“. Dieses Mausoleum wurde für Mizra Ghiyas Beg errichtet, Wesir und Schwiegervater des Moguls Jehangir, von seiner Tochter errichtet. Das Mausoleum wurde aus Marmor und rotem Sandstein errichtet, wunderschöne Einlegearbeiten von Halbedelsteinen verzieren Wände und Böden. Es steht zwar im Schatten des Taj Mahal, ist aber durchaus einen Besuch wert.

Die nächste Station sollte das Rote Fort von Agra sein. Unser Fahrer/Führer machte einen kleinen Umweg auf die andere Seite des Yamuna-Flusses. Wir machten eine kleine Wanderung durch abgeerntete Melonenfelder und hatten dann einen tollen Blick auf das Taj Mahal auf der anderen Seite des Flusses, der im Moment ziemlich ausgetrocknet war. In der Entfernung konnten wir ein paar eine Fläche sehen, in der jede Menge Sachen zum Trocknen ausgebreitet waren. Der Fahrer erklärte uns, dass es früher noch viel mehr Wäschereien am Fluss gab. Doch um das Taj Mahal vor schädlichen Umwelteinflüssen zu schützen, wurden sehr viele Betriebe geschlossen.

Das Fort von Agra ist noch recht gut erhalten. Es wurde im 16. Jahrhundert von Mogul Akbar errichtet, hauptsächlich als militärische Einrichtung, und von seinem Enkel Shah Jahan als Palast ausgebaut. Wieder beeindruckten uns die filigranen Einlegearbeiten und die kunstvolle Architektur.

Unsere letzten Kräfte mobilisierten wir jetzt für den Besuch des weltbekannten Taj Mahals, seit 1983 UNESCO-Weltkulturerbe und 2007 zu einem der neuen sieben Weltwunder gewählt. Am Eingang standen viele Einheimische, die sich als Führer anboten. Warum nicht? Unser Führer erzählte uns viele spannende Sachen und wies auch auf die besten „Kodak“-Spots hin. Über dem Eingangstor aus rotem Sandstein thronen 22 Kuppeln, für jedes Jahr der Bauzeit eine. Das Taj Mahal wurde von Großmogul Shah Jahan als Gedenkstätte für seine zweite Frau Mumtaz Mahal errichtet, die bei der Geburt ihres 14. Kindes starb. Die Legende sagt, dass der Tod seiner Frau ihm das Herz brach und um seine Liebe zu beweisen, lies er dieses monumentale Grabmal aus
weißem Mamor errichten. Bereits von weitem strahlt das Taj Mahal in der gleißenden Sonne. Es steht auf einer Plattform, eingerahmt von vier weißen, schlanken Minaretten. Diese sind übrigens etwas nach außen geneigt, damit sie im Falle eines Erdbebens nicht auf das Taj fallen. Wir schlenderten des Wasserbeckens auf das Taj Mahal zu. Erst aus der Nähe erkennt man die kunstvoll aus Stein gehauenen Blumenornamente und Einlegearbeiten aus Halbedelsteinen. Die vier identischen Seiten des Taj Mahal sind mit Versen aus dem Koran verziert. Das Taj ist komplett symmetrisch erbaut und im Zentrum befindet sich das Grabmal von Mumtaz Mahal. Gestört wird die Symmetrie nur vom Grabmal für Shah Jahan selbst. Sein Sohn Aurangzeb setzte ihn gewaltsam ab, warf ihn jahrelang ins Gefängnis und ließ ihn dann im Taj begraben – gönnte ihm also kein eigenes Mausoleum.

Leider ging es Andrea dann so schlecht, dass wir zurück ins Hotel mussten. Der Fahrer versuchte uns noch für Morgen zu einem Ausflug nach Fatehpur Sikri zu überreden und bot uns Spezial-Sonder-Konditionen an. Aber wir wollten erstmal abwarten, wie es uns gesundheitlich geht. Wir waren froh, wieder im Hotel zu sein. Allerdings war es in unsere Situation etwas ärgerlich, dass die Klopapier-Rollen erstens sehr klein und zweitens abgezählt waren. Schon merkwürdig, wenn man wegen Klopapier quasi betteln muss. Incredible India!


