Abstecher nach Kanada für die Niagarafälle
154. Tag – 19.07.2006
Wir standen recht früh auf, packten unsere Sachen und frühstückten gemütlich. Dann lösten wir unser Auto für unglaubliche 69 $ im Parkhaus aus. Bevor wir Washington verließen, gingen wir noch mal in ein Internetcafé, um einige organisatorische Dinge für unsere weitere Reise zu klären. Schlechte Nachrichten: wir hatten eine Mail von STA Travel, dass der Inka-Trail ausgebucht sei. Echt schade! Wir recherchierten noch über unsere nächsten größeren Ziele, die Niagarafälle und Chicago. Dann ging es los in Richtung Nordwesten. Ziel für heute war zunächst Lancaster, im Südosten von Pennsylvania, etwa 250 km von Washington entfernt.
Langsam fanden wir uns auch auf den Highways zurecht. Wir sind halt lern- und anpassungsfähig. Um mehr von der Landschaft zu sehen, verließen wir bald die Interstate und fuhren über Landstraßen. Die Gegend um Lancaster ist auch bekannt als Heimat der Amish, einer christlichen Religionsgemeinschaft. Die Amish sind Nachfahren von Süddeutschen und Schweizerdeutschen, die im 17. Jahrhundert nach Amerika auswanderten. Aufgrund ihres Glaubens wurden sie in ihrer Heimat zunehmend verfolgt und suchten hier ein friedliches Leben. Sie stehen dem Fortschritt sehr kritisch gegenüber. Die Amish leben traditionell nicht in Dörfern sondern auf Farmen. Innerhalb der Gemeinde und während des Gottesdienstes wird eine Art deutscher Dialekt gesprochen.
In Lancaster fragten wir in der Touristeninformation nach Unterkünften. Man empfahl uns einen „Farmstay“, also Aufenthalt auf einer Farm. Die hilfsbereiten Mitarbeiter der Touriinfo konnten uns leider kein Zimmer reservieren, da durch einen Sturm die Telefonleitungen gestört waren. Auf gut Glück machten wir uns auf dem Weg. Wir fanden die „Verdant View Farm“ relativ gut, aber es war irgendwie nicht die Farm unserer Vorstellung, die eher vom Film „Der einzige Zeuge“ mit Harrison Ford geprägt war. Wir fanden uns auf einer Farm mit relativ modernen Maschinen außerhalb und modernen Küchengeräten innerhalb des Hauses wieder. Wir erfuhren, dass die Besitzer „Engländer“ (so werden alle Nicht-Amischen genannt) sind. Das einzig „Amische“ war die Haushälterin, die uns das Zimmer zeigte.
Es war noch früher Nachmittag und wir brachen auf, die Gegend zu erkunden. Es kamen uns einige der einspännigen Pferdekutschen (Buggys) mit Amischen entgegen. Ein Auto zu fahren ist den Amish hier verboten. Die Gegend hat sich auf die Touristen eingestellt. Es gibt viele Läden, die typische Handarbeiten wie Decken und Stickereien verkaufen. Es werden auch Quilts, die berühmten Patchwork-Steppdecken, verkauft. Im kleinen Ort Intercourse aßen wir zu Abend. Lothar probierte Sauerkraut mit Schweinefleisch, aber es schmeckte irgendwie merkwürdig – keine Ahnung warum. Wir gingen zeitig schlafen, da wir morgen bis zu den Niagarafällen wollten, ca. 560 km entfernt.
155. Tag – 20.07.2006
Bereits um 7 Uhr fuhren wir los. Leider verpassten wir dadurch ein großartiges Frühstück auf der Farm. Die Vorbereitungen dazu hatten wir noch mitbekommen. Stattdessen frühstückten wir in einem Diner, einem typischen amerikanischen Restaurant. Wir haben uns zusammen ein Frühstück geteilt: Pfannkuchen mit Ahornsirup, Rührei, Speck, Brötchen, kleine Kartoffelpuffer. Danach waren wir vollkommen satt und fragten uns, wie eine Person das allein schaffen kann.
Bis Harrisburg, der Hauptstadt von Pennsylvania, fuhren wir auf der Interstate. Die Stadt wurde vor über 20 Jahren weltweit bekannt durch das Unglück im nahegelegenen Atomkraftwerk. Wir merkten aber nichts, außer vielleicht ein leichtes Kribbeln. Ab hier wichen wir dann auf kleinere Straßen aus, so würden wir zwar langsamer vorankommen, aber mehr von der Landschaft sehen. Unterwegs machten wir öfters mal Stopp. Vor einem kleinem Supermarkt, indem wir Lebensmittel einkauften, stand ein junges Amish-Paar und verkaufte Kirschen. Sie sprachen tatsächlich eine Art Deutsch, aber wir verstanden nur ein paar Worte. Sie erzählten uns, dass im Gottesdienst deutsch gesprochen wird.
Gegen 18 Uhr begannen wir uns nach einem Motel umzusehen. Wir waren jetzt fast 12 Stunden unterwegs, unser eigentliches Tagesziel, die Niagarafälle, war aber immer noch etwa 150 km entfernt. In Eillicottville, einem kleinem Ort im Süden des Bundesstaates New York, sahen wir das Schild eines Hotels – die „Edelweiß Lodge“. Das musste ein Zeichen sein! Wir fragten an der Rezeption nach freien Zimmern und Preisen. Die Anlage war wirklich schön, aber die Zimmer etwas teuer. Schade. Wir kamen ins Gespräch mit der netten Dame an der Rezeption. Es stellte sich heraus, dass Hanni aus Deutschland stammt. Wir erzählten ein bisschen über uns und unsere Reise. Wir unterhielten uns so nett, dass sie uns schließlich fragte, ob wir nicht bei ihr übernachten wollten. Sie müsste noch bis 20 Uhr arbeiten. Wir waren von soviel Großzügigkeit erstmal überrascht, nahmen das Angebot gerne an. In der Zwischenzeit sahen wir uns die Stadt an. Es wurden gerade Vorbereitungen für ein kleines Stadtfest getroffen. Als kleines Dankeschön für die kostenlose Übernachtung wollten wir für unsere Gastgeberin kochen. Es sollte Pfannkuchen gefüllt mit Spinat und Fetakäse geben. Den Feta in einem amerikanischen Supermarkt zu finden, war eine echte Herausforderung. Hanni wohnte im nur wenig entfernten Salamanca in einem netten Häuschen. Wir kochten und unterhielten uns dabei. Hanni freute sich, mal wieder Deutsch sprechen zu können. Sie erzählte uns, dass sie vor fast 30 Jahren in die USA ausgewandert sei, um ihren Mann, einen Amerikaner, zu folgen - ohne eine Wort Englisch zu sprechen. Kurz vor dem Essen kam auch einer ihrer Söhne vorbei, der in der Nähe wohnt. Wir hatten einen sehr netten Abend zusammen.
156. Tag – 21.07.2006
Wir standen früh auf, da wir zeitig zu den Niagarafällen aufbrechen wollten und Hanni zur Arbeit musste. Die Niagarafälle liegen an der Grenze zwischen den USA und Kanada am Niagara-Fluss, etwa 140 km von Salamanca entfernt. Hanni gab uns noch Tipps, wie wir fahren sollten und sagte uns, dass die Fälle auf der kanadischen Seite beeindruckender seien. Die Überquerung der Grenze zwischen den USA und Kanada war problemlos – die Grenzer lächelten sogar! Nach unseren Erfahrungen in New York bei unserer Ankunft war das schon ein Unterschied.
Hanni hatte uns bereits gesagt, dass wir etwas vor den Fällen parken sollten. Von weitem sahen wir die Hochhäuser der kanadischen Stadt Niagara Falls, die irgendwie gar nicht zu der idyllischen Landschaft passten. Wir liefen entlang des Niagara-Flusses in Richtung der Fälle. Je näher wir den Fällen kamen, desto schneller floss das Wasser und die Zahl der Stromschnellen nahm zu. Bald konnten wir am Horizont über dem Wasser einen Dunstschleier erkennen. Schließlich standen wir am Rand vor den Fällen und konnten einen ersten Blick auf dieses beeindruckende Naturschauspiel werfen. Aus einer Höhe von über 50 m stürzt das Wasser über die Kante in die Tiefe. Durch die Gewalt des Aufpralls am Fuß der Fälle bildet sich die Nebelwolke, die man weithin sehen kann.
Um einen noch näheren Blick auf die Fälle zu werfen, nahmen wir an der „Journey behind the falls“-Tour (zu deutsch etwa „Reise hinter die Fälle“) teil. Als erstes erhielten wir ein sehr modisches gelbes Regencape. Dann ging es durch einen Tunnel zu einer Aussichtsplattform am Fuß der Fälle. Unterwegs gab es zahlreiche Schautafeln mit Informationen und Geschichten zu den Fällen. So werden die Fälle durch eine Insel geteilt, wobei die kanadischen „Horseshoe Falls“ fast doppelt so breit sind wie die amerikanischen Fälle. Im Sommer fließt fast doppelt soviel Wasser den Niagara entlang wie im Winter. Früher müssen die Fälle noch beeindruckender gewesen sein, da noch nicht ein Teil des Niagaras in Wasserkraftwerke umgeleitet und damit die Wassermenge des Flusses reduziert wurde. Es gab auch Geschichten von Menschen, die eine – gewollte oder ungewollte – Durchquerung der Fälle überlebt hatten. Als wir die Plattform erreichten, war das Getöse des Wassers ohrenbetäubend und der Anblick des herabrauschenden Wassers beeindruckend.
Wir gönnten uns ein Mittagessen mit Panoramablick auf die Fälle. Nach einem kleinen Verdauungsspaziergang machten wir uns auf den Weg in das etwa 100 km entfernte Toronto, unserem heutigen Tagesziel. Bereits an der Touristeninformation in Niagara Falls hatten wir Infos zur Stadt bekommen. Die Zimmersuche gestaltete sich nicht so einfach. Wir hatten Probleme mit dem Verkehr und den mangelnden Parkplätzen. Aber schließlich landeten wir einen Glückstreffer. Wir kamen in einem Studentenwohnheim der Victoria Universität unter. In den Semesterferien sind die Zimmer unbewohnt und werden an Touristen vermietet. Das Zweierzimmer war sauber und mit allem notwendigen eingerichtet, unser Auto konnten wir in einer Tiefgarage der Uni parken und Frühstück gibt’s morgen in der Mensa – was wollten wir mehr? Weiterer Pluspunkt: wir konnten wieder mal günstig unsere Wäsche waschen und trocknen. Wir waren mit relativ wenig Gepäck und damit Sachen zum Wechseln unterwegs. Daher nutzten wir jede Gelegenheit zum Wäschewaschen, die wir kriegen konnten. Auf Luxus wie die Wäsche nach Farben getrennt, bei verschieden Temperaturen oder gar mit verschieden Waschmitteln für Fein-, Weiß-, Buntwäsche zu waschen, hatten wir schon auf dem ersten Teil verzichtet. Alles in eine Maschine, Waschpulver drauf, 30 Grad einstellen und los.
Den restlichen Nachmittag erkundeten wir Toronto. Zunächst wanderten wir über das Universitätsgelände. Viele der altehrwürdigen Gebäude stammen aus der Gründungszeit Torontos. Dann gingen wir entlang der Yonge Street in Richtung Ontariosee. Die Straße, die von Toronto bis in den tiefen Norden der Provinz Ontario reicht, ist mit fast 2.000 km eine der längsten Amerikas. Wir kamen vorbei am Eaton Center, einem der größten Einkaufszentren Kanadas, der „Hockey Hall of Fame“ (Eishockey ist der Nationalsport in Kanada) und der architektonisch beeindruckenden Lambert Galleria. Schließlich standen wir vor dem CN Tower, der mit 553 m eines der höchsten Gebäude der Welt ist. Gleich neben dem CN Tower befindet sich das Rogers Centre, eine riesige Sportarena. Da lief gerade ein Baseballspiel, die heimischen Blue Jays gegen die New York Yankees. Man sagte uns, dass Spiel sei bereits im fünften Inning. Da wir eh keine Ahnung von Baseball hatten, war uns das egal. Wir wollten nur mal gucken und die Atmosphäre kennenlernen. Wir fanden das Spiel recht langweilig, die meiste Zeit standen die Spieler aus unserer Sicht nur herum und nix passierte. Aber die Fans waren alle sehr aufgeregt. Die Regeln wissen wir immer noch nicht, aber es war eine interessante Erfahrung.
157. Tag – 22.07.2006
Nach einen guten Frühstück in der Mensa machten wir uns trotz leichtem Regen auf den Weg zum CN Tower. Wir konnten Toronto nicht verlassen ohne dort oben gewesen zu sein. Als wir nach langem Warten endlich oben ankamen, waren wir etwas enttäuscht. Die Aussicht war wegen des Wetters nicht so toll. Dann begann es auch noch richtig heftig zu regnen.
Gegen 14 Uhr brachen wir in Richtung Detroit auf. Bei London verließen wir die Interstate, um auf einer kleineren Landstraße weiterzufahren. Es ist schon witzig, durch kleine Orte mit großen Namen zu fahren. So haben wir ja gestern schon Hamburg passiert, heute dann London und Delhi. Die Straße führte teilweise kilometerlang immer schnur geradeaus. Wir kamen an vielen Farmen und riesigen Maisfeldern vorbei. Manchmal konnten wir den Eriesee sehen. Wir übernachteten heute im günstigen Silver Motel in Blenheim, etwa 300 km von Toronto entfernt. Nach dem Essen schauten wir uns die Route für die nächsten Tage genauer an. Wir stellten fest, dass wir das Tagespensum wohl falsch eingeschätzt hatten. Da der Abflugtermin von San Fransisco fix war, mussten wir uns diszipliniert an unseren Plan halten. In den letzten Tagen hatten wir etwas gebummelt und wollten das in den nächsten Tagen aufholen. Es kommen anstrengende Fahrtage auf uns zu.
158. Tag – 23.07.2006
Wir brachen früh auf. Immer parallel zum Eriesee ging es auf einer schönen Strecke Richtung Detroit. Nach etwa einer Stunde erreichten wir Wheatley, wo wir erstmal frühstückten. Wir machten einen Abstecher zum Eriesee, der wirklich riesig ist und fast wie ein Meer wirkt. Schließlich erreichten wir bei Detroit die Grenze zwischen Kanada und den USA. Die Grenzer bombardierten uns mit Fragen: wohin wir wollen, warum, wieso, weshalb. Dabei hatten wir doch schon ein Visum! Wirkte alles ziemlich unfreundlich und unentspannt. Willkommen in den USA.
Durch den US-Bundesstaat Michigan ging es weiter in Richtung Chicago. Unterwegs versuchten wir, telefonisch ein Zimmer in Chicago zu reservieren, aber wir hatten kein Glück. Kurz vor Chicago war eine Touristeninformation ausgeschildert. Dort war man sehr hilfreich, stattete uns mit einem Stadtplan von Chicago aus und empfahl uns eine Fahrtroute. Leider konnten sie kein Zimmer für uns buchen, da wir uns noch im Staat Indiana befanden und Chicago in Illinois liegt. Toll. Trotz der Empfehlung gerieten wir in einen Stau. Nach einer halben Ewigkeit erreichten wir doch noch das Zentrum von Chicago und fanden sogar die Touristeninformation – aber leider keinen Parkplatz. Schließlich fanden wir ein Parkhause, 14 $ die Stunde. Dagegen sind die Preise in deutschen Parkhäusern echte Schnäppchen. Zu Fuß ging es zurück zur Touristeninfo, die gerade zu gemacht hatte. Super Timing. Aber wir gaben nicht auf und fanden das „Ohio House Motel“. Das Zimmer war ganz O.K. und wir konnten unser Auto sicher und umsonst parken. Wir bekamen das letzte freie Zimmer. Super Timing! Wir zogen noch mal los, um das abendliche Chicago zu erkunden. Direkt neben dem Motel steht der größte McDonalds-Laden, den wir je gesehen haben. Der riesige gelben McDonalds-„Torbogen“, fast so groß wie der Gateway Arch in St. Louis, ist nicht zu übersehen. Daneben ist übrigens das Hardrock-Café von Chicago. Bei unserer Rückkehr ins Motel, kamen wir mit dem älteren Herrn an der Rezeption ins Gespräch. Er erzählte uns, dass seine Mutter aus Sossenheim, einem Stadtteil von Frankfurt, stammt. Tja, die Welt ist klein. Überhaupt haben wir bisher festgestellt, dass scheinbar jeder Ami entweder Vorfahren aus Deutschland hat oder während seiner Armee-Zeit in Deutschland stationiert war.
Noch mehr Fotos gibt's in unserem Webalbum.
Wir standen recht früh auf, packten unsere Sachen und frühstückten gemütlich. Dann lösten wir unser Auto für unglaubliche 69 $ im Parkhaus aus. Bevor wir Washington verließen, gingen wir noch mal in ein Internetcafé, um einige organisatorische Dinge für unsere weitere Reise zu klären. Schlechte Nachrichten: wir hatten eine Mail von STA Travel, dass der Inka-Trail ausgebucht sei. Echt schade! Wir recherchierten noch über unsere nächsten größeren Ziele, die Niagarafälle und Chicago. Dann ging es los in Richtung Nordwesten. Ziel für heute war zunächst Lancaster, im Südosten von Pennsylvania, etwa 250 km von Washington entfernt.
Langsam fanden wir uns auch auf den Highways zurecht. Wir sind halt lern- und anpassungsfähig. Um mehr von der Landschaft zu sehen, verließen wir bald die Interstate und fuhren über Landstraßen. Die Gegend um Lancaster ist auch bekannt als Heimat der Amish, einer christlichen Religionsgemeinschaft. Die Amish sind Nachfahren von Süddeutschen und Schweizerdeutschen, die im 17. Jahrhundert nach Amerika auswanderten. Aufgrund ihres Glaubens wurden sie in ihrer Heimat zunehmend verfolgt und suchten hier ein friedliches Leben. Sie stehen dem Fortschritt sehr kritisch gegenüber. Die Amish leben traditionell nicht in Dörfern sondern auf Farmen. Innerhalb der Gemeinde und während des Gottesdienstes wird eine Art deutscher Dialekt gesprochen.
In Lancaster fragten wir in der Touristeninformation nach Unterkünften. Man empfahl uns einen „Farmstay“, also Aufenthalt auf einer Farm. Die hilfsbereiten Mitarbeiter der Touriinfo konnten uns leider kein Zimmer reservieren, da durch einen Sturm die Telefonleitungen gestört waren. Auf gut Glück machten wir uns auf dem Weg. Wir fanden die „Verdant View Farm“ relativ gut, aber es war irgendwie nicht die Farm unserer Vorstellung, die eher vom Film „Der einzige Zeuge“ mit Harrison Ford geprägt war. Wir fanden uns auf einer Farm mit relativ modernen Maschinen außerhalb und modernen Küchengeräten innerhalb des Hauses wieder. Wir erfuhren, dass die Besitzer „Engländer“ (so werden alle Nicht-Amischen genannt) sind. Das einzig „Amische“ war die Haushälterin, die uns das Zimmer zeigte.
Es war noch früher Nachmittag und wir brachen auf, die Gegend zu erkunden. Es kamen uns einige der einspännigen Pferdekutschen (Buggys) mit Amischen entgegen. Ein Auto zu fahren ist den Amish hier verboten. Die Gegend hat sich auf die Touristen eingestellt. Es gibt viele Läden, die typische Handarbeiten wie Decken und Stickereien verkaufen. Es werden auch Quilts, die berühmten Patchwork-Steppdecken, verkauft. Im kleinen Ort Intercourse aßen wir zu Abend. Lothar probierte Sauerkraut mit Schweinefleisch, aber es schmeckte irgendwie merkwürdig – keine Ahnung warum. Wir gingen zeitig schlafen, da wir morgen bis zu den Niagarafällen wollten, ca. 560 km entfernt.
155. Tag – 20.07.2006
Bereits um 7 Uhr fuhren wir los. Leider verpassten wir dadurch ein großartiges Frühstück auf der Farm. Die Vorbereitungen dazu hatten wir noch mitbekommen. Stattdessen frühstückten wir in einem Diner, einem typischen amerikanischen Restaurant. Wir haben uns zusammen ein Frühstück geteilt: Pfannkuchen mit Ahornsirup, Rührei, Speck, Brötchen, kleine Kartoffelpuffer. Danach waren wir vollkommen satt und fragten uns, wie eine Person das allein schaffen kann.
Bis Harrisburg, der Hauptstadt von Pennsylvania, fuhren wir auf der Interstate. Die Stadt wurde vor über 20 Jahren weltweit bekannt durch das Unglück im nahegelegenen Atomkraftwerk. Wir merkten aber nichts, außer vielleicht ein leichtes Kribbeln. Ab hier wichen wir dann auf kleinere Straßen aus, so würden wir zwar langsamer vorankommen, aber mehr von der Landschaft sehen. Unterwegs machten wir öfters mal Stopp. Vor einem kleinem Supermarkt, indem wir Lebensmittel einkauften, stand ein junges Amish-Paar und verkaufte Kirschen. Sie sprachen tatsächlich eine Art Deutsch, aber wir verstanden nur ein paar Worte. Sie erzählten uns, dass im Gottesdienst deutsch gesprochen wird.
Gegen 18 Uhr begannen wir uns nach einem Motel umzusehen. Wir waren jetzt fast 12 Stunden unterwegs, unser eigentliches Tagesziel, die Niagarafälle, war aber immer noch etwa 150 km entfernt. In Eillicottville, einem kleinem Ort im Süden des Bundesstaates New York, sahen wir das Schild eines Hotels – die „Edelweiß Lodge“. Das musste ein Zeichen sein! Wir fragten an der Rezeption nach freien Zimmern und Preisen. Die Anlage war wirklich schön, aber die Zimmer etwas teuer. Schade. Wir kamen ins Gespräch mit der netten Dame an der Rezeption. Es stellte sich heraus, dass Hanni aus Deutschland stammt. Wir erzählten ein bisschen über uns und unsere Reise. Wir unterhielten uns so nett, dass sie uns schließlich fragte, ob wir nicht bei ihr übernachten wollten. Sie müsste noch bis 20 Uhr arbeiten. Wir waren von soviel Großzügigkeit erstmal überrascht, nahmen das Angebot gerne an. In der Zwischenzeit sahen wir uns die Stadt an. Es wurden gerade Vorbereitungen für ein kleines Stadtfest getroffen. Als kleines Dankeschön für die kostenlose Übernachtung wollten wir für unsere Gastgeberin kochen. Es sollte Pfannkuchen gefüllt mit Spinat und Fetakäse geben. Den Feta in einem amerikanischen Supermarkt zu finden, war eine echte Herausforderung. Hanni wohnte im nur wenig entfernten Salamanca in einem netten Häuschen. Wir kochten und unterhielten uns dabei. Hanni freute sich, mal wieder Deutsch sprechen zu können. Sie erzählte uns, dass sie vor fast 30 Jahren in die USA ausgewandert sei, um ihren Mann, einen Amerikaner, zu folgen - ohne eine Wort Englisch zu sprechen. Kurz vor dem Essen kam auch einer ihrer Söhne vorbei, der in der Nähe wohnt. Wir hatten einen sehr netten Abend zusammen.
156. Tag – 21.07.2006
Wir standen früh auf, da wir zeitig zu den Niagarafällen aufbrechen wollten und Hanni zur Arbeit musste. Die Niagarafälle liegen an der Grenze zwischen den USA und Kanada am Niagara-Fluss, etwa 140 km von Salamanca entfernt. Hanni gab uns noch Tipps, wie wir fahren sollten und sagte uns, dass die Fälle auf der kanadischen Seite beeindruckender seien. Die Überquerung der Grenze zwischen den USA und Kanada war problemlos – die Grenzer lächelten sogar! Nach unseren Erfahrungen in New York bei unserer Ankunft war das schon ein Unterschied.
Hanni hatte uns bereits gesagt, dass wir etwas vor den Fällen parken sollten. Von weitem sahen wir die Hochhäuser der kanadischen Stadt Niagara Falls, die irgendwie gar nicht zu der idyllischen Landschaft passten. Wir liefen entlang des Niagara-Flusses in Richtung der Fälle. Je näher wir den Fällen kamen, desto schneller floss das Wasser und die Zahl der Stromschnellen nahm zu. Bald konnten wir am Horizont über dem Wasser einen Dunstschleier erkennen. Schließlich standen wir am Rand vor den Fällen und konnten einen ersten Blick auf dieses beeindruckende Naturschauspiel werfen. Aus einer Höhe von über 50 m stürzt das Wasser über die Kante in die Tiefe. Durch die Gewalt des Aufpralls am Fuß der Fälle bildet sich die Nebelwolke, die man weithin sehen kann.
Um einen noch näheren Blick auf die Fälle zu werfen, nahmen wir an der „Journey behind the falls“-Tour (zu deutsch etwa „Reise hinter die Fälle“) teil. Als erstes erhielten wir ein sehr modisches gelbes Regencape. Dann ging es durch einen Tunnel zu einer Aussichtsplattform am Fuß der Fälle. Unterwegs gab es zahlreiche Schautafeln mit Informationen und Geschichten zu den Fällen. So werden die Fälle durch eine Insel geteilt, wobei die kanadischen „Horseshoe Falls“ fast doppelt so breit sind wie die amerikanischen Fälle. Im Sommer fließt fast doppelt soviel Wasser den Niagara entlang wie im Winter. Früher müssen die Fälle noch beeindruckender gewesen sein, da noch nicht ein Teil des Niagaras in Wasserkraftwerke umgeleitet und damit die Wassermenge des Flusses reduziert wurde. Es gab auch Geschichten von Menschen, die eine – gewollte oder ungewollte – Durchquerung der Fälle überlebt hatten. Als wir die Plattform erreichten, war das Getöse des Wassers ohrenbetäubend und der Anblick des herabrauschenden Wassers beeindruckend.
Wir gönnten uns ein Mittagessen mit Panoramablick auf die Fälle. Nach einem kleinen Verdauungsspaziergang machten wir uns auf den Weg in das etwa 100 km entfernte Toronto, unserem heutigen Tagesziel. Bereits an der Touristeninformation in Niagara Falls hatten wir Infos zur Stadt bekommen. Die Zimmersuche gestaltete sich nicht so einfach. Wir hatten Probleme mit dem Verkehr und den mangelnden Parkplätzen. Aber schließlich landeten wir einen Glückstreffer. Wir kamen in einem Studentenwohnheim der Victoria Universität unter. In den Semesterferien sind die Zimmer unbewohnt und werden an Touristen vermietet. Das Zweierzimmer war sauber und mit allem notwendigen eingerichtet, unser Auto konnten wir in einer Tiefgarage der Uni parken und Frühstück gibt’s morgen in der Mensa – was wollten wir mehr? Weiterer Pluspunkt: wir konnten wieder mal günstig unsere Wäsche waschen und trocknen. Wir waren mit relativ wenig Gepäck und damit Sachen zum Wechseln unterwegs. Daher nutzten wir jede Gelegenheit zum Wäschewaschen, die wir kriegen konnten. Auf Luxus wie die Wäsche nach Farben getrennt, bei verschieden Temperaturen oder gar mit verschieden Waschmitteln für Fein-, Weiß-, Buntwäsche zu waschen, hatten wir schon auf dem ersten Teil verzichtet. Alles in eine Maschine, Waschpulver drauf, 30 Grad einstellen und los.
Den restlichen Nachmittag erkundeten wir Toronto. Zunächst wanderten wir über das Universitätsgelände. Viele der altehrwürdigen Gebäude stammen aus der Gründungszeit Torontos. Dann gingen wir entlang der Yonge Street in Richtung Ontariosee. Die Straße, die von Toronto bis in den tiefen Norden der Provinz Ontario reicht, ist mit fast 2.000 km eine der längsten Amerikas. Wir kamen vorbei am Eaton Center, einem der größten Einkaufszentren Kanadas, der „Hockey Hall of Fame“ (Eishockey ist der Nationalsport in Kanada) und der architektonisch beeindruckenden Lambert Galleria. Schließlich standen wir vor dem CN Tower, der mit 553 m eines der höchsten Gebäude der Welt ist. Gleich neben dem CN Tower befindet sich das Rogers Centre, eine riesige Sportarena. Da lief gerade ein Baseballspiel, die heimischen Blue Jays gegen die New York Yankees. Man sagte uns, dass Spiel sei bereits im fünften Inning. Da wir eh keine Ahnung von Baseball hatten, war uns das egal. Wir wollten nur mal gucken und die Atmosphäre kennenlernen. Wir fanden das Spiel recht langweilig, die meiste Zeit standen die Spieler aus unserer Sicht nur herum und nix passierte. Aber die Fans waren alle sehr aufgeregt. Die Regeln wissen wir immer noch nicht, aber es war eine interessante Erfahrung.
157. Tag – 22.07.2006
Nach einen guten Frühstück in der Mensa machten wir uns trotz leichtem Regen auf den Weg zum CN Tower. Wir konnten Toronto nicht verlassen ohne dort oben gewesen zu sein. Als wir nach langem Warten endlich oben ankamen, waren wir etwas enttäuscht. Die Aussicht war wegen des Wetters nicht so toll. Dann begann es auch noch richtig heftig zu regnen.
Gegen 14 Uhr brachen wir in Richtung Detroit auf. Bei London verließen wir die Interstate, um auf einer kleineren Landstraße weiterzufahren. Es ist schon witzig, durch kleine Orte mit großen Namen zu fahren. So haben wir ja gestern schon Hamburg passiert, heute dann London und Delhi. Die Straße führte teilweise kilometerlang immer schnur geradeaus. Wir kamen an vielen Farmen und riesigen Maisfeldern vorbei. Manchmal konnten wir den Eriesee sehen. Wir übernachteten heute im günstigen Silver Motel in Blenheim, etwa 300 km von Toronto entfernt. Nach dem Essen schauten wir uns die Route für die nächsten Tage genauer an. Wir stellten fest, dass wir das Tagespensum wohl falsch eingeschätzt hatten. Da der Abflugtermin von San Fransisco fix war, mussten wir uns diszipliniert an unseren Plan halten. In den letzten Tagen hatten wir etwas gebummelt und wollten das in den nächsten Tagen aufholen. Es kommen anstrengende Fahrtage auf uns zu.
158. Tag – 23.07.2006
Wir brachen früh auf. Immer parallel zum Eriesee ging es auf einer schönen Strecke Richtung Detroit. Nach etwa einer Stunde erreichten wir Wheatley, wo wir erstmal frühstückten. Wir machten einen Abstecher zum Eriesee, der wirklich riesig ist und fast wie ein Meer wirkt. Schließlich erreichten wir bei Detroit die Grenze zwischen Kanada und den USA. Die Grenzer bombardierten uns mit Fragen: wohin wir wollen, warum, wieso, weshalb. Dabei hatten wir doch schon ein Visum! Wirkte alles ziemlich unfreundlich und unentspannt. Willkommen in den USA.
Durch den US-Bundesstaat Michigan ging es weiter in Richtung Chicago. Unterwegs versuchten wir, telefonisch ein Zimmer in Chicago zu reservieren, aber wir hatten kein Glück. Kurz vor Chicago war eine Touristeninformation ausgeschildert. Dort war man sehr hilfreich, stattete uns mit einem Stadtplan von Chicago aus und empfahl uns eine Fahrtroute. Leider konnten sie kein Zimmer für uns buchen, da wir uns noch im Staat Indiana befanden und Chicago in Illinois liegt. Toll. Trotz der Empfehlung gerieten wir in einen Stau. Nach einer halben Ewigkeit erreichten wir doch noch das Zentrum von Chicago und fanden sogar die Touristeninformation – aber leider keinen Parkplatz. Schließlich fanden wir ein Parkhause, 14 $ die Stunde. Dagegen sind die Preise in deutschen Parkhäusern echte Schnäppchen. Zu Fuß ging es zurück zur Touristeninfo, die gerade zu gemacht hatte. Super Timing. Aber wir gaben nicht auf und fanden das „Ohio House Motel“. Das Zimmer war ganz O.K. und wir konnten unser Auto sicher und umsonst parken. Wir bekamen das letzte freie Zimmer. Super Timing! Wir zogen noch mal los, um das abendliche Chicago zu erkunden. Direkt neben dem Motel steht der größte McDonalds-Laden, den wir je gesehen haben. Der riesige gelben McDonalds-„Torbogen“, fast so groß wie der Gateway Arch in St. Louis, ist nicht zu übersehen. Daneben ist übrigens das Hardrock-Café von Chicago. Bei unserer Rückkehr ins Motel, kamen wir mit dem älteren Herrn an der Rezeption ins Gespräch. Er erzählte uns, dass seine Mutter aus Sossenheim, einem Stadtteil von Frankfurt, stammt. Tja, die Welt ist klein. Überhaupt haben wir bisher festgestellt, dass scheinbar jeder Ami entweder Vorfahren aus Deutschland hat oder während seiner Armee-Zeit in Deutschland stationiert war.
Noch mehr Fotos gibt's in unserem Webalbum.
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