125. Tag – 04.05.2006

Wir schliefen wieder lange, die halbe Nacht hatten wir beide auf dem Klo verbracht. Die Hitze war ja schon schlimm genug, aber das war jetzt doch etwas viel. Eine Reise durch die Wüstenstaat Rajasthan machte in dieser Situation nicht viel Sinn. Also gaben wir unsere Pläne schweren Herzens auf und beschlossen, erstmal nach Delhi zurückzufahren. Zu einem Ausflug in die ehemalige Hauptstadt des Mogulreiches Fatehpur Sikri, etwa 40 km von Agra entfernt, konnten wir uns auch nicht aufraffen.

Nachdem also jetzt unsere Entscheidung zur Rückkehr nach Delhi gefallen war, fuhren wir zum Bahnhof, um uns Tickets zu besorgen. Im Gegensatz zu Delhi gibt es in Agra keine spezielle Anlaufstelle für Touristen. Daher wurde der Ticketkauf zu einem Erlebnis der besonderen Art. Zunächst mussten wir mal auf das Ende der Mittagspause warten. Dann stellten wir uns an einem Schalter an, den ein freundlicher Inder uns gezeigt hatte, um die Formulare zur Beantragung des Tickets zu bekommen. In Indien musst man bei Ticketkauf für Fernreisen Name, Alter und Geschlecht angeben. Der Schalter vor uns hatte ein kleines Sprechloch und es ist schon erstaunlich, wie viele Arme da durch passten, um nach einem Formular zu greifen. Wir fragten uns, warum man die Formulare nicht einfach, in der Halle auslegt und warum es einen Beamten geben muss, der diese gewissenhaft austeilt. Wahrscheinlich würden die sonst zu Klopapier verarbeitet. Jedenfalls bekamen wir unser Formular, füllten es gewissenhaft aus und stellten uns dann am nächsten Schalter an, um das Formular abzugeben und unsere Tickets zu kaufen. Wir mussten ewig warten und Lothar fuhr die Ellenbogen aus, damit sich niemand vordrängelte. Inder kennen kein ordentliches hintereinander in der Schlage stehen. Sie tendieren dazu, im Pulk um ihr Ziel herum zu stehen und auf ihre Zielperson einzuquatschen. Hier hat der Einfluss der englischen Kolonialmacht nicht gewirkt. Nach etwa 1h Gedrängel sind wir endlich an der Reihe, aber der Schalterbeamte erledigt erstmal telefonische Aufträge, während sich hinter ihm im Büro drei Leute langweilen. Aber schließlich hielten wir unsere Fahrkarten für heute Abend in den Händen.

Nun mussten wir noch eine Übernachtung in Delhi organisieren. Also machten wir uns auf zur örtlichen Touristeninformation. Man empfing uns sehr freundlich, schien aber etwas überrascht, dass sich tatsächlich Touristen mit einem Anliegen hierher verirrt hatten. Auf jeden Fall versuchte der nette Herr, die Touristeninformation in Delhi telefonisch zu erreichen, was aber nicht klappte. Also unterhielten wir uns über Gott und die Welt, er versuchte es noch mal, wieder ohne Erfolg. Er versprach, dran zu bleiben und uns anzurufen.

Nach einem dringend nötigen Mittagsschlaf versuchten wir, den Typen aus dem Touristenbüro anzurufen. Doch es nahm keiner ab. Also fuhren wir noch mal kurz hin, er hatte natürlich bisher nichts erreicht. Aber schließlich fand er doch noch ein Zimmer für uns, ziemlich zentral am Connaught Place. Mal sehen was uns dort erwartete. Wir bedankten uns höflich und fuhren weiter zum Bahnhof. Dort erwartete uns dann zunächst ein kleiner Schock. Wir versuchten, unseren Namen auf der Platzliste zu finden und fanden heraus, dass man uns heute Morgen nur auf die Warteliste gesetzt hatte! Aber wir hatten Glück, bekamen noch Plätze und saßen bald im Zug nach Delhi, wieder ein Schnellzug. Gegen 23 Uhr kamen wir in Delhi an, nahmen ein Taxi zum Hotel und fielen völlig kaputt in unsere Betten.

Noch mehr Fotos gibt´s in unserem Webalbum.

Keine Kommentare: